Felipolis - Ein Felidae-Roman
verständigten, hatte sie nach meinem Abgang Forster mitgeteilt, wo ich zu finden sei. Und der hatte mich schließlich gefunden. Und weshalb nun sollte ausgerechnet ich unter allen Umständen um die Ecke gebracht werden? Dieses Rätsel hätte ich eigentlich schon im Schwimmbecken aufklären können. Denn dort war ich in Wahrheit eben nicht in ein wildes Durcheinander von überall herbeigeströmten, sensationslüsternen Artgenossen hineingeraten, sondern in die von Herzl von langer Pfote vorbereitete erste Konferenz über Felipolis. Irgendwie hatte es Herzl geschafft, alle von seiner nationalen Idee zu überzeugen - außer mich natürlich. Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, als dass man einen klugscheißerischen Störer unter sich dulden konnte. Bevor Forster auftauchte, wollte Herzl deshalb auch unbedingt von mir wissen, ob man mir denn vertrauen könne.
Fast schade, dass bei dem großen Aufwand trotzdem etwas schiefgegangen war. Herzl hatte nicht mit der Anteilnahme von Josef und seiner Proletarischen Union gerechnet. Oder
besser gesagt, mit ihrer Dummheit. Wer hätte auch ahnen können, dass diese Vollidioten, anstatt den halb totgeprügelten Francis an die Meute auszuliefern, genau das Gegenteil taten und ihn in Sicherheit brachten? Josef und seine Freunde waren von Anfang an nicht mit der Gewalt gegen die eigene Art einverstanden gewesen. Deswegen wurden sie ebenfalls zum Tode verurteilt.
Als Messias Herzl und seine ihm hörige Anhängerschaft erfuhren, dass ich trotz Forsters Spezialbehandlung noch am Leben war, wollten sie ein für alle Mal dafür sorgen, dass Francis ihnen nicht noch einmal in die Parade fuhr. Ein Leichtes, hatten sie doch in ihren Reihen auch echte Killer, die ihr Handwerk bestens verstanden. Sie hetzten Clint und Smith & Wesson auf mich, was jedoch leider auch danebenging. Da glich es geradezu einem Wink Gottes, als ich Herzl auf dem Happening der Animal Army in die Pfoten gelaufen war. In Anwesenheit so vieler Augenzeugen war es natürlich ausgeschlossen, mich klammheimlich in die Hölle zu verabschieden. Aber selbst in dieser verzwickten Situation fand Herzl eine geniale Lösung. Er lotste mich in meinem angeschlagenen Zustand in den Zeppelin, auf dass Lars Büttel mich am nächsten Morgen in seinen eigenen Untergang mitnehme. Denn auch sein Tod war vom Meister himself und seiner hübschen Tochter Domino längst beschlossene Sache gewesen, weil sie bei ihrem Vorhaben keine Konkurrenz gebrauchen konnten. Futterneid nannte man ein solches Verhalten in unseren Kreisen.
Der Fall war geklärt, Schluss, Punkt, aus! Zwei Fragen allerdings harrten weiterhin ihrer Beantwortung. Was hatte Marc Forster von all dem blutigen Zirkus? Nur zu gern hätte
ich mich mit der Erklärung begnügt, dass er sich durch seine langjährige Nähe zu Tieren in ein schwachsinniges Gerechtigkeitsideal verrannt hatte und er uns ebenso wie Herzl auf Teufel komm raus einen eigenen Staat verschaffen wollte. Oder aber er scherte sich einen feuchten Kehricht um die Rechte der Tiere und hatte sich voll und ganz in den Dienst des Großkapitals gestellt, eine These, von der ich mich noch vor Kurzem mit eigenen Augen und Ohren hatte überzeugen können. Aber mal ehrlich, war auch nur eine dieser Betrachtungsweisen realistisch? Eher nicht. Forster wirkte vielmehr wie einer, dessen Mutter nach der Entbindung in Ohnmacht gefallen sein musste, weil sie statt eines Babys einen kleinen Eisblock geboren hatte. So ein Typ hatte keine Leidenschaft für irgendetwas, außer für sich selber. Schon deshalb bereitete mir mein erlösender Der-Fall-ist-geklärt-Schluss-Punktaus! -Ruf einiges Magengrummeln.
Die zweite offene Frage betraf Sancta. Wo war sie jetzt, in diesem Augenblick? Selbst wenn wirklich alles geklärt wäre, blieb doch dieser Stachel im Fleisch. Ein »Und tschüss!« war unmöglich. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich wertvolle Zeit mit der eitlen Kombiniererei vergeudete. Letzten Endes konnte es mir vollkommen gleichgültig sein, ob die einen oder die anderen ihren verdammten Staat bekamen. Was kümmerte es mich? Nein, meine wirkliche Aufgabe war es, meine Schöne heimzuholen und mir jeden Tag von ihren immer raffinierter werdenden Eifersuchtsdramen den letzten Nerv rauben zu lassen.
Domino hatte mich zu ihr führen wollen, bis sich der Fremde zu ihr gesellt hatte. Wie ich jetzt ahnte, war es Herzl, ihr Vater, gewesen. Inzwischen hatten die beiden ihr Ansinnen,
mich aus dem Weg zu räumen, wohl aufgegeben. Ich
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