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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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und gab mir ausreichend Raum, um vom Schreibtisch zu rutschen und wieder auf die Füße zu kommen.
    »Ja, richtig«, stimmte ich zu, wischte mir den Mund mit dem Handrücken ab und stellte fest, dass das warme Gefühl dort Blut war: Ich musste mir auf die Zunge gebissen haben, als er mich abgesetzt hatte. Zwischen meinen Schultern tobte ein beißender Schmerz und in meinem Schädel ein dumpfer. Ich wandte ihm den Rücken zu und hob die Tin Whistle auf, die vor der Wand auf dem Boden lag. Ich hatte ihn durchschaut, allerdings hatte ich mir vermutlich einen Feind fürs Leben geschaffen. Ich konnte dem Impuls nicht widerstehen, noch einmal in der Wunde zu stochern, auch wenn es nur um meines Stolzes willen geschah. »Was für ein Gesicht hattest du vor diesem, Scrub, und was für einen Namen? Rover?«
    Ich erwartete halb, dass er mich wieder schlagen und später die Konsequenzen akzeptieren würde, aber er tat es nicht. Auch gut, denn ein Schlag von Scrubs Hand hätte jeden Kampf beendet, ehe er begonnen hatte, und mich wahrscheinlich für den Rest der Nacht flachgelegt – wenn ich überhaupt je wieder aufgewacht wäre. Um ehrlich zu sein, ich glaube, das war es, was ihn davon abhielt. Er hatte seine Befehle, und die nahm er ernst.
    »Der Herr, der mich angestellt hat, will, dass du etwas säuberst«, sagte er schließlich, nachdem eine ganze Palette angsterregender Emotionen über sein Gesicht gehuscht war. »Zwei Stunden Arbeit. Ein Haufen Bares auf die Hand.«
    »Wann und wo?«, fragte ich, zog den Sessel zurück, der zum Schreibtisch gehörte, und setzte mich – vorsichtig wegen der Schmerzen in meinem Rücken.
    »In Clerkenwell. Augenblicklich. Er wartet.«
    »Nicht jetzt«, sagte ich. »Undenkbar. Für heute Nacht bin ich fertig«
    Mit zwei Riesenschritten durchquerte Scrub das Zimmer.
    »Wenn du fertig sein willst, dann mache ich dich fertig«, dröhnte er. »Anderenfalls kommst du mit.«
    Ich hatte es weit genug getrieben, daher gab ich auf. Manchmal war man einfach gezwungen, Größe zu zeigen.

9
    D raußen auf der Straße stand ein Wagen, den ich zwar gesehen, aber nicht registriert hatte. Es war ein kompakter, neonblauer, PS-starker BMW X5 mit getönten Scheiben und einem auffälligen glitzernden Kühlergrill, daher hätte ich ihn weiß Gott wirklich bemerken sollen. Ich muss zwischen dem Jenseits und dem Jetzt mal wieder hin- und hergewandert sein, was für mich nicht unbedingt ungewöhnlich ist.
    Es regnete noch. Scrub hatte mir etwa eine Zehntelsekunde Zeit gelassen, meinen Mantel zu schnappen, ehe er mich die Treppe hinunterscheuchte. Ich wünschte bei Gott, er hätte mir noch die Zeit gegönnt, das verdammte Ding anzuziehen.
    Der große Mann riss die hintere Tür des BMW auf, und mit ein wenig Unterstützung seines mächtigen rechten Arms stieg ich ein. Er stieg nach mir ein und ließ dabei mit seinem Eigengewicht sogar diesen Wagen leicht schwanken. Auf den Vordersitzen saßen zwei andere Männer. Der auf dem Beifahrersitz, der aussah, als hätte er Wiesel unter seinen engsten Verwandten, schaute sich um und schenkte mir ein hässliches Grinsen. Der Fahrer war ein phlegmatischer Blondschopf, der ein wenig aussah wie Tom, der Zeichentrick-Kater, nachdem es eins mit der Bratpfanne abgekriegt hatte. Er steuerte den Wagen mit einer knappen Handbewegung am Lenkrad und dieser fuhr mit dem atemlosen Seufzer deutscher Ingenieurskunst vom Bordstein weg.
    Sie fuhren mich in die Stadt zurück, durch Stamford Hill und Dalston, dann nach Westen durch die Seitenstraßen von Shoreditch – eine gewundene Route, die uns an der Old Street vorbeiführte, dann kehrtmachte, sodass wir sie abermals kreuzten und schließlich nach Norden fuhren. Schließlich hielt der Wagen irgendwo in der Nähe des Myddleton Square in Clerkenwell in einer Straße, die so eng war, dass man kaum die Wagentüren vollständig öffnen konnte.
    Ich stieg aus in den Regen, mittlerweile ein gewaltiger Wolkenbruch, nachdem Scrub mir einen weiteren aufmunternden Stoß versetzt hatte, um mich anzutreiben. Das Wiesel vom Beifahrersitz stieg auch aus, und der Wagen fuhr an, kaum dass unsere Füße das Pflaster berührt hatten.
    Wir standen vor einem Club mit geschwärzten Fenstern und einem geschmacklosen Schild. Kissing the Pink. Das Mauerwerk um die Fenster war mit dunkelblauer Farbe gestrichen, und über der Tür hing als Hochrelief ein goldener Adler auf einem Fels: das allgegenwärtige Geheimzeichen alter Truman-Hanbury-Pubs, die während des

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