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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Fähigkeit verunsichert, meine Gedanken lesen zu können. »Die Hitze des Sukkubus kommt aus seinem Geist, nicht aus dem Körper. Du bist über und über zerschrammt, hast eine Schusswunde in der Schulter und Kratzer an einigen sehr intimen Stellen, aber du bist nicht verbrannt.«
    Ich nickte. So stand es in den Lehrbüchern, aber ich war noch nie einem Sukkubus aus Fleisch und Blut begegnet – ich erinnerte mich an Juliets Fleisch mit einer Mischung aus Grauen und Erregung – oder hatte je zuvor solche Schmerzen empfunden. Weiß Gott, es war mir zu dem Zeitpunkt verdammt real vorgekommen, als drehte ich mich an einem Spieß über einer Grillwanne, während der Teufel meine Haut anpickte, damit der Saft rauslief.
    Der Rest der letzten vierundzwanzig Stunden kam langsam zurück, und nichts davon sah viel besser aus als die Katastrophe, mit der sie geendet hatten. Die Schnappschüsse des Geists von Leben, Tod und Gabriel McClennan; der Eindringling im Archiv und mein vereitelter Versuch, von einer kurzen Treppe die lange Reise anzutreten; ein Tag, den ich damit verbracht hatte, in verschiedenen Londoner Gegenden wie ein Hund meinen eigenen Schwanz zu jagen, und dann eine merkwürdige Begegnung mit einem räuberischen Dämon, der auf der Suche nach einer anständigen Mahlzeit und einem Bett – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge – am unteren Ende der Charing Cross Road herumlungerte.
    Ich sah auf die Uhr. Kurz nach drei, demzufolge war ich mehr als zwei Stunden lang bewusstlos gewesen. Ich entwickelte plötzlich ein fast physisch schmerzhaftes Gefühl der Dringlichkeit, das Gefühl, dass ich sehr viel zu tun hätte und dass es bereits zu spät war, damit anzufangen. Tatsächlich war ich nicht einmal sicher, ob ich überhaupt laufen konnte, aber wenn man es nicht versucht, wird man es nie wissen. Ich warf die Decke beiseite und schwang die Beine aus dem Bett.
    »Du brauchst Ruhe«, sagte Matt mit einem warnenden Unterton. »Dein Organismus hat einen heftigen Schock erlitten, und wenn du dich nicht dazu überwinden kannst zu beten …«
    Ich wischte die Einladung mit einer Handbewegung beiseite. Ich versuchte aufzustehen, aber mein Körper wollte nicht mitspielen.
    »Was hast du eigentlich hier zu suchen?«, fragte ich verärgert. »Ist der Heilige Geist zu dir gekommen und hat mit dem Schwanz gewedelt, um dir mitzuteilen, dass irgendwo eine Seele in Gefahr ist?«
    Matt runzelte die Stirn. »Pen rief mich an. Als sie versuchte, dich zu wecken und du nicht reagiertest, bekam sie Angst, und da sie wusste, dass das, was durch das Fenster geflohen war, etwas anderes als ein Mensch war, beschloss sie, sich an eine Instanz zu wenden, die an sich mehr als menschlich ist.« Ich enthielt mich eines Kommentars. Ich versuchte noch immer, auf die Beine zu kommen und das Gleichgewicht zu halten. Bis auf meine Socken war ich splitternackt, was auf gewisse Art und Weise noch unwürdiger war als eine totale Blöße, und mein Körper war übersät mit kleinen Schnitten, die aussahen, als wären sie eine geheime Botschaft in Mandarin. »Du solltest dankbar sein«, fuhr Matt fort. »Wenigstens ihr, wenn schon nicht mir. Ohne das Weihwasser und den Segen, den ich dir erteilt habe, lägst du jetzt im Koma.«
    Ich lachte verdrießlich, aber es war ein Strohhalm im Wind. Ärgerlicherweise hatten die Waffen der Kirche wie Weihwasser, Öle und Gebete eine gewisse Wirkung auf Geister und Dämonen. Zwar nur manchmal und auch nur wenn sie wahrer Glauben stützte, aber über den verfügte Matt in Massen. Ich konnte nicht leugnen, dass er mich höchstwahrscheinlich vor viel schlimmeren Schäden bewahrt hatte. Nachdem Pen zu meiner Rettung angeritten gekommen war wie Davy Crockett in seinen besten Tagen …
    Ich legte eine Hand auf meine Schulter. Dort fand ich eine kleine Schwellung mit einer kreisrunden Wunde in der Mitte. Das Zeichen, das Pens Flinte hinterlassen hatte. Nur war es keine Schusswaffe gewesen, sondern ein Kinderluftgewehr, und ich begriff plötzlich, womit es geladen gewesen war – was den Sukkubus dazu gebracht hatte, überstürzt abzuhauen wie der Handelsvertreter in dem schlechten alten Witz.
    »Rosenkranzperlen«, brummte ich mit einer Mischung aus Bewunderung und Abscheu. Rosenkranzperlen, die sie auf die Größe von Luftgewehrkugeln heruntergefeilt hatte. Sie hatte gesagt, sie mache sich meinetwegen Sorgen – und Rafi habe ihr eine Warnung zukommen lassen. Augenscheinlich war sie um einiges konkreter gewesen als die

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