Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Warnung, die er mir auf den Weg mitgegeben hatte.
Matt erhob sich und kam ums Bett herum. Er sah mit ernster Miene auf mich herunter. »Felix«, sagte er leise, »so kannst du nicht weitermachen. Du hast ein Geschenk Gottes als Einsatz benutzt, und das in einem minderwertigen Geschäft – einem Geschäft, das du unmöglich reinen Gewissens betreiben kannst. Exorzismus ist eine Aufgabe der Kirche, kein Spiel für Laien und auch kein Weg, um schnell reich zu werden.«
»Sehe ich reich aus?«, fragte ich und streckte die Arme aus, um meine armselige Umgebung zu zeigen, armseliger denn je, nun, da ein Dämon sie demoliert hatte. »Oder dachtest du an den Millionenvertrag, den ich für meine Memoiren abschließen werde?«
Matt gab keinen Deut nach, dazu war er unfähig. »Du kannst keine Geister bannen, ohne ihnen die Beichte abzunehmen«, erklärte er mit der gleichen stoischen Ruhe. »Du könntest sonst sündlose Seelen in die Hölle schicken. Du verstehst nicht, worum es dabei geht. Du bist wie ein Blinder, der durch eine belebte Straße geht und mit einer Handfeuerwaffe willkürlich um sich schießt – außer dass der Schaden, den du anrichtest, unendlich und unvergleichlich größer ist.«
Mit Hilfe des Bettpfostens kam ich diesmal auf die Füße, sodass unsere Gesichter nur ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren, als ich mit so viel ruhiger Würde antwortete, wie ich in meinem fast splitterfasernackten Zustand zusammenraffen konnte.
»Danke für die Predigt! Aber du darfst nicht vergessen, dass ich nicht an Himmel, Jesus und die päpstliche Unfehlbarkeit glaube, und all das Zeug über den Kampf für das Gute und darüber, Gott zu dienen statt dem Mammon – nun, das ist sicher sehr inspirierend, aber seien wir doch ehrlich. Deine Truppe ist in Sachen Armut nicht besser als in Keuschheit.«
Matt schwieg für einen Augenblick, aber nicht, weil meine Eloquenz ihm die Sprache verschlagen hatte. Er wollte nur sichergehen, dass er nicht im Zorn antwortete. Das wäre vermutlich eine Sünde gewesen.
»Du glaubst an gar nichts, Felix«, sagte er schließlich und behielt eine todernste Miene bei, »und das ist genau der Grund, weshalb du mit der letzten Bestimmung menschlicher Seelen nichts zu tun haben solltest. Du weißt nicht, wohin du sie schickst oder mit welchem Recht oder wie die Macht, die Gott in deine Hände gelegt hat, wirkt.«
»Während du sie einem bequemen Regelwerk unterwirfst, das fordert, dass ungetaufte Säuglinge in die Hölle fahren«, schoss ich zurück. »Du arbeitest nach dem Schneeballsystem – dem größten der Menschheitsgeschichte, und mag sein, dass tausend Millionen Menschen darauf hereingefallen sind, aber das hat nicht notwendigerweise zur Folge, dass du recht hast.«
»Fegefeuer«, sagte Matt. »Ungetaufte Säuglinge kommen ins Fegefeuer. Aber das wusstest du.« Er kehrte mir den Rücken zu und ging zum Fenster. Matt mochte keine Blickduelle. »Niemand auf dieser Welt kann wissen, ob er recht hat oder nicht«, murmelte er. »Wir sehen es wie durch dunkles Glas. Wir können nur unser Bestes tun. Aber wenn wir die Wahl haben, nichts zu tun oder Schaden anzurichten, ist Nichtstun dann nicht die weisere Möglichkeit?«
Ich machte einen Schritt hinter ihm her, was sich beinahe als schwerer Fehler erwiesen hätte. Ich fühlte mich noch so schwach, dass ich den Bettpfosten als Stütze brauchte. »Das Evangelium nach Cool-Hand Luke? Nett, Matty – aber unter der Gürtellinie. Denn die Alternative zu freiberuflichem Exorzismus ist nicht nichts. Ich meine, was deine Leute tun ist alles andere als gar nichts, oder?« Ich sah, wie sich seine Schultern bei diesen Worten etwas anspannten. »Meinst du, ich wüsste nicht, dass die katholische Kirche eigene Exorzisten hat? Glaubst du, ich weiß nicht, dass eine Rekrutierungsmaßnahme im Gange ist? Die Schafe werden im Namen von Mutter Kirche von den Geistern getrennt – ich kann das nicht gerade nichts nennen, und diejenigen, die euren strengen Qualitätsstandards entsprechen – nun, ich nehme an, die kriegen den Segen und alles, was dazugehört. Satan mag wissen, was ihr mit den anderen macht, aber ich habe hässliche Gerüchte gehört, und es ist klar, dass euch niemand bei dem beobachtet, was ihr tut. Ich mache wenigstens keine Unterschiede. Ich gebe nicht vor, Gott zu sein – oder mit ihm auf Du und Du zu sein.«
Ich hatte nicht bemerkt, wie laut meine Stimme geworden war, bis ich Pen in der Türöffnung stehen sah – diesmal
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