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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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trug, der an Richard Harris erinnerte. Normalerweise pflegte er eine Aufmachung, die man am besten als elegant bezeichnen konnte. An diesem Abend hingegen war er – wie ich – total überstrapaziert.
    Er wühlte in seinen Taschen und ignorierte mich für einen Moment, bis er eine kleine Pillenflasche fand, die etwa halb voll war. Er schüttelte zwei dunkle Kapseln heraus und schluckte sie. Dann, während die Wirkung einsetzte, erinnerte er sich an seine guten Manieren und hielt mir die Flasche einladend hin. »Aufputscher«, erklärte er unnötigerweise. »Wollen Sie?«
    Ich schüttelte den Kopf. Viele Exorzisten waren gelegentlich oder ständig auf Amphetaminen. Sie sagten – zumindest einige taten es –, sie würden dadurch sensibler für die Anwesenheit von Toten. Da war sicher etwas dran, aber ich hatte immer festgestellt, dass ich beim Runterkommen genauso viel verlor, wie ich beim Hochkommen gewann. Daher verzichtete ich gewöhnlich.
    »Das Bonnington-Archiv«, sagte ich und hockte mich auf die Schreibtischkante. Ich wollte mich nicht auf den Kundenstuhl setzen. Es hätte Gabe ein unbegründetes Gefühl von Autorität und Macht verliehen.
    »Nie gehört«, schoss er schnell und locker zurück. Ich sah in sein Gesicht, aber er schaute gerade nach unten – diesmal auf der Suche nach irgendetwas in seiner Schreibtischschublade. Dann fand er, wonach er Ausschau hielt, und holte es heraus: eine Flasche Johnny Walker Red Label, zu etwa zwei Dritteln leer.
    »Sind Sie sicher?«
    McClennan starrte mich an, dann zuckte er die Achseln, ganz entspannt und wach, jetzt, da die Drogen wirkten.
    »Ja. Geister rösten mag schnelles Geld bringen, Castor, aber das kann ich nicht im Schlaf. Weshalb? Was ist?«
    »Wahrscheinlich nichts. Aber ich führe da gerade eine Säuberung durch, und Ihr Name tauchte auf.«
    Er öffnete die Schubladen auf der anderen Seite des Tisches und beugte sich wieder nach unten, sodass ich nur seinen Hinterkopf sah.
    »Mein Name tauchte auf? Wie? Wer hat mich erwähnt?«
    »Daran kann ich mich nicht mal mehr erinnern«, log ich. »Aber jemand sagte, Sie seien dort gewesen. Möglicherweise habe ich Ihren Namen auch auf einer Quittung gesehen. Daher wollte ich kurz vorbeischauen und hören, was Sie von dem Laden halten.«
    Er schob die Schublade zu und richtete sich auf. Er sah genauso aus wie in dem Moment, als er die Tür geöffnet hatte – halb besoffen vor Erschöpfung, aber nicht unbedingt beunruhigt über irgendetwas, das ich sagte.
    »Sie haben meinen Namen nicht auf einer Quittung gesehen«, sagte er, »denn ich war nie dort. Wenn mich jemand erwähnt hat, dann muss ich woanders für ihn aktiv gewesen sein.«
    »Ja«, sagte ich bedauernd. »Das muss es sein. Typisch ich. Der Fall ist eine harte Nuss, und ich wollte mir Rat bei Ihnen holen.«
    »Das können Sie dennoch«, sagte Gabe. »Warum nicht? Wir sind beide Experten, nicht wahr? Ich kraule Ihnen die Eier, Sie kraulen mir die Eier. Scheiße, ich finde keine Gläser. Warten Sie einen Augenblick, ja?«
    Er kam um den Schreibtisch herum, ging an mir vorbei und verließ das Zimmer. Ich beugte mich vor, sodass ich durch die Tür schauen konnte, und sah, wie er die Treppe hinaufstieg. Vielleicht lieh er sich von der indischen Kopfmasseuse Hausrat.
    Inzwischen galt für mich, dass Müßiggang aller Laster Anfang war. Ich trat an den Aktenschrank und zog an der obersten Schublade. Verschlossen. Mit drei Schritten war ich an der Kopfseite des Schreibtischs, wo Gabe die oberste Schublade offen gelassen hatte. Sie war voll mit dem üblichen ungeordneten Schreibtischkram, und ich hätte fünf Minuten darin graben können, ohne etwas Nützlicheres zu finden als Bleistiftspäne und Büroklammern. Aber ich hatte Glück. Ein kleiner Ring mit zwei identischen Schlüsseln lag in der rechten unteren Ecke der Schublade, wo er trotz des offensichtlichen Chaos sofort griffbereit war.
    Ich kehrte zum Aktenschrank zurück und probierte einen Schlüssel aus. Er ließ sich drehen, und die Schublade glitt ohne das leiseste Quietschen auf.
    A bis wer weiß wo. Gabe legte seine Fälle in alphabetischer Reihenfolge ab, und die meisten hatten Karteireiter, die allesamt mit dem gleichen schwarzen Kugelschreiber beschriftet waren.
    Armitage
    Ascot
    Avebury
    Balham
    Beasley
    Bentham
    Brooks
    Verdammt! Ich blätterte zurück, aber da war nichts. Keine Bonnington-Akte, keine rauchende Pistole.
    Aber auf der Treppe waren auch keine Schritte zu hören, und ich merkte

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