Felipolis - Ein Felidae-Roman
Gott einen guten Mann sein lasse. Du sollst dich ja nicht direkt ins Kampfgetümmel stürzen, Blaubart. Im Gegenteil, schleich dich unter höchster Vorsicht nur so weit ans Gebäude heran, bis du einen von diesen Spinnern zu fassen kriegst. Du brauchst ihm nur zu erklären, dass die Angelegenheit mittlerweile kein Spiel mehr ist und sie alle möglichst schnell das Weite suchen sollen. Vor allem mach ihnen klar, dass die Überwachungskameras sie auf Schritt und Tritt überall beobachten und der mörderische Spanner vor seinen Monitoren stets weiß, wo sie sich gerade aufhal…«
»Nein, Blaubart geht nicht!« Sancta bevorzugte nicht den gemütlichen Stil, um auf die Beine zu kommen. Sie schoss wie ein Springteufel in die Höhe und baute sich mit gesträubtem Fellhaar bedrohlich nah vor mir auf. Ihr von Sorge zerfurchtes Gesicht von vorhin war nun von Groll überschattet. »Hast du denn immer noch nicht genug, Francis? Du siehst aus, als hätte dich ein Hornissenschwarm durch die
Mangel gedreht. Und trotzdem fängst du noch auf dem Krankenlager wieder an, deine Nase in Richtung des Hornissennestes zu schieben. Nicht nur das, du willst die Nase deines besten Freundes gleich mit dorthin schieben. Wann soll diese verdammte Unheilsuche je enden? Und wo soll es mit dir noch enden? Wann ist endgültig Schluss mit der Minentreterei sehenden Auges? Ich schlage vor - nein, ich beschließe jetzt ein für alle Mal deinen Abschied vom Detektivdienst. Du gehst in Rente und sonst nirgendwohin!«
Ich bugsierte den Kopf vorsichtig zwischen die Vorderpfoten und vermied Blickkontakt. »Tut mir leid, Sancta, doch leider kann ich auf deinen Rat nicht hören. Und wenn es kein Rat, sondern ein Befehl gewesen war, kann ich auch diesem nicht Folge leisten. Und dafür gibt es einen simplen Grund, der da heißt … mein Gewissen. Glaub mir, die Sache ist zu weit fortgeschritten, als dass es noch um alberne Detektivspielchen oder Exzesse der Neugier oder gar primitive Rache gehen würde. Nachdem dieser Forster mich so zugerichtet hat, traue ich ihm alles zu. Nicht nur, dass er Domino tötet, sondern alle, die unserer Art angehören und sich noch im Gebäude befinden. Ich kann in meinem jetzigen Zustand nichts für sie tun. Aber ich appelliere ebenfalls an euer Gewissen. Helft mir. Denn wenn wir auch nicht wissen, welcher Laune Gottes wir diese wunderliche Existenz auf Erden zu verdanken haben, so wissen wir doch mit absoluter Sicherheit eins: dass wir die Unsrigen schützen müssen, selbst unter Einsatz unseres eigenen Lebens.«
Schon wieder hatte Sancta Tränen in den Augen. Schnell kam sie zu mir und leckte mir mit ihrer süßen Zunge das Gesicht. Das tat gut, das tat mehr als gut, es war die Wonne!
»Ich hatte so furchtbare Angst um dich, Francis«, sagte sie. »Und als du fast im Sterben gelegen hast, da kam es mir so vor, als würde auch etwas in mir sterben. Es tut mir leid, dass ich so egoistisch war.«
»Also, ich könnte mir zwar echt was Lustigeres vorstellen, als mitten in der Nacht zu diesen Pennern zu marschieren, aber wenn es dem großen Moralapostel Francis so am Herzen liegt, will ich mal nicht so sein.« Blaubart schmatzte übertrieben laut und vollführte für sein Alter recht albern wirkende Aufwärmbewegungen. Es sollte wohl Entschlossenheit und Tollkühnheit demonstrieren. »Komm mir nicht auf die Idee, dich gleich morgen beim Turniertanz anzumelden, Freundchen. Man sieht sich. Scheiße ja!« Er verschwand durch die Terrassentür in die Nacht, nicht ohne seine charakteristische Stinkwolke zu hinterlassen, die noch sehr lange im Raum hing und an den tapferen Soldaten für die Sache der Gerechtigkeit erinnerte.
»Ich nehme an, dass ich einen edleren Zweck erfüllen soll, wenn du statt meiner Blaubart in die Höhle des Löwen schickst, Paps«, sagte Junior.
»Erraten, Kleiner. Du bist für die Aufklärungsarbeit zuständig. Es geht nicht darum, dass ich mein eigen Fleisch und Blut schonen will und Blaubart als bloßes Kanonenfutter sehe. Würde ich das tun, wäre ich der elendste Wurm, der herumkriecht. Die Sache ist nur die, dass der gute alte Blaubart mir unlängst verraten hat, dass er nicht einmal des Lesens mächtig ist.«
»Erspare uns die Volksreden und komm auf den Punkt.«
»Finde so schnell wie möglich heraus, mit wem wir es bei diesem Marc Forster zu tun haben. Wo er herkommt, welche
Funktion er genau bei Kantsky einnimmt. Domino erzählte, dass er in einer Elite-Uni in England studiert habe. Ich vermute,
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