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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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jemand einen Schalter betätigt, und es war wieder Rich, schreiend und plappernd, der sein Gesicht mit den Fingern abtastete, als wollte er es von seinem Schädel reißen. Ich bückte mich und hinderte ihn daran, sich in seiner Panik zu blenden.
    »Ich helfe«, versprach er und hob eine Hand, als wollte er einen Schlag abwehren. »Bitte! Ich helfe. Ich ziehe mit Ihnen an einem Strang. Das können Sie ihr sagen. Lassen Sie nicht zu, dass sie mich berührt! Bitte!«
    »Das ist prima«, sagte ich. »Aber zuerst müssen Sie sich beruhigen und zu Atem kommen.«
    Das dauerte eine Weile. Als sich sein Atem so weit beruhigt hatte, dass man annehmen konnte, er sei wieder in der Lage, normal zu sprechen, holte ich mein Handy heraus und warf es ihm in den Schoß.
    »Rufen Sie an«, befahl ich ihm. »Es ist wieder ein Notfall eingetreten.«

21
    R ich schaltete das Handy ein und wartete darauf, dass sein Display aufleuchtete und es ein Netz fand. Nichts geschah. Er starrte es zitternd an, jeglicher Initiative durch den psychischen Tiefschlag beraubt, den er soeben hatte einstecken müssen. Als er mich ansah, lag in seinen Augen eine stumme Bitte.
    »Verdammter Mist«, schimpfte ich. »Geben Sie her!«
    Es war das alte Problem: kein Saft. Innerlich fluchend klickte ich mich durch einige nicht funktionierende Alternativen und hatte plötzlich eine Eingebung. In meiner Brusttasche fand ich das Handy, das ich Arnold abgenommen hatte, nachdem ich ihn in der Herrentoilette des Runagate in Chelsea ins Reich der Träume geschickt hatte. Ich gab es an Rich weiter.
    Er wählte mühevoll und brauchte drei Anläufe, ehe er die Nummer korrekt eingetippt hatte. Dann warteten wir und lauschten statischem Rauschen, während sich der Ruf durch den Cyberspace schlängelte. Ich hörte genau zu, den Kopf an seinen gepresst. Ich traute Rich nicht zu, ohne einen Kopiloten den gewünschten Kurs zu fliegen. Im Geiste sah und hörte ich das Telefon im Kissing the Pink klingeln und Wieselgesicht Arnold den Hörer abheben.
    »Ja?«
    »Hier Richard Clitheroe«, sagte Rich. »Ich muss Mister Damjohn sprechen.« Eine bedeutungsvolle Pause entstand, und dann fügte er hinzu: »Es geht um Castor.«
    »Einen Augenblick«, murmelte die Stimme am anderen Ende.
    Sie ließen ihn warten. Damjohn war für niemanden direkt erreichbar, erst recht nicht für jemand so Unwichtigen wie Rich. Während die Pause andauerte, fragte ich mich, ob sie Probleme hatten, Damjohn zu erreichen. Vielleicht hielt er sich ganz woanders auf.
    Nach etwa einer Minute meldete Arnold sich wieder. »Er ist auf dem Boot«, sagte er und klang leicht verärgert, als hätte der Chef ihn zusammengestaucht, weil er ihn gestört hatte. »Er sagte, Sie sollen dort anrufen.« Er rasselte die Nummer herunter, und Rich tat, als schriebe er mit, während wir beide uns bemühten, sie im Gedächtnis zu behalten. Rich führte sofort das nächste Gespräch, wobei seine zitternden Hände wieder für einige Fehlstarts sorgten. Wir hörten den Rufton, und er erklang für eine halbe Ewigkeit. Dann endlich meldete sich jemand.
    »Hallo?« Damjohn. »Clitheroe?«
    »Mister Damjohn, ich muss mit Ihnen sprechen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich verhalten soll.« Ich musste zugeben, dass Rich überzeugend verängstigt und beunruhigt klang. Aber ich denke, es kam vorwiegend daher, dass er sich wirklich in diesem Zustand befand. Eine derart jämmerliche Angst konnte man nicht spielen.
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Damjohn knapp. »Sie hätten mich eigentlich nicht anrufen dürfen, aber da Sie es nun mal getan haben, verraten Sie mir Ihr Problem – und bitte keine hysterischen Anfälle, wenn es geht!«
    Rich schickte mir einen ängstlichen Blick und schaute schnell wieder weg.
    »Es geht um Castor«, sagte er. »Er war bei mir.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Dann fragte Damjohn: »Weshalb? Was weiß er?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf. Wir hatten diese Unterhaltung bereits geprobt, aber ich wollte sichergehen, dass Rich nicht auf die Idee kam zu improvisieren und dass Damjohn nicht so in Panik geriet, dass er Rosa etwas Schlimmes antat.
    »Nichts«, sagte Rich. »Er weiß gar nichts. Aber er – er stellt eine Menge Fragen.«
    »Mit wem redet er? Nur mit Ihnen oder mit jedem?«
    »Keine Ahnung.« Rich legte einen überzeugenden Unterton von Furcht und Besorgnis in seine Stimme. »Sehen Sie, ich ertrage das alles nicht mehr. Ich muss jederzeit mit einer Anklage

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