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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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wichtigen Abläufe im Hintergrund zu koordinieren?
    Aber Peele hatte jemanden von außen präsentiert. Er hatte Alice vom Keats House abgeworben: Alice, die – und das musste ganz deutlich gesagt werden – rein biologisch jünger als Rich war, auf weniger Dienstjahre zurückblicken konnte und außerdem eine Frau war.
    Er war wie vom Blitz getroffen gewesen. Nun, wer wäre das nicht in einer solchen Situation? Erleben zu müssen, wie andere die erbrachten Leistungen unterbewerteten, wie man beiseitegeschoben wurde und dafür nicht einmal eine Erklärung, geschweige denn eine Entschuldigung erhielt. Rich hatte Jeffrey aufgesucht, sobald er davon erfahren hatte, und eine förmliche Beschwerde vorgebracht. Er erfuhr, dass die Entscheidung auf der JMT-Ebene gefallen war. Sie wollten jemanden, der eine mehr managementorientierte Ausbildung absolviert hatte. Er wies darauf hin, dass es ihm vielleicht schwerfallen könnte, in einem Team unter jemandem zu arbeiten, der ihm eine Beförderung vor der Nase weggeschnappt hatte. Jeffrey meinte daraufhin, wenn Rich dieses Gefühl habe, würde seine Kündigung nur ungern angenommen und seine Beurteilung ausgesprochen positiv ausfallen.
    Mit anderen Worten, er war ins Knie gefickt.
    Daher wurde Rich recht zynisch und verbittert, was seinen Job im Archiv betraf. Er brauchte ihn nach wie vor wegen des regelmäßigen Einkommens, aber er entschied, nicht mehr Zeit und Energie auf ihn zu verwenden, als unbedingt nötig war, und da der Aufstieg nur über eine frei werdende Stelle möglich war, musste er nach einer anderen Möglichkeit suchen, sein Einkommen aufzubessern und sich einen Lebensstil anzueignen, der ihm seiner Meinung nach von Rechts wegen zustand.
    »Ich wollte nie Millionär sein«, protestierte er und schniefte, während er sich die Augen mit der Handkante rieb. »Ich wollte nur nicht für den Rest meines Lebens im gleichen gottverdammten Loch eingesperrt sein. Man braucht ein wenig Luxus, um halbwegs normal zu bleiben.«
    Seit er in London wohnte, hatte er regelmäßig eins von Damjohns Freudenhäusern besucht – nicht das Kissing the Pink , sondern ein anderes Etablissement draußen in Edmonton, das kein Hehl daraus machte, was in seinen Räumlichkeiten stattfand, und nicht mit Nettigkeiten wie einem Getränkeausschank oder einer weithin leuchtenden Neonreklame aufwartete. Damjohn selbst erschien dort jeden Donnerstag, um die Einnahmen abzuholen, und das Eis zwischen ihnen brach, als Rich Damjohns serbischen Akzent erkannte und sich mit ihm in seiner Muttersprache unterhalten konnte.
    Damjohn hatte großes Interesse an Richs Fremdsprachenkenntnissen. Er lud Rich zum Dinner in einem eleganten Hotel ein und baggerte ihn regelrecht an. Er habe, ließ er durchblicken, eventuell eine interessante freie Stelle für einen attraktiven jungen Westeuropäer mit gültigem britischem Reisepass, der die russische, tschechische und serbische Sprache beherrschte. Es wäre überdies eine einfache Tätigkeit, nur sporadisch auszuüben, gut vergütet und durchaus mit einem regulären Beruf in Einklang zu bringen. Rich schluckte den Köder.
    Es sei schwierig gewesen, Nein zu sagen, erzählte er mir. Damjohns Art sei geradezu übermächtig, er reiße einen einfach mit. Rich sah mich herausfordernd an, als wäre ich im Begriff, ihm zu widersprechen. »Er ist kein Serbe, müssen Sie wissen«, sagte er im gleichen angriffslustigen Tonfall. »Er war an diesem Kosovo-Scheiß beteiligt, aber nur, weil er sich gerade dort aufhielt und mit hineingezogen wurde. Seine Familie stammte aus Slowenien – und nachdem Slowenien sich selbstständig gemacht hatte, erging es ihnen im Kosovo fast genauso dreckig wie den Albanern. Aber er hielt sich gerade in Vlasenica auf, als die serbische Armee hindurchzog, und hatte das Glück, sich mit einem Oberst anzufreunden. Nikolic, der die Bevölkerungszahlen in der Region aktualisieren wollte. Nikolic hatte nicht die geringste Ahnung, daher war Damjohn ihm behilflich. Er erzählte ihm, wo Leute wohnten und ob sie dort noch anzutreffen seien.«
    »Leute?«, wiederholte ich. »Welche Leute? Albaner? Muslime?«
    Rich zuckte die Achseln. »Leute«, wiederholte er zögernd. »Der Punkt ist, dass Damjohn über eine besondere Fähigkeit zu überleben verfügte. Er hätte auch vor einem Erschießungskommando landen können, aber er machte sich nützlich und wurde nach und nach unersetzlich. Als sie das Konzentra…, das Transitlager in Susica einrichteten, gehörte er zum

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