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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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erstanden und seitdem nie mehr gewaschen hatte. Neben seinem Kopf standen zwei Weinflaschen, die eine komplett leer, die andere noch zur Hälfte gefüllt. Überall lagen wie in einem Altpapierlager lose, zumeist zerknüllte Blätter, durcheinandergewirbelte Packen und Zeitschriften verstreut. Von vor Ewigkeiten entleerten Pizzaschachteln, ausgelöffelten Müsli-Plastikbechern, Zubehör für irgendwelchen Elektronikkram und anderem undefinierbarem Müll ganz zu schweigen. Hinten rechts führte ein Rundbogeneingang, von dem der hässlichste Perlenvorhang dies- und jenseits des Orients baumelte, zu einem abgedunkelten Raum. Das Schlafzimmer, nahm ich an, soweit eine dauerbesoffene Fledermaus wie Archie so etwas überhaupt benötigte.
    Meine Alternativen waren denkbar gering und meine Kraftreserven praktisch nicht mehr vorhanden. Ja, mich beschlich das Gefühl, dass ich gar nicht mehr von einem bewussten Willen gesteuert wurde, sondern von einer primitiven Apparatur, die mittels defekter Zahnräder und rostiger Zugdrähte lediglich die Motorik halbwegs aufrechterhielt. Was blieb mir also anderes übrig, als durch den Perlenvorhang in die trügerische Sicherheit des trüben Loches zu flüchten, das meine Verfolger zwar in null Komma nichts aufspüren würden, worin ich aber durch die Gnade der Dunkelheit wenigstens in Würde sterben könnte. Just in dem Moment knickten meine Hinterbeine ein. Ich hatte überhaupt keine
Kontrolle mehr über sie. Bevor jedoch auch die vorderen Treter versagten, wollte ich nichts unversucht lassen, dieser demütigenden Situation zu entkommen. Ich fuhr die Krallen der Vorderpfoten aus, bohrte sie in den papiernen Bodenbelag und zog mich so stückchenweise mit dem ganzen Körper vorwärts. Den Vorgang wiederholte ich mehrmals.
    Ächzend und schnaufend erreichte ich schließlich den dunklen Raum. Es schien sich in der Tat um Archies Schlafzimmer zu handeln. Zumindest vermoderten irgendwo in einer Ecke Matratze und Decke, selbstredend ohne Überzug. Des Weiteren befanden sich dort eine Leselampe, augenscheinlich aus dem Sperrmüll gefischt, noch mehr leere Weinflaschen und selbstverständlich die obligatorischen Papierberge. Gegen Archie war Gustav der reinste Zwangscharakter. Ach, beinahe hätte ich es vergessen, nämlich jenen Einrichtungsgegenstand, der dieser Räumlichkeit seinen Stempel aufdrückte. Eine hypermoderne Hi-Fi-Anlage vom Umfang einer Schrankwand und von der Komplexität eines Atomkraftwerks. Sie nahm mit ihren sarggroßen, schwarzen Boxen, den für jeden Pieps eigens konstruierten Gerätetürmen, Subwoofern und der einer Geheimdienstzentrale zur Ehre gereichenden Verkabelung eine ganze Wand ein. Tja, für solchen Schnickschnack war immer Geld vorhanden.
    Ich verkroch mich in den entferntesten Winkel des Zimmers und wartete ab. Die ganze Situation besaß einen geradezu theatralischen Galgenfrist-Charme. Obwohl die Balkontür offen stand und der Mondschein auch hier einen silbernen Teppich auf den Dielenboden zauberte, hatte sich über dessen fahlen Schein eine bleierne Schwärze ausgebreitet. So schmachvoll sollte also das Ende von Francis, dem
legendären Klugscheißer, aussehen? Dahingemeuchelt von drei sabbernden Killern, ohne auch nur eine Kralle gegen sie erheben zu können? Hätte das Schicksal nicht gnädig mit mir sein und mich im Vollbesitz meiner Kräfte belassen können, damit ich mich den dreien wenigstens erhobenen Hauptes zum Kampf stellen konnte? So würde ich mit dem Pathos einer Schüssel Geschnetzeltes ins Jenseits wandern.
    Und als hätten die weinerlichen Gedanken durch telepathische Kanäle Zugang zu den Köpfen meiner Feinde gefunden, kam prompt auch die Antwort. Allerdings nicht auf telepathischem Wege. »Franciiis …!«
    Es hörte sich an wie ein Ein-Wort-Witz, der Handlung und Pointe in einem enthält und den man nur auszurufen braucht, um den Riesenlacher zu ernten. Derart höhnisch und boshaft klang es. »Franciiis …! Franciiis …!« Wenigstens besaß der wie eine spöttische Kinderleier gedehnt und im hohen Tonfall ausgestoßene Ruf einen Vorteil. An der Stimme erkannte ich endlich, um wen es sich bei meinen Mördern in spe handelte. Clint und Smith & Wesson standen am Perlenvorhang im grauen Gegenlicht und durchbohrten mich mit dem grünen Phosphor ihrer Augen. Ich hielt den Atem an.
    »Wie bescheuert von dir, in deinem demolierten Zustand vor uns das Weite zu suchen.« Clint schritt mit seinen einer Primaballerina würdigen, langen Beinen elegant

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