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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Taschen, und er sah fragend zu mir hoch.
    »Haben Sie den brennenden Wunsch, für ein wenig Gerechtigkeit zu sorgen?«, fragte ich.
    Er blies die Backen auf und dachte nach. »Nicht wirklich«, sagte er dann. »Sie sagen Jeffrey Bescheid, nicht? Dann wird alles seinen Lauf nehmen. Ich meine, ich bin verdammt sauer, verstehen Sie mich nicht falsch, aber im Grunde betrifft mich das nicht. Jedenfalls nicht besonders.«
    »Ich arbeite nicht mehr für Peele. Er hat mir gekündigt, wie Sie sicher wissen. Ja, ich könnte zur Polizei gehen – aber um ehrlich zu sein, da gibt es noch eine andere Frage, auf die ich vorher eine Antwort haben will. Ich möchte Ihnen etwas zeigen, und ich möchte, dass Sie sich das in aller Ruhe und ganz neutral ansehen, ja?«
    Es dauerte einige Zeit, bis er sich zu einem Entschluss durchrang, aber am Ende nickte er und stand auch auf. Ich verließ die Bar und ging voraus über den Platz und auf die Straße. Wir überquerten sie, während Rich etwa drei Schritte hinter mir blieb. Es war offensichtlich, wohin wir wollten.
    »Um diese Uhrzeit kommen wir niemals rein«, sagte Rich, und seine Stimme klang nervös. »Die Alarmanlage ist eingeschaltet.«
    »Nur die Türen der Tresorräume sind einbruchsicher. Aber wir gehen nicht ins Archiv. Jedenfalls nicht im Wortsinne.«
    Wir bogen in die Churchway Street ein. »Sie haben noch nichts über den Geist gesagt«, meinte Rich.
    »Richtig. Dazu möchte ich Ihnen etwas zeigen.«
    Wir blieben vor der anderen Tür stehen, die aussah, als führte sie nirgendwohin, erst recht nicht zu einem der Tore zur Hölle.
    »Was ist das?«, fragte Rich.
    Ich stieg die drei Stufen hoch und wies auf die beiden Schlösser in ihren ausgeschnittenen Feldern der Holzplatte, mit der die Tür vernagelt war. »Deshalb hatte ich Sie gebeten, Ihre Schlüssel mitzubringen«, sagte ich.
    Er war sichtlich konsterniert, und ihm war auch eine gewisse Furcht anzusehen. »Aber – meine Schlüssel gehören zum Archiv.«
    »Sehen Sie sich den Bund an. Einer müsste mit einem Anhänger mit dem Bild eines Vogels und eines fassähnlichen Behälters gekennzeichnet sein. Der andere hat einen Anhänger mit dem Namen ›Schlage‹ darauf. Lassen Sie sich Zeit! Sie sind bestimmt dabei.«
    Rich holte den wuchtigen Schlüsselring hervor und begann zu suchen. In dem schwachen Licht musste er Probleme haben, die Schlüssel voneinander zu unterscheiden. Er brauchte fast zwei Minuten, doch dann fand er sie: zuerst den Falcon-, dann den Schlage-Schlüssel.
    »Probieren Sie sie in den Schlössern aus«, forderte ich ihn auf.
    Zuerst versuchte er sein Glück mit dem Falcon-Schlüssel, schob ihn ins Schlüsselloch und drehte ihn. Wir vernahmen beide das Klicken. Dann nahm er den Schlage. Diesmal kein Geräusch, aber die Tür, die lose im Rahmen hing, schwang unter ihrem eigenen Gewicht etwa drei Zentimeter weit auf.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Rich, drehte sich um und starrte mich mit einem fragenden Blick an.
    »Alle Schlüsselbunde sind gleich, richtig? Sie alle wurden im Laufe der Jahre von Archivar zu Archivar weitergegeben. Sie, Alice und Jeffrey haben je einen kompletten Satz, und keiner von Ihnen benutzt mehr als die Hälfte der Schlüssel. Das haben Sie mir gleich am ersten Tag, als ich hierherkam, erzählt.«
    »Ja, das stimmt, aber …«
    »Werfen Sie einen Blick hinein«, empfahl ich. »Jemand hat diese beiden Schlüssel noch vor Kurzem benutzt.«
    Er drückte die Tür ganz auf und trat über die Schwelle. Ich folgte ihm und knipste das Licht an. Rich sah sich in dem tristen kleinen Raum um, dessen Boden jetzt wegen der geborstenen Fenster mit Glasscherben bedeckt und kälter war als je zuvor.
    »Lieber Himmel«, sagte er. Dann sog er schnüffelnd die Luft ein und schüttelte sich von dem sauren Geruch.
    »Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, Jon Tiler versteckt das Zeug hier unten?«, fragte er mit angespannter Stimme. »Es riecht wie …« Seine Stimme versagte.
    »Wie was?«
    »Wie – ich weiß nicht.«
    Ich ging an ihm vorbei in die Mitte des Raums und drehte mich zu ihm um. Sein Gesicht war blass. »Was jetzt kommt, klingt unfassbar«, sagte ich. »Es ist eine total verrückte Geschichte. Verrückt und widerlich. Hier starb eine Frau. Nicht durch einen Unfall. Man hat sie ermordet. Davor war sie hier lange eingeschlossen – tagelang, vielleicht sogar über Wochen.«
    Richs Blick wanderte von links nach rechts, nahm Maß. »Aber das ist …«, sagte er.
    »Ja. Es ist ein Teil

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