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Felipolis - Ein Felidae-Roman

Felipolis - Ein Felidae-Roman

Titel: Felipolis - Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Depp! Du beschäftigst dich gern theoretisch mit der, wie sagt ihr Theoretiker doch so schön, der Problematik . Am Ende aber kommt aus deinem
geistigen Fleischwolf doch nichts weiter heraus als hehre Worte und nochmals hehre Worte.«
    »Toller Vortrag«, sagte ich. »Hätte beim Zuhören beinahe eine Gänsehaut bekommen, wenn ich dazu imstande wäre. Doch gerade als Theoretiker muss ich dich tadeln, Clint. Thema verfehlt! Ich will wissen, wer dich und deine Freunde auf mich gehetzt hat. Wieso soll ich von der Bildfläche verschwinden? Wie gesagt, wenn du mir die Antwort schuldig bleibst, kann ich euch nicht gehen lassen.«
    »Ich fürchte, das wirst du leider doch tun müssen, Klugscheißer.« Wieder lächelte er wie weggetreten. Dann wandte er den Kopf zu Smith & Wesson und zwinkerte ihnen zu. Sie erwiderten seine Geheimsprache mit einem wissenden Nicken. Junior und Blaubart befürchteten wohl, dass das Trio wieder zu Kräften gekommen war und einen neuen Angriff starten wollte, denn sie preschten sofort vor. Doch ich gemahnte sie mit erhobener Pfote zur Zurückhaltung. Ach, hätte ich es bloß unterlassen! Ach, hätte ich doch die Streithähne sich so lange wie von Sinnen schlagen, kratzen und würgen lassen, bis sie am Ende ermattet dagelegen und keinen Mucks mehr von sich gegeben hätten. Ich tat es nicht, weil ich die Zeichen falsch verstand.
    Denn was Clint nach der nonverbalen Absprache mit seinen Kumpanen anstellte, brachte selbst mein robustes Nervengerüst zum Zusammensturz. Er setzte eine Pfote seitlich an seine Kehle. Zunächst dachte ich, er wolle sich daran kratzen, wie wir es gewöhnlich zu tun pflegen, um das Fell an der weichen Hautstelle durchzukämmen und zu reinigen. Doch dann ließ er eine seiner berüchtigten Mordskrallen aus der Pfote hervorblitzen. Das ungewöhnlich voluminöse und lange
Ding, welches zum scharfen Ende hin wie eine Pfeilspitze ins Kantige verlief, hätte jedem Erntehelfer als erstklassige Sichel dienen können.
    »Es lebe Felipolis!« Ein vieldeutiges Lächeln glitt über Clints schwarzes Keilgesicht, er blinzelte mir zu und beging die schwerste für unseresgleichen mögliche Sünde: Mit einer schnellen eleganten Bewegung schlitzte er sich die Kehle von einem Ende zum anderen auf.
    »Nein!«, schrie ich, während das Blut mit einem perversen Blubbern aus dem Schlitz flutete und binnen Sekunden auf dem Boden eine Pfütze entstand. »Nein, Clint, nein! Warum hast du das getan, du verdammter Idiot? Warum um alles in der Welt hast du das getan?« Ich stürzte mich heulend auf ihn und nahm seinen Kopf in beide Pfoten. Es lag immer noch dieses Lächeln um seine Mundwinkel, doch das grüne Glühen seiner Smaragdaugen verabschiedete sich. Ich schrie immer noch wie von Tausend Dämonen gemartert, schüttelte den Kopf des leise Sterbenden zwischen meinen Pfoten und leckte zwischendurch an der Wunde, als wäre mein Speichel ein Wunderkleber, der noch den tiefsten Schnitt wieder zusammenzupappen vermag. Es fehlte nicht viel, dass ich den Verstand verloren hätte. Denn es war wirklich alles wahr gewesen, was ich diesem Dummkopf vorhin erzählt hatte. Ich liebte meine Artgenossen mit geradezu religiöser Inbrunst, jeden einzelnen von ihnen. Und seien sie noch so schräg oder unsympathisch oder falsch oder gar mörderisch wie Clint. Felidae - das war für mich nicht nur ein zoologischer Begriff, sondern ein Zauberspruch, den man nur aufzusagen brauchte, wenn man Gottes Werk direkt vor sich sehen wollte.

    Und so weinte ich die bittersten Tränen meines Lebens, als dieses vollendete Geschöpf in meinen Pfoten seinen letzten Atem tat. »Clint, du Killer, du verdammter, blöder Killer«, schluchzte ich, wobei mir Rotz und Tränen nur so die Schnauze herabrannen. »Steh doch wieder auf, Mann. Mach mir Angst, verfluche mich, greif mich an, wenn du willst. Aber steh wieder auf!« Doch Clint stand nicht wieder auf. Er starrte mich durch seine matt gewordenen Augen an, sein Maul stand offen, und die schlaksigen Beine waren nichts weiter als nutzlose, schlaffe Anhängsel an diesem Jaguarleib en miniature.
    »Komm, Paps, lass gut sein«, flüsterte mir Junior ins Ohr. Er und Blaubart standen inzwischen dicht hinter mir. Gemeinsam drängten sie mich von der Leiche weg. Dabei schweifte mein Blick zu Smith & Wesson. Ich hatte es erwartet, doch der schmierige Animateur in meinem Kopf, der sogar bei düsterster Aussicht stets für gute Stimmung sorgte, hatte mir noch Hoffnungen gemacht. Er hatte gelogen!

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