Felipolis - Ein Felidae-Roman
Betreibergesellschaft getroffen, die eine erstklassige VIP-Behandlung garantiert. Bereits eineinhalb Kilometer vor dem Hauptgebäude werden die Busse das mit elektronischer Fahrzeugerkennung ausgestattete Tor 16 passieren und dann direkt zum Rollfeld fahren. Es wird keine Ausweiskontrolle geben, weil an diesem Tor kein Beamter stehen wird. Und auf dem Rollfeld erwartet Sie dann das eigentliche Komfortwunder: der A380!«
»Was ist ein A380?« In die verregnete Miene der alten Dame und eigentlich in die aller Anwesenden krochen die ersten Sonnenstrahlen. Sämtliche Gesichter hellten sich auf, weil die Versammelten wohl allmählich ahnten, dass Forster für sie einen standesgemäßen Kurzurlaub organisiert hatte. Der spürte sichtlich die positive Erwartungshaltung seiner Zuschauer und wurde seinerseits ganz aufgekratzt. Ich wartete direkt darauf, dass er als Nächstes mit einem sensationell günstigen Angebot für Heizdecken loslegte.
»Na, da haben Sie wohl in den letzten Jahren nur einen flüchtigen Blick in Ihr Vermögensportfolio geworfen, Mrs Archer. Denn ich wette, an dem Airbus 380, dem weltweit mächtigsten Großraumflugzeug mit zwei durchgängigen Passagierdecks, sind Sie schon längst mit Ihren Aktien beteiligt. Sie werden in diesem Flieger den Komfort vorfinden, den Sie von Sechs-Sterne-Hotels gewohnt sind, und noch viel mehr. Gegen das Flugerlebnis in dieser Maschine klingt der Slogan ›Nur Fliegen ist schöner‹ wie ein schaler Spruch. Aber das Beste und für uns alle sicher das Ergreifendste kommt noch: Bei unserem Flug heute Abend übernimmt zum ersten Mal Galileo die Navigation.«
Rufe wie »Großartig!« und »Hurra!« schallten zum Klirren der Champagnergläser durch den Saal, als die jeweiligen Tischnachbarn einander spontan zuprosteten. Während man sich so himmelhoch jauchzend über die Besichtigungstour de luxe freute, fiel es natürlich erheblich leichter, Online-Banking für den begehrten Ausweis zu betreiben. So fix, ja schier berauscht hatte ich noch keine Finger auf Tastaturen hämmern sehen.
Was mich betraf, verlangte es mich im Moment nur nach einem Luxus: Ich hatte einen solchen Hunger, dass ich die
gesamte, zähe Urlaubsgesellschaft hätte verschlingen können. In Zeitungsinterviews heuchelten die interviewten Reichen oft Bescheidenheit und gaben die Plattitüde zum Besten, dass man immer nur in einem Haus wohnen und nur einen Teller voll essen könne. Doch was war, wenn man sich im falschen Haus befand und nichts auf dem Teller hatte? Und wenn man keine Möglichkeit sah, das Haus zu verlassen und bald etwas auf den Teller zu kriegen?
Ich war ein Gefangener in diesem dämlichen Kamin. Zwar ein mittlerweile ausführlichst in den Machenschaften der Hochfinanz bewanderter Gefangener, aber eben doch ein Gefangener. Vielleicht sollte ich hervortreten, all diese Krösusse zu ihrem anstehenden Traumurlaub beglückwünschen und sie dann um eine warme Mahlzeit anschnorren. Oder noch besser: Ich sollte mich einfach leise davonstehlen, da der Fall ja weitgehend geklärt war und die Sache mit dem Milliardenerbe sich zumindest für meinesgleichen als völlig harmlos entpuppt hatte.
»Hallo, Francis!«
Im ersten Moment dachte ich, dass ich endgültig den Verstand verloren hätte und irgendwelche verirrten Echos aus dem Chaos meiner verquer geschalteten Neuronen vernahm. Doch im nächsten Augenblick erkannte ich die Stimme. Vor allem jedoch registrierte ich wieder das spezifisch Süße, das diese Stimme ausmachte und nach dem ich lechzte wie ein chronisch Unterzuckerter.
Ich drehte mich um, und Domino stand vor mir.
15
Das Objekt der aphrodisischen Begehrlichkeit, der ich seit unserer ersten Begegnung verfallen war, strahlte mir mit großen Goldaugen entgegen wie ein Leuchtfeuer in düsterster Nacht. Der schmale Kopf, die kurzen, seidigen und zwischen Dunkelblau und Tiefgrau changierenden Fellhaare, die grazile Figur - all das hatte mir in meiner unmöglichen Situation und bei meinem noch unmöglicheren Erscheinungsbild gerade noch gefehlt. Schließlich wollte ich mich bei Domino-Alarm stets von meiner Schokoladenseite zeigen. (Einverstanden, spätestens an diesem Punkt hätte ich mir eingestehen müssen, dass etwas mit meinem übrigens auch von mir selbst hochgeschätzten Verstand nicht ganz stimmte. Denn eigentlich war ich ja trotz meines angeschlagenen Zustands tapfer unterwegs, um meine geliebte Sancta aus der Gefahrenzone zu holen und in die traute Zweisamkeit heimzuführen. Und hatte
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