Felipolis - Ein Felidae-Roman
können, dass auch dieser bald keine Gegenwehr mehr leistete, zusammensackte und nur noch vor sich hin wimmerte. Am Schluss lagen vor unseren Pfoten drei äußerst ramponierte und aus etlichen Kratzern, Schrammen und Wunden blutende Brüder, die ihr Meuchelmord-Projekt einstweilen auf Eis legen mussten.
»Das reicht jetzt«, sagte ich und kam aus meiner Ecke heraus. Inzwischen fühlte ich mich wieder richtig gut. Auch wenn andere die Arbeit für mich erledigt hatten. »Selbst im Umgang mit Killern darf man nicht selbst zum Killer werden.« Blaubart und Junior stoppten ihren Angriff sofort und zogen sich zurück. Sie schnauften und zitterten so heftig wie nach einer Jagd auf besonders bösartige Ratten. Ihre Krallen und Mäuler waren blutbeschmiert. »Danke übrigens, dass ihr es bis zum Ende so spannend gemacht habt. Allerdings habe ich doch arg den bombastischen Soundtrack vermisst. Der ist doch bei jedem Showdown quasi obligatorisch.«
Ich beugte mich über Clint und besah mir seine Verletzungen. Sie waren schlimm, aber nicht lebensbedrohlich. Klaffende Furchen, Sterne und Zickzacke, aus denen Blut sickerte, überzogen das erlesene schwarze Fell des Orientalen, für das jeder Pelzhändler ein Vermögen berappt hätte.
Sicherlich würden er und die beiden Clowns, die er seine Partner nannte, sich schnell wieder erholen, wenn sie zwecks Verarztung flugs zu Herrchen und Frauchen zurückrannten. Und das würden die drei mit Freuden tun. Denn trotz des elenden Bildes, das sie aktuell abgaben, konnte selbst ein hoffnungsloser Ignorant erkennen, dass es sich bei ihnen um Luxusgeschöpfe der Sonderklasse handelte. Hätten sie nicht diesen aggressiven Fimmel, sie hätten bei Ausstellungen Preisgelder in astronomischer Höhe kassieren können. Mit ihren extrem dünnen Gliedern, dem apollogleichen Körperbau, den Riesenlauschern und den spitzen Köpfen ähnelten sie irgendwie animalischen Dressmen, die sich ins kriminelle Fach verirrt haben. Schade, schade.
»Clint, bleib ganz ruhig liegen«, sagte ich. Er öffnete halb die Augen und schielte misstrauisch zu mir auf. Unfassbar, wie das Grün darin leuchtete. Gerade so, als wären die Dinger von innen angestrahlt. »Wahrscheinlich fühlst du dich jetzt genauso wie ich. Doch du kannst mir glauben, ich empfinde darüber nicht den Ansatz eines Triumphs. Ich liebe unsere Art und halte sie für etwas ganz Besonderes. ›Auserwähltes Volk‹ wäre vielleicht ein übertriebener und ziemlich rassistischer Ausdruck, doch trifft er den Kern. Ich liebe jeden Einzelnen meiner Art. Dein Vorwurf, ich hätte mich den Menschen anverwandelt und stünde auf ihrer Seite, ist falsch. Was ich an den Menschen zu kritisieren habe, reicht für eine mehrere Meter lange Liste. Aber das ist völlig uninteressant, weil ich mich lieber mit unseren Problemen beschäftige - noch lieber aber mit unseren Vergnügungen, die die Menschen eh nie begreifen werden. Was also kann so Elementares auf dem Spiel stehen, dass wir uns gegenseitig an die Gurgel
gehen müssen? Du bist mir ein paar Antworten schuldig, Clint. Ich möchte wissen, weshalb ich getötet werden sollte. Insbesondere aber wirst du mir verraten, wer dich dazu beauftragt hat.«
Trotz seines miserablen Zustands leckte Clint so entspannt an seinen Wunden, als verscheuche er ein paar Läuse. Er lächelte dabei maliziös. »Das möchtest du gern wissen, was?«
»Ja«, sagte ich. »Sonst kann ich dich und deine Freunde nicht gehen lassen.«
»Aha. Wie war das noch mit dem ›auserwählten Volk‹? Auserwählt ist ein ziemlich großes Wort, findest du nicht? Hast du diesen großen Gedanken schon einmal zu Ende gedacht, Francis? Auserwählt heißt nämlich: besser als andere. Und wer besser ist, der verdient auch etwas Besseres. Zumindest verdient er etwas Eigenes, in dem die anderen nichts zu suchen haben. Du sülzt hier rum von wegen Liebe zu deiner Art und dass wir uns alle zusammen an den Pfoten fassen sollen, damit der Weltfriede oder zumindest Friede, Freude, Eierkuchen einkehrt, der dann in Form von Krümeln von ihrem Tisch auch auf uns abfallen möge. Nur, uns kümmert ihr Frieden doch einen Scheiß! Glaubst du im Ernst, dass man uns , wenn ihr totaler Weltfriede einkehrt, nicht mehr das Fell über die Ohren ziehen wird für den Pelzersatz in Anorakkapuzen aus chinesischer Produktion? Oder wird dadurch das Elend in den Tierheimen gelindert oder gar das Leid unserer Art in den asiatischen und islamischen Ländern? Träum schön weiter, du
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