Felipolis - Ein Felidae-Roman
als Spaß aufgefasst. Total verbohrt, samt und sonders. Und die hatten nicht die Spur eines Zweifels, dass für sie nun das goldene Zeitalter angebrochen ist. Das glauben sie wirklich. Ich frage mich, wie sie sich da so sicher sein können. Und weiter frage ich mich, wer hat sie alle angestiftet, dort anzutanzen?«
Diesmal bekam ich keine schlagfertige Antwort, und auch die Schwanzspitze hatte aufgehört, an meinem Hals rumzufriemeln. Stattdessen hörte ich sie leise atmen. Ich wandte den Kopf leicht nach hinten und blickte auf zwei geschlossene silberblaue Lider. Frechheit, die Krankenschwester war schon vor dem Patienten eingeschlafen! Ich beschloss, das Kombinieren sein zu lassen und ihrem verantwortungslosen Beispiel zu folgen.
Doch noch auf dem Weg ins Traumland entzündete sich ein kleiner Geistesblitz. Ich Depp hatte vor den anderen stets räsoniert, dass wir von Natur aus dazu prädestiniert wären,
Geld, schon gar großes Geld zu ignorieren. Ein fürsorgliches Herrchen oder Frauchen, etwas Futter, vielleicht noch ein schöner Garten zum Toben und Jagen, darauf lief schlussendlich meine Vorstellung des Felidae-Paradieses hinaus. Alles andere war neurotisch, den Menschen abgeguckt, ja entartet. Beim Einschlafen jedoch führte mich ein krauser Gedankengang zu einem ganz anderen Schluss. Nein, nicht ich, der eingebildete Detektiv, war all den Schwestern und Brüdern im Kantsky -Haus einen Schritt voraus, sondern sie mir. Deshalb hatten sie ihre liebe Mühe, mir zu folgen. Denn das, was mit all den Milliarden gekauft werden sollte, war weder tonnenweise Futter noch ein Diamant für jeden um den Hals.
Wie hatte Herzl bei unserer ersten Begegnung schon gesagt: Met Penunze kamma a ganze Menge anstellen, mej Bester. Grojße Dinge. Und met viel Penunze ganz grojße Dinge.
8
Als ich aufwachte, war es immer noch Nacht und duster im Zimmer. Und immer noch leuchtete draußen der Mond so hell, als wäre ich nur mal für Sekunden eingenickt. Man hätte leicht den Eindruck kriegen können, dass er inzwischen um ein paar Lux heller geworden war. Ich linste mit zugekniffenen Augenlidern durch die offen stehende Terrassentür zum dunkelblauen Himmel hoch. Tatsächlich, der Mond hatte, anstatt seine Bahn weiterzuziehen, ganz offenkundig eine Rückwärtsbewegung vollführt und stand wieder an seinem Zenit. Seltsam. Was mochte das wohl bedeuten?
Plötzlich ging mir ein Licht auf, noch heller als der Mond. Während des Schlafs, durchseucht von wirren Träumen und halbgaren Eindrücken, hatte ich bisweilen das Gefühl gehabt, dass es wieder Tag geworden sei. Doch mein verletzter und von Schmerzen gepeinigter Körper hatte eisern seine Selbstschutzmechanismen aufrechterhalten und mich zwecks Regeneration und Genese am Aufwachen gehindert. Kurzum, ich hatte nicht nur die restliche Nacht durchgeschlafen, sondern auch noch den nächsten Tag, bis es wieder Nacht geworden war. Unglaublich, ich hatte einen kompletten Tag verpennt!
Sancta war aus dem Korb verschwunden. Kein Wunder, nach zirka vierundzwanzig Stunden. Auch von Junior und
Blaubart keine Spur. Und was Gustav trieb, wusste der Teufel. Ich fühlte mich nicht schlecht, aber auch nicht gerade blendend. Fürs Turniertanzen taugte ich wohl immer noch nicht. Es war beängstigend einsam um mich her. Alles schien wie gefroren und für immer verlassen. Nun ist dies wohl das übliche vorherrschende Gefühl, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und so allmählich begreift, dass man aus der Welt samt ihrem unerbittlichen Zeitdiktat gefallen ist.
Was die Sache jedoch echt gruselig machte, war der Anlass meines Erwachens. Denn es war mitnichten so, dass einfach mein Akku wieder aufgeladen wäre und jetzt sozusagen die grüne Leuchtdiode blinkte. Nein, es handelte sich vornehmlich um Geräusche. Allerdings um Geräusche jener signifikanten Sorte, welche allein die spitzen Trichter meiner Art zu vernehmen imstande sind. Ein menschliches Ohr ist auf diesem niedrigen Akustiklevel völlig aufgeschmissen, erst recht im Schlaf. Ein fast unhörbares Tapsen war zu hören, wie Papierkügelchen, die zu Boden fallen - reichlich viele Papierkügelchen. Parallel dazu gemeinschaftliches, extrem leises Atmen, gerade so, als bemühten sich die Tapsenden krampfhaft, ihre Atemgeräusche so gut es ging zu unterdrücken. Doch nicht allein diese zugegebenermaßen virtuose Leisetreterei hatte mich erwachen lassen und meine Aufmerksamkeit gekitzelt, sondern ein sich plötzlich überall ausbreitender,
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