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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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aber so ist es billiger.«
    »Gibt es eine Geschichte zu dieser Sammlung?«, fragte ich. »Oder dazu, wie Sie in Ihre Hände gelangte?«
    Er sah mich ausdruckslos an und zuckte die Achseln. »Nein, wir haben ein Angebot dafür abgegeben und sie gekriegt. Aber es gab keinen Skandal oder Mord oder so, wenn Sie das meinen. Jedenfalls habe ich nichts dergleichen gehört.«
    »Sind Sie in den Dokumenten selbst auf irgendetwas Sensationelles oder Ungewöhnliches gestoßen?«
    Statt einer Antwort las Rich die Karte, die er gerade in der Hand hielt, laut vor: »An Tante Khaicha von Peter und Sonja. Vielen Dank und Grüße. Ich hoffe, wir sehen uns noch einmal, ehe das Baby ankommt, so Gott will, und erfahren Neuigkeiten von unserem lieben Vetter.«
    Er ließ die Karte in den Kasten fallen.
    »Das ist noch eine der unterhaltsameren«, sagte er resigniert.
    *
    Die Zeit verging wie im Flug, wenn man Spaß hatte. Es war Nachmittag, als Rich und ich in den Arbeitsraum zurückkehrten. Die Archivare hatten sich alle zur Mittagspause abgemeldet und für Rich eine Nachricht hinterlassen, sie seien im Costella Café in der Euston Road. Er lud mich ein, ihn zu begleiten, aber ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mich ungestört im Archiv bewegen zu können.
    »Könnten Sie mir Ihre Schlüssel dalassen?«, fragte ich ihn und dachte an die verschlossene Feuertür.
    Er zögerte, und verschiedene Gedanken spiegelten sich in seiner Miene wider. Am Ende schüttelte er den Kopf. »Nein«, erklärte er mit einem Anflug von Verlegenheit. »Hier haben nur wir drei Schlüssel – Alice, Peele und ich selbst. Sie gelten als so etwas wie ein Heiligtum. Die lassen einen praktisch einen Schwur leisten. Wir müssen sie die ganze Zeit bei uns führen. Wir dürfen sie anderen Leuten, die hier arbeiten, ausleihen, aber dafür gibt es ein spezielles Formular, und sie müssen sich mit Uhrzeit anmelden und wieder abmelden, wenn sie die Schlüssel zurückgeben. Wenn Alice Sie mit meinem Schlüsselbund erwischt, stürzt sie sich auf mich wie ein Kampfhund.«
    »Ist denn jeder Schlüsselsatz unterschiedlich?«, fragte ich und betrachtete die schwere Kollektion Eisenwaren an seinem Gürtel. Ich wollte nicht versuchen, ihn rumzukriegen. Ich war nur neugierig, weil die Schlüssel so zahlreich und unterschiedlich waren. Es gab sie in allen Größen und Formen. Ich interessierte mich nun mal für Schlüssel und Schlösser. Sie waren irgend so etwas zwischen Hobby und Obsession.
    Rich schüttelte den Kopf, folgte meinem Blick und schaute immer noch ein wenig beschämt drein – als hätte es ihm gar nicht gefallen, die Regeln beugen zu müssen. »Nein, sie sind alle gleich, und um ehrlich zu sein, wir benutzen davon bestenfalls die Hälfte. Weniger als die Hälfte. Ich wette, einige Schlösser, zu denen sie gehören, gibt es gar nicht mehr – die neuen werden einfach hinzugefügt, und niemand denkt daran, die alten irgendwann vom Ring zu nehmen.« Er zuckte die Achseln. »Aber es gibt nur drei Sätze – oder vier, wenn man den Meistersatz unten im Sicherheitsbüro mitzählt. Es ist nicht so, dass ich mir Sorgen machen würde, wenn ich Ihnen meinen Satz leihen würde. Tut mir leid, Felix – wenn Sie irgendwo hineinwollen, ist Frank wahrscheinlich der Richtige für Sie.«
    »Klar, kein Problem«, versicherte ich.
    Mir kam in den Sinn, dass Peele seine Truppen wahrscheinlich nicht in die Mittagspause begleitet hatte, daher zog ich los und klopfte an seine Tür. Niemand antwortete, daher drückte ich die Klinke. Die Tür war abgeschlossen. Alice’ Tür stand aber offen, und ihr Büro – blitzblank, sauber, klösterlich schlicht – war unbesetzt.
    Gut, also konnte ich nicht in den Raum zurück, in dem das russische Zeug lag. Aber der Geist war auch im Arbeitsraum erschienen, daher lohnte es sich eventuell, dort eine Melodie zu flöten.
    Am Ende spielte ich einige alte Hits, ohne irgendeine Reaktion zu wecken. Wenn der Geist noch anwesend war, konnte ich ihn nicht mehr spüren.
    Rich, Cheryl und Jon kamen um Punkt eins vom Essen zurück, und Cheryls Augen leuchteten auf, als sie mich sah. »Bin ich jetzt dran?«, fragte sie.
    »Aber sicher«, entgegnete ich. »Deshalb sitze ich hier und warte auf Sie.«
    »Werden Sie einen tropfenden Wasserhahn und einen Gummiknüppel benutzen?«
    »Das sprengt mein Budget. Sie werden sich selbst ins Gesicht schlagen müssen, während ich meine Fragen stelle.«
    Damit wir ungestört waren, schloss Rich uns einen

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