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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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die Straße und weiter dorthin, wo Pen parkte. Als sie mich kommen sah, stieß sie die Beifahrertür auf und startete den Motor.
    Während wir losfuhren, sah ich Gabe in der Tür stehen und uns nachschauen. Zum ersten Mal fragte ich mich, was er getan hatte, um derart auf den Hund zu kommen.
    »Nach links«, dirigierte ich Pen, »und dann noch einmal.« Während sie fuhr, schlug ich den Ordner auf und warf einen Blick hinein.
    Der Inhalt war mager. Da war ein Brief von einer Anwaltsfirma, in dem die Konditionen genannt wurden, zu denen Gabriel McClennan auf Honorarbasis für die Zabava Ltd., »eine im Vereinigten Königreich ansässige Firma für die Bereitstellung von Freizeiteinrichtungen in der Central London Region«, tätig sein sollte. Eine Abschrift des Vertrags war an den Brief geheftet. Darin hieß es, dass McClennan für ein festes Honorar von einem Riesen im Monat in allen Geschäftsräumen der Zabava Ltd. »die Dienstleitung des Exorzismus und der Geisterprophylaxe bereitstellt«. Unterschrieben war der Vertrag von einem Daniel Hill und McClennan.
    Dann war da ein Bogen Papier mit einer Adressliste – die meisten im East End – und ein anderer mit Datumsangaben, in Blöcken ausgedruckt und alle bis auf den letzten mit gelbem Markierungsstift durchgecheckt, eine krakelige Notiz auf einem halben DIN-A4-Blatt, die »Verlegt auf Freitag 18:30« lautete, und ein Streichholzbriefchen von Kissing the Pink , dem Club, in dem ich neulich Damjohn kennengelernt hatte. Es war sehr geschmackvoll gestaltet: Der Name des Clubs wurde auf beiden Seiten jeweils von der Silhouette eines weiblichen Oberkörpers im Profil eingerahmt, sodass den erigierten Brustwarzen die Aufmerksamkeit zuteilwurde, die ihnen nach Meinung des Designers gebührte.
    Ich hatte mir eine heiße Spur erhofft. Das hier war sich noch nicht einmal lauwarm.
    Pen brachte uns zurück zum Soho Square. Ich bat sie anzuhalten, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und huschte aus dem Wagen. »Wir sehen uns«, versprach ich.
    »Sei bloß vorsichtig, Fix«, rief sie mir nach, aber ich rannte bereits zur Ecke und zurück zur Greek Street. Ich folgte der Straße bis ich noch gut zwanzig Meter von McClennans Adresse entfernt auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Hauseingang fand, in dem ich mich verstecken konnte.
    Es dauerte nicht so lange, wie ich erwartet hatte – aber um diese Zeit herrschte wohl in der Stadt auch nicht viel Verkehr. Etwa zehn Minuten später hielt vor Gabes Tür ein Wagen: ein neonblauer BMW X5. Arnold der Wieselmann stieg auf der Beifahrerseite aus, und ein mächtiges, formloses Gebilde im Anzug quälte sich durch die hintere Tür nach draußen: Scrub. Auf der ganzen verdammten Welt konnte es keinen zweiten wie ihn geben. Er hielt die Tür auf, und Damjohn selbst stieg hinter ihm aus. Es musste auf dem Rücksitz recht eng gewesen sein. Damjohn ging ins Haus, Scrub folgte ihm, Arnold bildete die Nachhut und zog die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.
    Demnach war es belegt. Sie alle steckten mit drin. Ich wünschte nur, ich hätte die leiseste Idee gehabt, worin.

13
    E s gab einen Ort, den ich manchmal aufsuchte, um mich zurückzuziehen und neu zu sortieren: um mir ein wenig Kraft zu holen, wenn ich mich schwach fühlte, und um etwas Ruhe in dem erbarmungslosen polyfonen Shitstorm der Stadt zu finden. Bizarrerweise war es der Friedhof Bunhill Fields an der City Road unweit der Old Street Station. Es sollte eigentlich der letzte Ort auf der Welt sein, an dem ich mich aufhalten wollte, aber irgendwie war er mir mit allem dienlich, was sich dort über Tage befand – und auch noch etwa zwei Meter tiefer.
    Ein Faktor war, dass er alt war und nicht mehr benutzt wurde. Das letzte Begräbnis war mehr als ein Jahrhundert her. Alle ursprünglichen Geister hatten sich abgemeldet und waren woandershin gezogen, lange bevor ich den Ort entdeckt hatte, und es waren keine neuen Geister vorbeigekommen, um ihr Lager aufzuschlagen. Dort herrschen Ruhe und Frieden, wie ich sie nirgendwo sonst gefunden habe.
    Dann war da noch die Tatsache, dass es sich nicht um heiligen Boden handelte. Es war ein Totenacker für Nonkonformisten, voll mit all den bolschewistischen Bastarden, die seinerzeit das Spiel nach eigenen Regeln gespielt hatten, als man deswegen noch mit dem Pr ä-Aufklärungs säquivalent eines Paars Zementschuhe belohnt werden konnte. William Blake träumte dort unter der Grasnarbe von Jerusalem, und Daniel Defoe hatte

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