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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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sie auch nicht, so zu handeln. Wie hat er es ausgedrückt?« Pen runzelte die Stirn und dachte nach. »Sie hasst unbeugsame Männer mehr als unterwürfige. Einen charaktervollen Mann mehr als einen schwachen. Einen Herrn mehr als einen Sklaven.«
    »Er sollte lieber Botschaften für Glückskekse schreiben«, sagte ich und küsste sie auf die Wange. »Es wäre mindestens ebenso nützlich.«
    Sie trat beiseite und ließ mich vorbei.
    *
    Es würde kompliziert werden. Es gab so viele Dinge, die zum richtigen Zeitpunkt geschehen mussten, und das Erste geschah vielleicht gar nicht. In diesem Fall wären all meine Vorbereitungen unnötig gewesen, die unvollendete Aufgabe des Geists bliebe unvollendet, und ich wäre wahrscheinlich in Kürze tot – entweder endete ich als Sukkubusmahlzeit oder einfach als Biomüll.
    Aber ich zog es vor, das Ganze positiv zu sehen. Ich würde bei meinem Untergang verdammt viel Lärm machen.
    Rich hatte mich um einundzwanzig Uhr angerufen, nachdem er vom Empfang nach Hause zurückgekehrt war, geduscht und lange darüber nachgedacht hatte, ob er sich überhaupt bei mir melden solle.
    »Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht, Castor?«, fragte er und klang ehrlich verwirrt. »Der Geist ist nicht einfach erschienen, nicht? Sie haben ihn gerufen. Cheryl drohte, sie würde Sie in der Luft zerreißen, wenn sie Sie jemals wiedersehen sollte, und Alice – nun, das wollen Sie gar nicht wissen. Sie wollte die Polizei rufen. Sie hat es nur aus dem Grund nicht getan, weil sie den festlichen Anlass nicht stören wollte.«
    Ich wartete, bis er sich ein wenig abgeregt hatte, dann informierte ich ihn, dass ich die Angelegenheit aufgeklärt hatte.
    »Welche Sache?« Klang bei der Frage noch so etwas wie Verwirrung durch, schlich sich anschließend ein Ausdruck von Verärgerung in seine Stimme. »Sie sollten den Geist verbannen, nicht wahr? Was gibt es da aufzuklären?«
    »Wie die Frau zu einem Geist wurde«, antwortete ich knapp.
    Rich brauchte ein paar Sekunden, um das zu verdauen.
    »Na schön«, sagte er schließlich, »und wie ist es passiert?«
    »Nicht jetzt. Wir treffen uns an der Euston Station, klar? Auf dem großen Platz vor dem Bahnhof am Eingang Eversholt Street. Dreiundzwanzig Uhr müsste klappen. Dann erzähle ich Ihnen alles.«
    »Warum mir?« Die Frage lag auf der Hand. Ich war erstaunt, dass er jetzt erst darauf kam.
    »Weil im Bonnington zwei Schandtaten begangen wurden«, sagte ich. »Eine war ein Diebstahl, und da Sie das Opfer waren, dachte ich, dass Sie mehr darüber wissen wollen.«
    Rich zierte sich ein wenig, dann versprach er, dort zu sein. Ich legte auf und begann die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.
    Da war ich nun, zehn Minuten zu früh. Auf der aus grauem Beton gegossenen Piazza vor dem Bahnhof herrschte nur wenig Betrieb, und es war nicht schwierig, sich zu vergewissern, dass keiner von uns verfolgt worden war – zumindest nicht von übereifrigen Laien. Ajulutsikael war ein ganz anderes Kaliber. Sie hatte jetzt meine Witterung, und ich musste davon ausgehen, dass sie mich aufspüren konnte, ohne mir so nahe kommen zu müssen, dass ich sie sehen konnte.
    Ich fand eine abgeschiedene Ecke und lungerte dort untätig herum. Eine Telefonzelle und eine Plakatwand gaben mir eine gewisse Deckung und ermöglichten mir zugleich freie Sicht sowohl auf den Haupteingang des Bahnhofs als auch auf die Treppe, die von der U-Bahn nach oben führte. Fast niemand war zu sehen. Ein paar japanische Studenten mit überdimensionalen Rucksäcken drängten sich vor einer automatischen Tür und sahen wiederholt nervös auf ihre Uhren; ein Obdachloser mit einem großen schmuddeligen Sportbeutel trank White Lightning aus einer Dose, die er gerade von einem Viererpack abgetrennt hatte; zwei Mädchen in rosafarbenen Trainingsanzügen, zu jung, um so spät noch draußen zu sein, saßen Rücken an Rücken auf einer Bank mir genau gegenüber und teilten sich ein Paar Kopfhörer. Nichts von alledem sah nach Hinterhalt aus, aber ich blieb trotzdem wachsam. Ich betrat in diesem Moment eindeutig Nicky-Territorium: Man freundete sich mit Paranoia an, wenn sie einem als Überlebenshilfe nützte.
    Rich kam um dreiundzwanzig Uhr fünfzehn die Treppe herauf, schaute sich suchend um und fand mich nicht. Er hatte seinen festlichen Hochzeitsanzug gegen dunkle Jeans, ein Quicksilver-Sweatshirt und Turnschuhe ausgetauscht.
    Ich trat aus meinem Versteck und ging auf ihn zu. Er wandte sich um, sah mich und kam

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