Felipolis - Ein Felidae-Roman
Gedächtnis wieder zu funktionieren.
»Ja. Die Truppe ist sensationell verwahrlost und krank. Aber noch sensationeller war, was diese Freaks gemeinschaftlich zwischen ihren angefaulten Zähnen hinter sich herschleiften. Und zwar dich, Paps! Zunächst dachten wir ja, der nagende Hunger hätte sie zu Kannibalen und dich zu ihrem anvisierten Abendmahl gemacht. Doch dann sahen wir, wie verzweifelt sie waren. Die Truppe war mit ihren Kräften völlig am Ende.«
»Sie sind heimlich zurück in die Schwimmhalle geschlichen
und haben mich von dort fortgeschafft? Auf die Kommunisten ist eben Verlass.«
»So ist es. Sie wussten weder, wo du wohnst, noch wie sie auf die Schnelle ärztliche Hilfe holen könnten. Nur eins wussten sie: Raus mit Francis aus der Gefahrenzone. Dass wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort aufgetaucht sind, ist ein Wunder. Gemeinsam haben wir dich dann hierhergeschleppt und so lange laut Radau geschlagen, bis Gustav uns bemerkt hat. Um ein Haar wärst du wirklich über’n Jordan gegangen, Paps. Was ist denn vor deinem Blackout passiert?«
Ich richtete mich ein wenig auf und schilderte im Telegrammstil und unterbrochen von kleinen Erholungspausen meine Erlebnisse. Angefangen von dem Gerücht um die Märchenmilliarden in angeblich feliner Pfote, die mich, den bis dahin ›trockenen Neugieriker‹, wieder in die Sucht hatten stürzen lassen, über die heimlichen Erkundungen in der Konzernzentrale, die Begegnung mit Domino. Zum Schluss berichtete ich von Marc Forster, dem es beinahe gelungen wäre, mich ein für alle Mal von meiner Sucht zu kurieren. Natürlich gab ich mein Zusammentreffen mit der neu entdeckten Herzensdame in einem knochentrockenen Ton wieder, damit im Raum schwebende Spionagesatelliten des weiblichen Geschlechts keine Lunte rochen.
Inzwischen hatten sich die drei flach auf den Boden gelegt und folgten dem unter Mühen vorgetragenen Bericht ungläubigen Blickes. Dem Ende zu merkte ich, dass mir der Vortrag gar nicht gutgetan hatte. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Frosch verschluckt, der meinen Magen als seinen neuen Abenteuertümpel betrachtet. Da elektrisierte mich
aus heiterem Himmel eine Kleinigkeit wie ein böser Insektenstich.
»Mist! Jetzt, da es in meinem Hirnkasten allmählich wieder zu rappeln beginnt, fällt mir etwas Schreckliches ein.«
»Was immer es auch ist, Paps, etwas Schreckliches kann dir jetzt jedenfalls nicht mehr zustoßen«, beruhigte mich Junior.
»Aber der Proletarischen Union. Wo wollten sie denn hin, nachdem sie mich euch überantwortet haben?«
»Der Oberhässliche von ihnen, dieser Josef meinte, dass sie wieder zurück zu dem Kantsky -Haus müssten, um sich dort mit irgendwelchen anderen zu beraten. Wir haben in all der Aufregung um dich gar nicht richtig hingehört. Warum fragst du?«
»Dieses Monster hat mich nur so zurichten können, weil es durch ein allumfassendes Überwachungssystem über jeden meiner Schritte im wahrsten Sinne des Wortes stets im Bilde war. Was für ein Motiv der Kerl hat, ausgerechnet mich umbringen zu wollen, darüber kann ich zurzeit nur spekulieren. Aber eins steht fest: Forster hat auf seinen zig Monitoren gesehen, dass ich mich in der Schwimmhalle aufgehalten habe. Also muss er auch mitgekriegt haben, wer mich weggeschafft hat. Deshalb weiß er ganz genau, wer nach seiner Lesart die Verräter sind. Als Nächstes wird er sich Josef und seine Truppe vorknöpfen.«
»Aha. Und was bedeutet das?«
»Das bedeutet, dass Blaubart sofort los muss um sie zu warnen. Eigentlich müssen alle diese Schwachköpfe gewarnt werden. So blauäugig, wie sie sind, glauben die doch immer noch, dass das Ganze ein lustiges Roulette ohne Einsatz und Risiko, dafür aber mit hundertprozentigem Gewinn ist.«
»Das mag jetzt für dich vielleicht ein bisschen überraschend kommen, Francis, aber gerade vor ein paar Stunden hatte ich mir vorgenommen, mir einen Sabbat-Monat … also, ich meine, ein Sabbat-Jahr zu nehmen. Scheiße ja!« Blaubart erhob sich, gebar einen mächtigen Buckel, streckte sich mit allen vier Gliedern und gähnte dabei derart herzhaft, dass ich in seinem weit aufgerissenen Maul das rudimentäre Gebiss in allen Einzelheiten studieren konnte.
»Nichts da. Du tust, was ich dir sage. Sonst werfe ich dir genau das vor, was du mir vorgeworfen hast, als ich in meiner sommerlichen Meditation auf der Mauer lag. Nämlich, dass ich mich einen Dreck um die Unsrigen schere, allein an meiner eigenen Harmonie interessiert sei und
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