Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
Vom Netzwerk:
Während Snezhna gut aussah, musste man Rosa zugestehen, dass sie eine Schönheit war – oder zumindest, dass sie Rich in jeder Hinsicht verzauberte. Er wurde geradezu poetisch, als er sie beschrieb, wobei er nicht wusste, dass ich ihr bereits im Stripteaseclub begegnet war. Rosa war atemberaubend, sagte er, mit unwahrscheinlich großen Augen, kastanienbraunem Haar, das bis auf ihren Rücken herabwallte, und unaufdringlichen weiblichen Rundungen, die eine eher platonische Wirkung auf den Betrachter ausübten. Rich meinte, sie sei jene Art von Frau, die stets aussah wie eine Jungfrau, selbst wenn man mit ihr schlief – jemand, den man haben musste, und zwar in jedem anrüchigen Doppelsinn.
    Daher versprach er Snezhna weiter den Mond auf einem Silbertablett, während er für die beiden Flugtickets nach Stockholm buchte und Dieter eine kurze Nachricht schickte, dass er diesmal zwei für den Preis von einer an Land gezogen habe. Er traf sich noch dreimal mit Snezhna, wobei keine weiteren Intimitäten als ein freundschaftlicher Kuss auf die Wange ausgetauscht wurden. Das Mädchen glaubte tatsächlich, alles, was Rich unternahm, geschehe nur aus uneigennütziger Freundschaft. Sie war noch nicht einmal so zynisch, zu vermuten, dass er ihr nur an die Wäsche wolle, geschweige zu erraten, welche Absichten er in Wahrheit verfolgte.
    Daher kehrte Rich nach London zurück, fühlte sich etwas frustriert, war aber zugleich durchaus zufrieden, anständige Arbeit geleistet zu haben. Hinzu kam, dass er in diesem Monat deutlich mehr Betriebskapital zur Verfügung hatte. Zufrieden und gut gelaunt kehrte er an seinen Arbeitsplatz zurück.
    Diese Stimmung verflog teilweise eine Woche später, als Damjohn ihm andeutungsweise mitteilte, dass in Kürze ein neues Mädchen in den geheimen Räumen untergebracht würde. Ein neues Mädchen, fragte Rich, als sein Interesse sich regte. Vielleicht könnte er ein wenig von der sexuellen Spannung abbauen, unter der er stand, seit er Rosa kennengelernt hatte.
    Aber das Mädchen, das im Keller unter den Tresorräumen des Bonnington-Archivs wohnte, war Snezhna.
    Rich reagierte mit gemischten Gefühlen. Einerseits erinnerte ihn der Gedanke an Snezhna sofort an Rosa und an seine Gefühle für sie, die ein Gemisch aus zwei Teilen Nostalgie und drei Teilen Libido waren. Andererseits musste Snezhna inzwischen durchschaut haben, dass er sie hinters Licht geführt hatte – indem er sie und ihre Schwester in die Prostitution gelockt hatte –, und es reizte ihn nicht gerade, sie wiederzusehen. Gut, Sinn und Ziel des »Präparierens« bestanden im Wesentlichen darin, den neuen Mädchen den Willen zur Gegenwehr auszutreiben, ihren Widerstand zu brechen und sie gefügig zu machen. Aber die Vorstellung, Snezhna wieder in die Augen zu sehen, verursachte ihm tiefes Unbehagen.
    Daher entschuldigte er sich. Er erklärte Damjohn, er wolle sich diesmal nicht an den Präparierungsmaßnahmen beteiligen. Damjohn wollte das Motiv erfahren, und er erfand eine Geschichte über einen Ausfluss aus seinem Penis, weswegen er sich in ärztliche Behandlung begeben wolle. Offensichtlich wollte Damjohn nicht, dass die neue Ware vorzeitig verdorben wurde, daher nahm er Rich seine Begründung ab und traf andere Arrangements.
    Was denn mit Rosa sei, fragte Rich so beiläufig wie möglich. »Nichts ist mit Rosa«, entgegnete Damjohn. »Zumindest, soweit es Sie betrifft.« Sie war zu gut für die Apartments. Nachdem sie einige Wochen Zeit gehabt hatte, sich mit ihrem weiteren Schicksal abzufinden, wollte er sie versuchsweise im Kissing the Pink einsetzen. Möglicherweise würde er sich auch persönlich um ihre weitere Ausbildung kümmern.
    Rich ließ das Thema fallen und begab sich wieder an die Arbeit. Aber seine Lust ließ ihm keine Ruhe. Immer wieder dachte er an Rosa und wünschte sich, sie wiedersehen zu können, vielleicht sogar derjenige zu sein, der sie mit ihrem neuen Gewerbe vertraut machte. Vergebens. Damjohn würde ihn auslachen, wenn er diesbezügliche Fragen stellen sollte und dann die Information, dass er sich in das Mädchen verliebt hatte, auf irgendeine Weise gegen ihn benutzen. So war er nun mal, und Rich war zu sehr auf Selbstschutz bedacht, um diese kleine Nebenerwerbsquelle wegen einer sexuell bedingten Vernarrtheit zu gefährden.
    Aber da sich Rosa außerhalb seiner Reichweite befand, erschien Snezhna ihm zunehmend reizvoller. Er spielte mit dem Gedanken, sie im Keller zu besuchen. Tag für Tag beschäftigte ihn

Weitere Kostenlose Bücher