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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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war etwas, das Damjohn völlig selbstverständlich tat, teils, weil es seinen Geschäften nützte, teils, weil es ihm Spaß machte. Er hatte sogar einen beiläufigen Versuch unternommen, mit mir das Gleiche zu tun, als er mir an Stelle von Bargeld Zeit mit den Mädchen angeboten hatte, und ein weiteres Mal, als er mir mit eindeutiger Absicht den gleichen Handel vorgeschlagen hatte, mit dem Mephisto Faust in Versuchung geführt hatte. Ich fragte mich, ob es daher kam, dass er in einem früheren Leben als Informant und Agent provocateur agiert hatte. Vielleicht vermittelte es einem ein gutes Gefühl, wenn man sich immer wieder aufs Neue bewies, dass jeder Mann seinen Preis hatte und dass die meisten einen Preis hatten, der deutlich niedriger war als der eigene.
    In Richs Fall hatte Damjohn erkannt, dass die eigentliche Achillesferse des Mannes eher mit Sicherheit als mit Sex zu tun hatte. Als Vermittler junger Mädchen für Londoner Bordelle tätig zu sein, kam Richs Nostalgie de la boue entgegen, aber er hatte nicht auch nur jemals im Traum daran gedacht, seinen Job im Bonnington-Archiv aufzugeben. Er hing an dem regelmäßigen Einkommen und der festen Arbeitszeit von neun bis siebzehn Uhr. Daher war das der Bereich, in dem Damjohn seine Manipulationsversuche startete. Jedesmal, wenn sie sich unterhielten, brachte er das Gespräch auf das, womit Rich seinen Lebensunterhalt verdiente, und auf seinen Arbeitsplatz. Er dachte laut darüber nach, dem Archiv einen Besuch abzustatten, was Rich ihm mit aller Macht auszureden versuchte. Er fragte Rich, welchen Wert die Sammlung hatte, wie und wo sie aufbewahrt wurde und welche Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen worden waren.
    Bei einer Gelegenheit hatte Rich die seltsame kleine vergessene Zimmerflucht erwähnt, die neben den offiziellen Räumlichkeiten existierte. Er hatte sie mehr oder weniger durch Zufall entdeckt, und zwar an einem ereignislosen Sommernachmittag, während Peele und Alice einen gemeinsamen Kurzurlaub in den Norfolk Broads verbrachten und der Betrieb praktisch von selbst lief. Rich langweilte sich, war unruhig und zählte bereits die Tage bis zu seiner nächsten Osteuropareise. Außerdem gab es im Archiv wenig zu tun. Er wanderte durchs Haus und versuchte sein Glück mithilfe seines Schlüsselbunds an Türen, die er noch nie offen gesehen hatten, und dabei fiel ihm das fehlende Stück im Erdgeschoss auf, und er fragte sich, was es verdammt noch mal damit auf sich haben könnte. Danach hatte er nicht sehr lange gebraucht, um die Antwort auf diese Frage zu finden.
    Sobald er Damjohn davon erzählt hatte, wollte sich dieser die Räume ansehen. Auch diesmal versuchte Rich, ihm diese Idee auszureden, aber Damjohn gehörte nicht zu denen, die sich durch ein Nein auf Dauer von einer einmal geäußerten Absicht abhalten ließen. Er bearbeitete Rich ständig mit neuen Fragen, bis Rich ihm und Scrub eines späten Abends die Tür öffnete. Sie maßen die Räume mit Schritten aus und unterhielten sich jedesmal murmelnd, sobald Rich sich für einige Schritte von ihnen entfernte. Dann schickten sie ihn ins Archiv und riefen ihm durch die Wand etwas zu, um die Akustik zu testen. Er konnte kaum etwas hören, selbst als Scrub brüllte wie ein Stier. Doppelte Mauern, kombiniert mit einer modernen Isolierung, wie sie für solche Tresorräume vorgeschrieben war. BS 5454 zeigte wieder ihre hässliche Fratze.
    Damjohn eröffnete Rich, er habe Pläne für die Verwendung der geheimen Räume. Er brauchte ständig Orte, wo er einige seiner Mädchen für ein paar Tage oder Wochen unterbringen konnte, sobald sie in London eingetroffen waren, ehe sie auf die verschiedenen Etablissements überall im Land verteilt würden. Damjohn besaß in London selbst einige geeignete Immobilien, anscheinend sogar eine ganze Menge, aber er wollte eine strikte Trennung zwischen den legalen und den illegalen Bereichen seines Geschäftslebens aufrechterhalten. Die Räume im Bonnington wären hervorragend geeignet, neue Mädchen für die Apartments zu »präparieren«, wie er es zynisch nannte.
    Rich war anderer Meinung und flehte Damjohn an, es sich noch einmal zu überlegen. Das Schicksal der Mädchen störte ihn dabei weniger, aber, Gott im Himmel, das Risiko für ihn – wenn es herauskäme, verlöre er seinen Job. Wahrscheinlich würde er sogar ins Gefängnis wandern. »Was meinen Sie denn, wo Sie landen würden, wenn herauskäme, dass Sie aktiv an Menschenschmuggel beteiligt waren, Mr Clitheroe?«,

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