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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Dead-Cat-Bounce aufgekauft und in Stripteaseschuppen umgewandelt wurden und natürlich heute Clerkenwells boomende Industrie darstellten.
    Ich sah zu Scrub auf, der meinen Blick auffing und brüsk nickte. Wir traten ein.
    Wir kamen in eine Art Vorraum. Es war eher ein Eckzimmer mit Wänden, die leicht vom rechten Winkel abwichen und zur Straßenseite zusammenliefen. Auf nackten, polierten Wandpaneelen befanden sich die verschwitzten Handabdrücke frühabendlicher Freier. Ein Mann, der an einem Tisch in einer kleinen Nische an der Seite saß, sah auf, als wir hereinkamen, und ignorierte uns, als er Scrub erkannte. Wir gelangten unbehelligt in den Club.
    Er war größer, als von der Straße zu erkennen war, mit einem halbrunden Podium vor einer Wand, einer Bar gegenüber und gut einem Dutzend runder Tische dazwischen. An drei Wänden waren auch Nischen, deren Beleuchtung so arrangiert war, dass sie im Schatten blieben und man von innen alles beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    Auf der Bühne fand eine rotblonde Frau, die bereits mehr oder weniger nackt war, immer noch minimale Kleidungsreste, die sie beim letzten Durchgang vergessen hatte, und legte sie ab. Eine glänzende silberne Stange von der Bühne bis zur Decke diente ihr als ständige Stütze und gelegentlich auch als Requisite. Etwa ein Dutzend Männer in maßgeschneiderten Anzügen, die sich zweifellos von einem anstrengenden Tag in der City erholten, und ein halbes Dutzend weitere, die wie Touristen aussahen, starrten mit einer willigen Aussetzung der Ungläubigkeit auf ihre der Schwerkraft spottenden Brüste. Die meisten waren so in den Anblick vertieft, dass sie unser Vorbeigehen nicht zur Notiz nahmen, aber ein paar, die sich nahe oder auf Scrubs schwerfälligem Weg befanden, zogen hastig die Füße ein und starrten mich dann mit einem verwunderten zweiten Blick an. Ich nahm es ihnen nicht übel. Mein zerrissenes Oberhemd, nun triefnass, klebte an meiner Brust, und in meinem Gesicht war sicherlich noch immer ein wenig Blut, wo ich mir auf die Zunge gebissen hatte. Mich umschwebte rein kleidungsmäßig der Schick eines Robinson Crusoe.
    Scrub drängte weiter, daher blieb ich hinter ihm. Wir gingen zu einer der Nischen auf der anderen Seite des Raums, die, wie ich jetzt erkannte, besetzt war. Ein kleiner, hässlicher Mann, der aussah wie Anfang fünfzig, saß allein dort, mit dem Gesicht zu uns, las und schrieb in ein Notizringbuch. Soweit ich es bei dieser Beleuchtung erkennen konnte, war sein Teint gerötet und pockennarbig. Er hatte die buschigsten Brauen, die ich je gesehen hatte, und seine Augen waren unter ihnen eingezwängt wie zwei Mini-Weltkugeln, auf denen Atlas mit seinem haarigen Hintern Platz genommen hatte. Er trug einen königsblauen Anzug über einem Hemd mit Paisley-Muster, und seine Krawatte war so breit und hell wie der Schild eines Zenturions. Da ich kürzlich im Kabelfernsehen Wiederholungen der Serie Solo für O. N. C. E. L. gesehen hatte, fühlte ich mich zwangsläufig an Mister Waverley erinnert.
    »Sind Sie ein Arsch-Mann?«, sagte er zu mir, als er hochschaute. Die unhöflichen Worte kontrastierten seltsam mit der weichen, kultivierten Stimme. Es war eine Stimme, die eigentlich hätte Gastredner ankündigen oder Toaste ausbringen sollen. Aber das suggerierte eine gewisse grimmige Feierlichkeit, und dies war auch eine Stimme, die ihre eigenen Ambitionen belächelte. In ihr lag eine winzige Spur von Akzent – oder auch überhaupt kein Akzent, was davon kam, wenn man Englisch nach einem Lehrbuch lernte.
    Ich sah den Mann mit einem stillen Stirnrunzeln an – als ließe ich mir die philosophischen Implikationen dieser Frage durch den Kopf gehen.
    »Ich habe Sie beobachtet, während Sie sich die Nummer ansahen«, sagte er, wobei seine Schultern sich zu seinem kehligen Lachen hoben und senkten. »Sie bevorzugen die steatopygische Perspektive, denn dorthin wanderte Ihr Blick immer wieder. Ergo sind Sie ein Arsch-Mann. Es ist gut, so etwas zu wissen.«
    Nach diesen Formalitäten wandte sich der Mann an Scrub und das Wiesel, wobei seine Hand wie bei einer ungeschlachten Segensgeste von einem zum anderen zuckte. »Scrub, du bleibst hier! Arnold, du gehst an die Tür zurück – und bitte eine der Damen, vorbeizukommen und Mister Castor einen Drink zu bringen, wenn du so nett wärst! Saffron – oder Rosa. Ja, Rosa. Sie bietet eine Rückansicht, die Mister Castor interessant finden sollte.«
    Das Wiesel sauste los, während

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