Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Ihnen gegangen?«
»Was?«
»Dieses vornehme Hotel. Wo war das?«
»Oh!« Für einen kurzen Augenblick runzelte er die Stirn, dann angelte er es aus seiner Erinnerung. »Es war das Conrad, draußen in Chelsea.«
Bingo!
Aber eigentlich war es nicht mehr als eine Vermutung, und da ich gegen die Uhr arbeitete, musste ich endlich aktiv werden. Ich wies auf das Telefon, und Rich reichte es mir, wodurch er, als ich mit der Handschelle ausholte, den Arm nicht schnell genug nach unten bekam, um mich abzublocken. Ich traf ihn in der Magengrube und legte mein ganzes Gewicht in den Schlag. Er prallte mit dem Rücken gegen die Wand und rutschte mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund daran herab. Während er noch benommen den Kopf schüttelte, drehte ich ihm die Hände auf den Rücken und fesselte sie mit dem Strick, der praktischerweise neben der Matratze lag.
»Wa…, warum haben Sie das getan?«, gurgelte er, als er wieder genügend Luft holen konnte, um zu sprechen. »Castor, was tun Sie? Ich habe alles gemacht, was Sie von mir verlangt haben!«
»Ich weiß«, gab ich zu, schlang den Strick um seinen Hals und machte einen weiteren Knoten. Er wehrte sich, aber ich hatte ihn ganz gut unter Kontrolle, und er war immer noch geschwächt von dem Überraschungstreffer. »Aber ich muss jetzt einiges erledigen, und das Letzte, was ich mir wünsche, ist, dass Damjohn und Sie zusammenkommen und Ihre Differenzen beilegen.« Ich fädelte das freie Ende des Strickes durch den einzementierten Eisenring und verknotete es. Rich lag auf dem Bauch und sah mich nicht, aber er erriet ein oder zwei Sekunden zu spät, was ich tun wollte, rollte sich hektisch herum und mühte sich ab, um auf die Beine zu kommen. Zwecklos. Das Seil hatte nur noch etwa vierzig Zentimeter Spiel. Er schaffte es gerade noch bis in eine kniende Position, dann war Schluss.
»Castor, nein!«, brüllte er, und der Ausdruck in seinen Augen kam dem eines Wahnsinnigen ziemlich nahe. »Lassen Sie mich nicht hier zurück! Nicht mit ihr!«
Ich angelte das Handy vom Boden und stand auf. Mitleidlos sah ich auf ihn hinab. Ich empfand nichts außer einem Anflug von Erleichterung, dass ich schon in Kürze seine Nähe nicht länger ertragen müsste.
»Ihnen wird nichts passieren«, versicherte ich ihm gegen meine Überzeugung. »Sie mag diesen Raum noch nicht mal. Sie erinnert sich, was Sie ihr hier angetan haben. Seit ihrem Tod hat sie jeden Tag gegen die Anziehung dieses Ortes angekämpft. Sie wollte nicht hierher zurückkehren, konnte den Ort aber auch nicht völlig hinter sich lassen. Es gibt Dinge, die sie noch nicht abgeschlossen hat, und ich werde heute meinen Beitrag dazu leisten, um sie abzuschließen. In der Zwischenzeit kann ich Ihnen nur den Rat geben, ganz ruhig zu bleiben. Erhöhte emotionale Schwingungen würden sie nur hierher locken.«
Rich brüllte immer noch, als ich die Treppe hinaufstieg, oben die Tür abschloss und den oberen Raum durchquerte. An der Tür blieb ich stehen und horchte. Ich konnte seine Stimme noch hören, aber nur, weil ich wusste, dass sie existierte. Die Schallisolierung war wirklich hervorragend.
Die äußere Tür fiel hinter mir mit der Endgültigkeit eines Sargdeckels ins Schloss.
*
Wenn man berücksichtigte, dass es einst eine Kohleladestation für die verschiedenen Londoner Eisenbahnlinien gewesen war, hatte Chelsea Harbour sich sehr gut entwickelt. Die Lage war wie allgemein das Entscheidende. Es machte nichts aus, dass es ein Kohlenbunker inmitten einiger der sich am schnellsten entwickelnden Wohngebiete ganz Londons war. Ende der 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts waren einige clevere Investoren erschienen und hatten einen Jachthafen angelegt, und zwei Jahre später war das Conrad Hotel gebaut worden. Es war nicht gerade Henley, aber man konnte es als eine Art miniaturisiertes, tragbares Henley ansehen, das um einiges günstiger zu Harrods und Harvey Nicks lag.
Ich näherte mich ihm vorsichtig, weil ich nicht zu der Art von Klientel gehörte, die das Conrad, das Design Centre und die Belle Époque unter großen Mühen in ihre Mauern locken wollen. Das Taxi setzte mich am oberen Ende der Lots Road ab. Dort befand sich der Eingang zu einem Labyrinth geschlossener Wohnanlagen, von wo man zu Fuß schneller und einfacher ans Ziel gelangte.
Fünf Minuten nach Mitternacht. Ich hatte fast eine Stunde gebraucht, um vom Bonnington herzukommen, mit einem Zwischenstopp in Pens Garage, um einen Bolzenschneider und ein Brecheisen
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