Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
musst wissen, Felix ist ein Arsch-Mann.«
Er hob den Finger von Rosas Hand, und sie ging, ohne sich noch einmal umzudrehen. Damjohn wandte mir wieder seine Aufmerksamkeit zu – obgleich es, um ehrlich zu sein, schien, als hätte er mich die ganze Zeit beobachtet.
»So, wie Sie sicher schon erkannt haben, will ich, dass der Laden gesäubert wird«, sagte er. »Ich nehme an, Sie können das? Die Schädlinge entfernen? Alles abdichten und versiegeln, damit nichts Unerwünschtes mehr den Kopf hebt und den Mädchen Angst macht, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen?«
Ich stellte mich zum Spaß dumm – und weil ich es immer gernhatte, wenn der Kunde genau erklärte, was er wünschte. »Sie meinen Kakerlaken, oder …?«
»Bitte«, tat Damjohn das mit einer gereizten Bewegung seiner kurzen, breiten Hand ab – ein Löschzeichen, das zwischen uns in der Luft hing. »Ich meine Spukgestalten, Felix. Ich bin in der Lage, Kakerlaken zu zertreten, ohne mir fremde Hilfe holen zu müssen.«
»Warum glauben Sie, es mit einem Spuk zu tun zu haben, Mister Damjohn?«, fragte ich und verfiel sofort wieder in einen Ton, als redete ich mit einem Kranken.
Er verzog missbilligend das Gesicht. Die Frau auf der Bühne rutschte an der Stange in eine abenteuerliche Position, ging mit breit gespreizten Beinen in die Hocke, und ein kurzer Beifall zwang uns, für einen Augenblick zu schweigen. »Ich habe Ihnen nicht erzählt, was ich glaube«, sagte Damjohn, als das Händeklatschen verstummt war und die Frau die Bühne verlassen hatte. Unpassenderweise senkte sich über der Bühnenmitte ein Breitwand-TV-Schirm herab und zeigte, wie es schien, Höhepunkte aus einem Spiel von Manchester City. »Aber Frauen«, sinnierte Damjohn, »sind sehr zart besaitet. Eine Gardine bewegt sich, oder in der Wasserleitung ist ein Glucksen, und schon denken sie, sie hätten eine Botschaft von der anderen Seite erhalten.« Er tippte auf den Rücken seines Notizbuches und runzelte kurz die Stirn, als verfolgte er diesen Gedanken ein wenig weiter. »Was mich betrifft, so habe ich wissentlich nie eine solche Botschaft erhalten. Aber es wäre mir auch völlig gleichgültig. Ich glaube nicht, dass mich ein rachsüchtiger Geist einschüchtern kann. Wenn jemand gegen mich einen Groll hegte, wäre es mein ganz persönliches Bestreben, ihn eher tot als lebendig zu sehen, verstehen Sie? Es wäre für mich das Bequemste.« Er fixierte mich wieder mit ernstem Blick. Solche Brauen konnten eine Menge Ernst vermitteln.
»Bequem«, wiederholte ich vorsichtig. »Klar.« Mir entging hier einiges. Jedenfalls genug, um mich genervt und missverstanden zu fühlen. Rosa kam mit den Drinks und stellte sie vor uns auf den Tisch. Ich beobachtete sie mit einer gewissen Wissbegier, aber diesmal hielt sie den Blick auf das Tablett gerichtet und entfernte sich gleich wieder. Sie hatte wirklich einen netten Po, trotz ihrer schlanken Figur. Aber sie kam meinem Typ nicht mal nahe. Ich hatte für Schulmädchen nicht allzu viel übrig.
Ich trank einen Schluck Whisky. Single Malt, und ein guter dazu. Ich wünschte, ich hätte auf das Wasser verzichtet.
»Sie wollen also, dass ich mich hier umschaue und nach Anzeichen für Geister- oder Poltergeistaktivitäten suche«, fasste ich zusammen.
»Ja.«
»Weil es den Mädchen nicht gefällt.«
»Erneut ja.«
»Wie kommen sie mit Scrub zurecht?«, fragte ich und wies mit dem Daumen über die Schulter auf den Hünen, der teilnahmslos hinter mir stand wie einer der Wächter vor dem Buckingham.
Damjohn sah mich mit einem Ausdruck konsternierter Unschuld an. »Scrub? Sie denken, Scrub sei ein Geist, Felix? Mir kommt er absolut solide vor.«
Er wollte augenscheinlich, dass ich ihm erzählte, was er längst wusste. »Scrub ist ein Loup-Garou «, sagte ich. »Man nannte sie früher Werwölfe, doch ich bezweifle, dass das Tier in Scrub ein Wolf ist. Ich tippe eher auf etwas von der Größe eines Büffels.« Ich trank einen weiteren Schluck. Falls der Garderobenständer, der sich bewegte wie ein Mensch, über meine Wortwahl beleidigt war, wäre es um den Whisky, wenn er verschüttet würde, ebenso schade wie um mein Genick, wenn es brach. »Sehen Sie, Folgendes geschieht: Ein menschlicher Geist besetzt ein Wirtstier und zieht dort ein und dekoriert alles um. Der Geist gestaltet den Tierkörper nach den Erinnerungen an seine eigene ursprüngliche Form. Er legt das Fell ab, schiebt Muskelgewebe herum … sodass er mehr oder weniger wieder menschlich aussieht.
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