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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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plötzlich, dass die Akte zur Abteilung D ganz hinten in der Schublade gehörte: Drucker. Ich wusste noch nicht einmal, woher die Inspiration kam, aber ich ging von dort zurück über Dimmock, De Vere, Dean, Dascombe … Crowther.
    Zwei Nieten. Mist!
    Ich erwartete jetzt nichts mehr, aber nur zum Spaß schob ich einen Finger zwischen Dascombe und Crowther und drückte die Aktenmappen auseinander. Dazwischen hing eine weitere, die keinen Karteireiter trug. Stattdessen stand der Name »Damjohn« mit schwarzem Filzstift auf dem Innenrand. Gabe mussten die Plastikreiterchen ausgegangen sein.
    Das Wunderbare an einem russischen Armeemantel war, dass man eine Kalaschnikow, einen Samowar und ein totes Schwein darin unterbringen konnte, ohne dass er sich sichtbar ausbeulte. Bei einem Trenchcoat war das nicht so einfach, weil der Stoff dünner und er meist enger war. Aber es war ein schmaler Hefter, und er passte genau hinein. Ich schloss die Schublade und kehrte zum Schreibtisch zurück, als ich auch schon Gabes Schritte hörte, als er die Treppe herunterkam.
    »Ist es recht, wenn wir ihn pur trinken?«, fragte er und stellte zwei Kristallgläser auf den Schreibtisch. »Ich habe kein Soda.«
    »Pur ist gut«, sagte ich. Er schenkte mir verschwenderisch ein, sich selbst auch.
    »Dann erzählen Sie mal«, forderte er mich auf.
    Ich drehte das Glas in der Hand und beobachtete, wie die Facetten das Licht einfingen. »Der Geist hat die Gestalt einer jungen Frau, deren Gesicht hinter einem tiefroten Schleier verborgen ist. Vielfache Sichtungen über einen Zeitraum – etwa drei Monate, mehr oder weniger –, aber überall im ganzen Gebäude, sodass es keinen festen Punkt gibt, von dem aus ich sie lesen kann.«
    Gabe zog die Brauen hoch. »Demnach hängen Sie so lange herum, bis sie erscheint. Klingt nicht, als sei sie besonders scheu.«
    »Ist sie nicht«, gab ich zu. »Um ehrlich zu sein, ich glaube, ich hatte sie schon halbwegs am Haken. Das ist nicht das Problem.«
    »Was dann?«
    Ich trank ein Schlückchen Whisky und ließ es um meine Zunge kreisen. »Die Kulisse«, sagte ich – mit Kulisse war im Exorzistenslang jeder Begleitumstand eines Spuks gemeint, der nicht direkt an den Geist gebunden war.
    Gabe schnaubte. »Wenn man zu lange auf die Kulisse starrt, stolpert man am Ende über die eigenen Füße. Haben Sie das nicht mal zu mir gesagt?«
    »Nein. Kann ich nicht behaupten.«
    »Es stimmt aber. Machen Sie Ihren Job, und holen Sie sich die Bezahlung ab. Was kümmert es Sie?«
    »Es kümmert mich eben.« Ich stellte das Glas hin. Was immer er an billigem, gewöhnlichem Whisky in diese Flasche gefüllt hatte, das einzige Mal, dass Johnny Walker sie gesehen haben mochte, war, wenn er jemals hineingepinkelt hatte. »Ich sehe da Schwierigkeiten. Ist Ihnen je ein Mann namens Lukasz Damjohn untergekommen?«
    Kein Augenflackern. Gabe kramte in seiner Erinnerung, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Glaube nicht. Arbeitet er in dem Archiv?«
    »Er betreibt einen Stripteaseschuppen in der Nähe von Clerkenwell Green mit einem etwas anderen Betrieb im ersten Stock für den Fall, dass jemand die Hitze kriegt und noch einen kleinen Abstecher machen möchte.«
    Gabes Gesicht war ein einziges Fragezeichen. »Er ist Zuhälter«, stellte ich klar.
    »Schön, und in welcher Verbindung steht er zu dem Geist?«
    »Ich bin mir noch nicht sicher. Ich denke, er hat die Frau möglicherweise getötet.«
    Gabes Unterkiefer klappte nach unten. Nur für eine Sekunde, dann zog er ihn wieder hoch und versuchte, geistesabwesend auszusehen, womit er ein interessantes Schauspiel darbot. »Woher wissen Sie, dass Sie es mit einem Mord zu tun haben?«, fragte er. »Hat sie Verletzungen oder etwas Ähnliches?«
    »Etwas Ähnliches«, sagte ich. Dann warf ich einen beiläufigen Blick auf die Uhr, schaute ostentativ ein zweites Mal hin und stand eilig auf. »Mist, Gabe, das muss jetzt leider warten: Mir ist gerade eingefallen, dass ich um fünf jemanden treffen muss.«
    »Sie müssen jemanden treffen?«, wiederholte McClennan. »Sie machen mitten in der Nacht Termine? Setzen Sie sich! Nehmen Sie noch einen! Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie mir nicht den ganzen Fall schildern.«
    Er versuchte, mein Glas aufzufüllen, das schon fast voll war. Ich zog es weg. »Ich komme ein anderes Mal wieder«, sagte ich und ging zur Tür.
    Er kam plötzlich auf die Füße. Es war klar, dass er vorhatte, mich aufzuhalten. Aber ich ging weiter, hinaus in die Diele, dann auf

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