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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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ursprünglichen Bauwerkes entsprach. Wir folgten ihm für etwa zwanzig Meter, bis wir an der ersten offenen Tür vorbeikamen, die ich bisher gesehen hatte. Ich sah in einen großen Raum, der als Großraumbüro diente: sechs Schreibtische, ungefähr im gleichen Abstand zueinander aufgestellt, jeder mit eigenem PC und eigenem Regal, vollgestopft mit Katalogen und Aktenordnern. Ein Mann und eine Frau blickten auf, als wir vorbeigingen – der Mann musterte mich eisig von Kopf bis Fuß, die Frau zeigte erheblich mehr Interesse. Ein zweiter Mann telefonierte angeregt, daher bemerkte er uns nicht.
    Der Klang seiner Stimme verfolgte uns, während wir unseren Weg fortsetzten. »Ja, so bald wie möglich. Ich kenne mich in dieser Sprache nicht allzu gut aus, und ich kann nicht – ja. Nur um wenigstens die Echtheit zu beweisen.«
    Ein paar Meter weiter blieb Alice abrupt stehen, wandte sich um und sah mich an.
    »Eigentlich«, sagte sie, »sollten Sie im Arbeitsraum warten. Ich komme Sie dann holen.«
    »Gut«, sagte ich. Mit einem kurzen Nicken entfernte sie sich. Ich machte auf dem Absatz kehrt und ging in den Raum zurück, den wir gerade passiert hatten, und diesmal beäugten mich alle drei Insassen, als ich eintrat.
    »Hallo«, sagte der Mann, der zuvor telefoniert hatte. »Sie müssen Castor sein.« Er war etwa in meinem Alter oder etwas älter – Mitte dreißig. Im freien Fall auf die große Vier zu. Die Bräune in seinem Gesicht verblasste und sah aufgrund von Sommersprossen scheckig aus. Sein hellbraunes Haar war zerzaust, als wäre er soeben erst aufgewacht. Er war höflich ausgedrückt leger gekleidet: löchrige Jeans, ein Damageplan-T-Shirt und offene Turnschuhe. Aber der Schlüsselbund an seinem Gürtel war genauso groß wie der von Alice. Auf seiner linken Wange klebte ein quadratischer chirurgischer Verband.
    Er schenkte mir ein freundliches Lächeln und streckte die Hand aus. Ich drückte sie und gewahrte eine gewisse Spannung hinter dem Lächeln, Spannung und vielleicht Erwartung. Er war noch nicht sicher, wie er mich einschätzen sollte, hoffte aber, dass ich meinem Engagement gerecht wurde. Natürlich, er war der Typ, der die meisten Gründe hatte zu wünschen, dass der Geist wegkam.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr Clitheroe«, sagte ich. Hinter mir stieß die Frau einen anerkennenden Pfiff aus und begann dann, die ersten Takte der Akte X -Titelmelodie zu summen. Clitheroe lachte.
    »Rich reicht«, sagte er. »Sie wussten es wegen des Verbands, nicht wahr? Ich meine, das war keine – ektoplasmische Erscheinung oder so etwas.«
    »Who you’re gonna call?«, meinte die Frau gedehnt. »Ghostbusters!«
    Ich wandte mich zu ihr um, und Rich machte uns miteinander bekannt. »Das ist Cheryl Telemaque – unsere IT-Expertin.« Cheryl war sehr kräftig, sehr auffällig und sehr dunkelhäutig. Ihre Braunschattierung konnte man mit Fug und Recht als schwarz bezeichnen. Sie sah nach Anfang zwanzig aus, und ihr Modegeschmack ging in Richtung strassbesetzter Von-Dutch-Oberteile und einer Ladung auffälligen Schmucks, der mit seinem grellen Glitzern in die Kategorie Klunker gehörte.
    »Welcher sind sie?«, wollte sie fröhlich mit einem scheißfreundlichen Grinsen wissen. »Der Doofe, der Hübsche oder der in der analen Phase Steckengebliebene?«
    »Mich wundert, dass Sie fragen müssen«, sagte ich. Erneut drückte ich eine Hand. Ihr Händedruck war fest und kräftig, und ich erhielt einen Eindruck von Innigkeit, Belustigung und Verschmitztheit: Cheryl stand eindeutig unter Strom. Die genaue Spannung musste noch bestimmt werden.
    »Müssen Sie Pentagramme und Kerzen und solches Zeug benutzen?«, fragte sie mich gespannt.
    »Gewöhnlich nicht. Viel von diesem Brimborium dient nur dem schönen Schein. Ich verzichte auf die Kerzen und gebe dem Kunden die Ersparnis weiter.«
    »Das ist Jon Tiler«, sagte Rich. Ich drehte mich erneut um. Richs Arm war ausgestreckt, um auf den anderen Mann zu deuten – es war der, der mich mit eisigem Blick verfolgt hatte, als ich vorher an der offenen Tür vorbeigegangen war. Der Jüngste der drei, schätzte ich, und der körperlich unattraktivste. Er maß knapp eins sechzig, wog etwa vierzig Pfund zu viel, und sein gerötetes Gesicht war voll mit geplatzten Äderchen. Er trug ein kurzärmeliges Hemd mit einer Art Blumenmuster in allen möglichen Schattierungen von Orange, Pink und Grün – als wäre er für Guerillaeinsätze in einem Obstsalat gekleidet.
    »Hi«, sagte ich und

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