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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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gewesen, richtig?«
    »Nein.« Alice klang empört. »Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte, ich habe den Geist nicht gesehen. Ich sah, was mit Rich geschah, aber dort war kein Geist. Was mich betrifft, so ist nie einer dort gewesen.«
    »Demnach sahen Sie nur die Schere – oder? Wie sie hochstieg? Sich selbstständig durch die Luft bewegte?«
    Alice sah zu Peele, ehe sie meine Frage beantwortete. Er fixierte seinen Schreibtisch, hörte aber dem Anschein nach aufmerksam zu. Ich wusste nicht, nach welchem Einhakpunkt sie suchte oder was bei ihr ankam. »Seine Hand drehte sich«, sagte sie. »Die Scherenklinge kratzte über seinen Arm, dann kam sie hoch und fuhr ihm ins Gesicht. Sie hätten ihn danach fragen sollen, nicht mich.«
    »Ich werde ihn fragen. Aber ich wollte feststellen …«
    Alice fiel mir ins Wort und wandte sich an mir vorbei an Peele. »Jeffrey«, sagte sie. »Wenn Sie mir die ausdrückliche Anweisung geben, in dieser Angelegenheit zu kooperieren, dann werde ich es tun. Wenn ich mich diesem Gespräch verweigern kann, dann weigere ich mich.«
    Eine angespannte Pause entstand.
    »Alice regt sich darüber furchtbar auf«, sagte Peele sehr leise. Er fixierte dabei den Computermonitor, sodass der einzige Hinweis darauf, dass er mit mir redete, die Tatsache war, dass er von ihr in der dritten Person sprach.
    »Das sehe ich«, bestätigte ich.
    »Wenn Sie sie ausklammern könnten … wäre das höchstwahrscheinlich am besten. Ich bin sicher, alle anderen werden Ihnen gerne Rede und Antwort stehen.«
    Ich sah zu Alice, die mich anfunkelte und keinen Versuch machte, ihre Antipathie zu verbergen.
    »Gut«, sagte ich nach einem Augenblick. Sie nickte kurz, nachdem sie ihre Einstellung dargelegt und ihre Grenzen gezogen hatte. Ich folgte ihr zum Arbeitsraum, und die Tür von Peeles Büro schloss sich, unzweifelhaft zu seiner großen Erleichterung.
    Es war gar nicht gut. Es war ein dicker Haufen Scheiße. Aber an der essenziellen Tatsache hatte sich nichts geändert: Ich brauchte noch immer das Geld.
    Im Arbeitsraum gab ich mit geringen Modifikationen für Rich und Cheryl, die sie geradezu aufsaugten, und Jon, der so tat, als gäbe es mich gar nicht, wieder die Exorzismus-101-Rede zum Besten. »Daher bitte ich Sie, mir zu schildern, was Sie gesehen und erlebt haben«, endete ich. »Sie und alle anderen Kollegen, die in diese Affäre verwickelt sind, und ich fange mit dem an, was Ihnen zugestoßen ist, Rich, denn das ist augenscheinlich der krasseste Zwischenfall und höchstwahrscheinlich das Ereignis, das mir den besten Startpunkt für das liefert, was ich tun muss. Vorher jedoch möchte ich wissen, ob mir jemand die russischen Dinge zeigen kann, die im August hierherkamen. Schreiben von Emigranten und so weiter.«
    Rich hob beide Daumen. »Wir können beides zugleich tun«, sagte er. »Ich katalogisiere das Zeug nämlich.«
    »Was ist mit mir?«, fragte Cheryl und tat, als wäre sie zutiefst verletzt, außen vor gelassen zu werden. »Wann befragen Sie mich?«
    »Gleich danach«, versprach ich. »Sie sind Nummer zwei auf meiner Liste.«
    Ihre Miene hellte sich auf. »Fahren Sie zur Hölle, Bulle, ich werde nichts sagen.«
    »Ich bringe Sie schon zum Antworten«, versprach ich. Ich fragte mich, ob jede Unterhaltung mit Cheryl diesen surrealen Anstrich hatte.
    Rich sah erlaubnisheischend zu Alice, und sie machte eine Geste, die das uneheliche Kind eines Achselzuckens und eines Nickens war. »Halten Sie sich nicht den ganzen Tag damit auf«, war alles, was sie sagte.
    Das Haus war noch labyrinthartiger, als ich angenommen hatte. Unser Weg zum Lager, in dem das russische Material aufbewahrt wurde, führte uns zurück über die provisorische Betontreppe, doch dann eine andere hinauf und durch eine Feuerschutztür, die durch ein Federscharnier geschlossen gehalten wurde, das stark genug war, um vorstehende Körperteile ernsthaft zu gefährden. Nach etwa einer Minute ähnlicher Drehungen und Wendungen kam ich mir vor wie ein Landei, das ein Londoner Taxifahrer herumkutschierte.
    »Gibt es keine Abkürzung?«, fragte ich etwas außer Atem.
    »Das ist die Abkürzung«, rief Rich von vorn. »Sehen Sie, wir gehen zum neuen Anbau. Der andere Weg führt zurück zur Eingangshalle und um den ganzen Komplex herum.«
    Er blieb stehen und deutete durch eine offene Tür. Als ich ihn einholte, blickte ich in einen anderen großen Raum, allerdings ein wenig kleiner als der Arbeitsraum, den ich schon gesehen hatte, und halb zugestellt

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