Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Scrub mit dem Hintergrund verschmolz – in dem begrenzten Maß, wie ein Mann mit den Ausmaßen eines Gabelstaplers so etwas bewerkstelligen konnte. Ich vergaß Mr Waverley, und Sydney Greenstreet in Die Spur des Falken füllte die Lücke. Ein kräftiger, komprimierter Sydney Greenstreet. In Paisley.
»Ich bin Lucasz Damjohn«, sagte mein Gastgeber. Luk-asch: kein Name, den ich je gehört hatte. »Bitte, Mister Castor, so fühle ich mich Ihnen nicht gewachsen. Setzen Sie sich!«
Ich legte meinen Mantel, den ich die ganze Zeit über dem Arm getragen hatte, über die Seitenwand der Nische und setzte mich. Er nickte, als wären mit meinem Gehorsam Zuverlässigkeit und Ordnung ins Universum zurückgekehrt.
»Ausgezeichnet«, sagte er. »Habe ich Sie bei etwas Bedeutendem gestört, oder haben Sie sich nur nach einem harten Tag ein wenig Entspannung gegönnt?«
»Ich betreibe einen Vierundzwanzig-Stunden-Service«, sagte ich, was bei ihm ein Lachen auslöste. Es kam sehr schnell und war gleich wieder verschwunden.
»Ja, klar. Seit ich Scrub als Laufbursche beschäftige, scheint jeder einen Vierundzwanzig-Stunden-Service zu unterhalten, und jeder macht Hausbesuche. Tut mir leid, wenn es ein wenig unzart war, aber ich gehöre nicht zu der Sorte, der Warten leichtfällt. Im Gegenteil. Ich gehöre zu der bedauerlichen Gattung, die der Auffassung ist, dass Untätigkeit von Natur aus zu Ungeduld und weiter zu Aggressivität führt. Meine formelle Erziehung, müssen Sie wissen, wurde nie vollständig abgeschlossen – daher mangelt es mir an den seelischen Voraussetzungen, um Muße gewinnbringend zu nutzen. Ich brauche Anregung, sonst setzt sehr schnell Überdruss ein.« Er bedachte mich mit einem Blick spekulativer Sorge. »Ist das bei Ihnen so, Felix? Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Leben anregend genug ist?«
Felix? War ich jetzt Felix? Das kam aus heiterem Himmel und verwirrte mich etwas, aber aufgrund der massigen Gestalt Scrubs, die immer noch am Rand meines Gesichtsfeldes lauerte, entschied ich, dass Vorsicht besser als Nachsicht war, und beließ es dabei. »Ich kann nicht klagen«, wich ich einer direkten Antwort aus.
Damjohn nickte heftig, als hätte ich etwas Aufschlussreiches gesagt. »In der Tat. Niemand würde Ihnen zuhören, wenn Sie es täten, also wo läge der Nutzen? Wo der Gewinn?«
Er hielt inne und sah auf, als sich eine Frau dem Tisch näherte. Oder vielleicht eher ein Mädchen. Sie sah nicht viel älter als siebzehn aus, obgleich sie es wahrscheinlich sein musste, um an einem Ort wie diesem arbeiten zu können. Ihr Gesicht war schön: herzförmig, dunkeläugig, mit kastanienbraunem Haar, gebunden zu einem Pferdeschwanz, der bis auf ihren Rücken herabhing. Ihre sinnlich-vollen Lippen glänzten rot, ihre Haut war blass bis auf einen überbetonten Fleck Rouge auf jeder Wange. Schön, wie gesagt, aber nichtssagend. Das aufdringliche Make-up unterstrich die Leere ihres Gesichts genauso wie das freizügige Kostüm betonte, wie wenig sie in Sachen Busen aufzuweisen hatte. Ihre Augen waren dunkel, wobei Schichten von Mascara und Lidstrich ihre natürliche Dunkelheit zudeckten, und blickten eher mürrisch als empfindsam. Sie sah nicht aus, als gefiele es ihr, Kellnerin zu spielen.
»Whisky und Wasser, bitte, Rosa«, sagte Damjohn und warf ihr einen Blick zu, der kurz genug war, um als unwillkürlich durchzugehen. »Was möchten Sie, Felix?«
»Das klingt gut«, sagte ich.
Rosa wandte sich ab, doch Damjohn streckte die Hand aus und tippte ihr mit dem Zeigefinger aufs Handgelenk. Das reichte, um sie anhalten und sich umdrehen zu lassen. Sie sah ihn an, als erwartete sie weitere Befehle.
»Wir haben hier einen sehr bemerkenswerten Gast«, sagte er, als machte er einen grandiosen Witz. »Felix Castor. Für den Fall, dass du noch nie von ihm gehört hast, er ist ein ganz Großer im Geistergeschäft. Ein Exorzist. Ein Gespensterinspektor.«
Rosas Blick richtete sich auf mich, ihr Gesicht so unergründlich wie eine Totenmaske. Damjohn sah mich auch an, als wollte er mir mit dem platten Scherz eine Freude machen. Ich blieb todernst. Weiß Gott, ich wollte ihn nicht weiter animieren.
»Wenn wir unser kleines Schwätzchen beendet haben, geht Felix nach oben und unterzieht unsere Räumlichkeiten einer gründlichen Überprüfung«, fuhr Damjohn nach einer Pause fort, die mir auf eine Weise bedeutsam erschien, die ich nicht richtig begriff. »Sag den Mädchen, sie sollen bloß mit dem Hintern zur Wand stehen. Du
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