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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Kerben und Schleifspuren gezeichnet, aber augenscheinlich trotzdem echt und solide. Neben der Tür prangte eine Messingtafel, die mit serifenreicher Förmlichkeit verkündete, dies sei das Bonnington-Archiv, unterhalten von der Corporation of London und angegliedert den Joint Museums und der Trusts Commission. Es waren auch Öffnungszeiten aufgeführt, aber es sah nicht aus, als wäre dies ein Ort, den zu besuchen die Welt sich drängte.
    Ich ging hindurch und gelangte in eine sehr große, sehr eindrucksvolle Eingangshalle.
    Vielleicht hatte ich in meiner Schätzung, wie alt dieser Ort war, um ein Jahrzehnt danebengelegen: Die nüchternen schwarzen und weißen Fliesen auf dem Boden strahlten die moralische Strenge Ihrer schwarz-weißen Majestät Victoria aus. Zu meiner Linken befand sich ein Empfangspult aus grauem Marmor, derzeit unbesetzt, aber so lang und unüberwindlich wie die Holzwand in Rorke’s Drift, das aussah, als stammte es aus der gleichen Werkstatt für Verteidigungsanlagen. Dahinter war aber ein halbes Dutzend Garderobenstangen zu sehen, an denen sich Kleiderbügel drängten. Sie waren alle leer, aber wenigstens deuteten sie auf guten Willen hin. Der Bequemlichkeit und dem Komfort irgendwelcher tobenden Horden, die möglicherweise hereinstürmen mochten, war bereits Rechnung getragen worden. Weiter hinten, auf der anderen Seite des Pults, befand sich ein Büro mit einem Schild über dem Eingang, auf dem nur das Wort »Security« zu lesen war. In Verbindung mit dem verwaisten Pult erschien mir das etwas paradox.
    Rechts war eine breite graue Steintreppe und über meinem Kopf ein gewölbtes Oberlicht, verziert mit einer beeindruckenden Rose aus buntem Glas, das sich bemühte, trotz Staub und Taubendreck etwas Leuchtkraft zu entwickeln. Am Fuß der Treppe standen drei zeitgemäße Bürostühle, bezogen mit tiefrotem Stoff, die arg fehl am Platze wirkten.
    Ich stand sehr still in diesem müden, trüben Licht und wartete, lauschte, fühlte. Ja. Da war etwas. Ein Gefälle in der Luft, so minimal, dass es einige Sekunden brauchte, um es zu registrieren. Meine Augen defokussierten, während ich dem unergründlichen Sinn, den ich in ein paar Hundert Exorzismen geschärft hatte, Zeit ließ, sich für den Raum, der mich umgab, zu öffnen.
    Aber bevor ich anfangen konnte, mich auf die flüchtige Präsenz einzustellen, schlug links von mir eine Tür und bewirkte, dass sie sich eilig aus meiner Reichweite stahl. Ich blickte über die Schulter, während ein Wächter in Uniform aus dem »Security«-Büro näher kam. Er machte einen entschlossenen Eindruck, obwohl er weit in den Fünfzigern war: ein harter Mann mit schlammbraunem Haar mit Geheimratsecken und einer Nase, die er sich irgendwann während seiner Dienstzeit gebrochen hatte und die wieder gerichtet worden war. Er zupfte an seiner Krawatte wie jemand, der unversehrt aus einer üblen Schlägerei hervorgegangen war. Für einen Augenblick dachte ich, er wolle mich auffordern, nicht an Gegenwehr zu denken, damit er mir Handschellen anlegen konnte.
    Aber als er grinste, konnte man erkennen, dass alles nur Schau war. Es war ein Schoßhundlächeln, ein Lächeln, das sich anfreunden wollte.
    »Ja, Sir?«, sagte er aufgeräumt. »Was darf es sein?«
    Ich widerstand dem Instinkt, »ein Glas Bier und eine Tüte Knabberzeug« zu entgegnen. »Felix Castor. Ich möchte zu Mister Peele.«
    Der Wachmann nickte gewichtig und wies mit einem Finger auf mich, als wäre er aufrichtig froh, dass ich das gesagt hatte. Für einen Moment kramte er unter dem Pult herum, kam mit einem Bic-Kugelschreiber wieder hoch und dirigierte mich mit einem Kopfnicken zu einem großformatigen Besucherbuch, das bereits auf dem Pult lag. »Wenn Sie sich hier bitte eintragen wollen, Sir«, sagte er. »Ich gebe ihm Bescheid, dass Sie hier sind.«
    Während ich unterschrieb, nahm er den Telefonhörer ab und drückte die Raute-Taste, dann drei andere. »Hallo, Alice«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Da ist ein Mister Felix …« – er warf einen Blick ins Besucherbuch – »… Castor hier unten am Empfang. Ja. Prima. Gut. Ich sage es ihm.« Alice? Ich hatte mir Mr Peeles Vornamen als Jeffrey gemerkt.
    Der Wächter legte den Hörer auf und wies mit einer ausholenden Geste auf die Treppe. Es war die gleiche Geste, mit der Schauspieler Applaus für das Orchester einforderten. »Wenn Sie so lange Platz nehmen möchten – gleich kommt jemand und kümmert sich um Sie.«
    »Danke«, sagte ich. Ich ging

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