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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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den Hausflur zu entschlüpfen. Vielleicht könnte ich mich nach oben in Archies Wohnung retten. Für aufwendige Abwägungsprozesse fehlte mir die Zeit. Ich tat’s einfach. Begleitet von sich zu einem Inferno steigernden Schmerzen trippelte ich atemlos und mit eingezogenen Krallen über die Holzdielen, und zwar in Super-Zeitlupe. Ich traute mich dabei weder nach rechts noch nach links zu schauen und hielt den Blick starr auf die Klappe gerichtet. Dabei hätte ich meinen »Anhang«, einschließlich Gustav und Sancta, verfluchen können, weil mich alle in meiner hilflosen Lage mit diesen Bestien allein zurückgelassen hatten.
    Schließlich erreichte ich die Klappe, drückte sie mit dem Kopf vorsichtig hoch und … Das Ding quietschte! Und wie es quietschte. Es war eine regelrechte Quietschsymphonie. Okay, ich hätte es wissen müssen, denn die Klappe quietschte
ja andauernd. Gustav ölte die Scharniere absichtlich nicht, damit er auf dem Laufenden blieb, welches Spitzohr gerade rein- und rausspazierte. Problem: Ohne Gustav als Sicherheitsdienst ergab die Einrichtung keinen Sinn. Es wäre jetzt ziemlich müßig gewesen, über Verkettung unglücklicher Umstände, Schuld, Schicksal und den ewig wunderlichen Weltenlauf zu philosophieren. Denn gleich nach dem Quietschkonzert wurde es in der ganzen Wohnung noch stiller als vorher. Meine Häscher hatten aufgehorcht und verharrten vermutlich gegenwärtig für eine Schrecksekunde in ihrem Tun. Jedenfalls waren sie nun hundertprozentig darüber im Bilde, wo sich das Wild vor seinen Jägern verbarg.
    Ohne weiter nachzudenken, quetschte ich mich durch die Klappe und eilte halb lahmend, halb mich schlängelnd über den Hausflur. Rechter Pfote ging die Treppe zum ersten Stockwerk ab, deren Besteigung mir sicher das letzte Quäntchen an Leidensfähigkeit abverlangen würde. Und wie recht ich doch hatte! Wie von tausend rasenden Hämmern gepeinigt, schob sich mein elender Körper Stufe um Stufe hinauf, wobei es von Stufe zu Stufe schlimmer wurde. Doch ich hatte nicht nur gegen unerträgliche Schmerzen zu kämpfen, sondern zunehmend auch gegen drohende Ohnmacht und beginnende Wahrnehmungsstörungen. Von einem Abflauen der Gehirnerschütterung konnte nicht die Rede sein. In der Finsternis um mich herum drehte sich alles wie ein gespenstisches Karussell, nur gelegentlich explodierten grelle Lichter hinter meinen Netzhäuten, die an einschlagende Blitze erinnerten.
    Auf halber Strecke vernahm ich hinter meinem Rücken erneut das Quietschen der Klappe - und zwar dreimal kurz
hintereinander! Zunächst wollte ich stehen bleiben und zurückblicken, um mich zu vergewissern, ob die drei Schattengestalten tatsächlich den Weg zu ihrem anvisierten Opfer ins Treppenhaus gefunden hatten. Aber ich ersparte es mir. Weshalb auch eine einzige Anstrengung zu viel, wenn ich es doch genau wusste? Es konnte sich nur noch um Augenblicke handeln, bis sie mir den Garaus machten. Allerdings schienen sie es mit der Hinrichtung nicht besonders eilig zu haben. Das ließ sich von ihrem geradezu gemächlichen Pfotengetapse ablesen, als sie die Stufen nahmen. Vielleicht waren sie sadistisch veranlagt und machten sich einen Spaß daraus, die Sache auf die lange Bank zu schieben.
    Aber wieso? Wer waren diese furchterregenden Häscher? Was hatte ich mit ihnen zu schaffen? Man musste wohl kein kriminalistischer Einstein sein, um zu vermuten, dass diese Heimsuchung irgendwie mit den falsch vererbten Milliarden in Zusammenhang stand. Doch zu viele Fragen blieben offen. Wie zum Beispiel sollte ich Dreiviertel-Invalide um alles in der Welt noch in das undurchschaubare Spiel eingreifen und die finsteren Mächte an ihren finsteren Plänen hindern? Ich war ja längst aus dem Spiel. Es ergab alles keinen Sinn.
    Von brennenden Schmerzen und immer häufigeren Aussetzern drangsaliert, erreichte ich schließlich das erste Stockwerk. Das Jägertrio hielt sich hübsch hinter mir, soweit ich es ihren recht launigen Begleitgeräuschen entnehmen konnte. Eine fahle Helligkeit strömte in den Flur, denn Archies Tür stand sperrangelweit offen. Mehr tot als lebendig wankte ich in die Wohnung. Ich war wenig überrascht von dem atemberaubenden Chaos, das mir entgegenschlug. Der Herr des
Hauses schnarchte mit dem Kopf auf dem Schreibtisch vor dem Computermonitor, welcher den ganzen Raum mit seinem fluoreszierenden Licht erhellte. Archie steckte wie üblich in seinem knielangen, orangen Frottee-Morgenmantel, den er vermutlich in den Achtzigern

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