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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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genügend Platz zu bieten. Man hätte meinen können, jemand mit einem derart großartigen Titel hätte etwas mehr Ellbogenfreiheit für sich ergattern können müssen.
    Peele saß nicht genau vor seinem Schreibtisch – weil dies ein Eckbüro mit seltsam verwinkelten Wänden war, stand der Schreibtisch vor einer Wand –, sondern in einer so gebieterischen Haltung, wie es die Logistik zuließ. Er sah hoch, als ich hereinkam, und schloss ein Fenster auf seinem Computerbildschirm. Wahrscheinlich Minesweeper , danach zu urteilen, wie schnell und hektisch es geschah.
    Der Mann, der sich mir in dem Drehsessel zuwandte, war Ende vierzig, hochgewachsen und abgezehrt, mit einem großen roten Habichtschnabel als Nase, die entstellte, was anderenfalls das attraktiv-asketische Gesicht eines Methodistenpfarrers gewesen wäre. Er hatte tiefrote Druckstellen auf beiden Seiten seiner Nase, aber er trug keine Brille. Sein schütteres Haar war braun und mit grauen Strähnen durchsetzt, und sein dunkelblauer Anzug changierte leicht.
    Ich sagte, er drehte sich mit dem Sessel zu mir um. Tatsächlich drehte er ihn nur um ein paar Grad, und als er ihn stoppte, war er mir noch immer nur zu drei Vierteln zugewandt. Seine Blicke nahmen für eine Sekunde Kontakt mit meinen auf, dann kehrte sein Blick schnell auf den Schreibtisch zurück.
    »Setzen Sie sich, Mr Castor«, sagte er. Er wies nervös auf den anderen Sessel, der so weit weggeschoben war, dass er fast außerhalb des Raums stand. Ich setzte mich. Alice blieb stehen.
    »Danke, Alice«, sagte Peele über meinen Kopf hinweg.
    Alice verstand es richtig, aber sie reagierte nicht. »Ich denke, ich sollte hierbleiben«, sagte sie. »Ich muss wissen, wie wir in diesem Fall weiter verfahren.«
    »Ich werde die Lage mit Mister Castor durchsprechen und Sie dann informieren«, sagte Peele und klang beinahe trotzig.
    Ich zählte fünf Sekunden, ehe sich die Tür hinter mir schloss, nicht mit einem Knall, sondern mit einem Wimmern oder eher einem klagenden Uuuff verdrängter Luft. An dem Geplänkel war etwas Seltsames, aber ich kannte beide nicht gut genug, um sagen zu können, was es war.
    »Es freut mich, dass Sie es sich noch mal überlegt haben«, fuhr Peele fort und klang im Gegenteil ein wenig verärgert. »Aber ich gebe zu, ich hatte nach unserem gestrigen Gespräch erwartet, von Professor Mulbridge zu hören.«
    Meine Schuld. Ich hatte zu viel über Plan B gesprochen und es so aussehen lassen, als wäre ich der Ersatzmann anstatt die Hauptperson.
    »Das ist immer noch möglich, Mister Peele«, sagte ich. »Aber ich habe festgestellt, dass ich trotz allem etwas Zeit erübrigen kann, und ich dachte, in diesem Fall sei Eile geboten. Wenn Sie bereit sind, noch etwas zu warten, kann ich Ihr Problem sicher an die Professorin weiterreichen. Ich sollte sie nächste Woche treffen. Vielleicht auch in der übernächsten.«
    Er verzog das Gesicht. Wie ich gehofft hatte, schluckte er diesen Vorschlag mit einem deutlichen Mangel an Enthusiasmus. »Nein«, sagte er und schüttelte energisch den Kopf. »So lange können wir unmöglich warten. Nach der Attacke gegen Rich denke ich, das Personal erwartet, dass ich etwas unternehme, um diese Angelegenheit zu regeln. Wenn ich das nicht kann, dann … nun, leidet die Moral. Sie wird sicher leiden. Ich kann keinesfalls zulassen, dass gesagt wird, ich hätte nichts unternommen, und das Archiv organisiert am nächsten Sonntag eine öffentliche Veranstaltung. Nein, die Angelegenheit muss geregelt werden, und zwar so schnell wie möglich.«
    Ich konnte nicht sagen, was in Peeles Kopf vorging, aber er wurde jetzt richtig lebhaft. Er riskierte einen weiteren Blick zu mir, nicht länger als der erste. »Dies ist für uns in vieler Hinsicht eine bedeutungsvolle Zeit, Mister Castor«, sagte er. »Ich nehme morgen an einem Treffen in Bilbao teil – im Guggenheim-Museum. Ein sehr bedeutendes Treffen für das Archiv und für mich. Ich muss sicher sein können, dass die Dinge hier im Gang sind – dass ich nicht in ein Gewirr gegenseitiger Schuldzuweisungen zurückkehre. Wenn Sie heute anfangen können, dann denke ich, sollten Sie das tun.«
    Seine Stimme klang mürrisch und missgelaunt, aber die darin mitschwingende Furcht erschien echt. Er war völlig überlastet und erwartete schlimme Konsequenzen, wenn er es vermasselte, und er wollte, dass ihm ein Fachmann die Last von den Schultern nahm und ein für alle Mal verschwinden ließ.
    Nun, da war ich. Ich wünschte mir

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