Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick
Stippvisite. Sie sehen nicht aus, als könnten Sie sich mich leisten.«
Diesmal kam das Stirnrunzeln schneller: das patentierte Castor-Gehirnjogging trug bereits erste Früchte.
»Das ist nicht sehr freundlich«, stellte Scrub fest.
»Ich neige zu derber Ehrlichkeit.«
Sein Gesicht leuchtete auf wie ein faltiger alter Sitzsack, der mit Kerosin getränkt war. »Rücksichtslos? Oh, rücksichtslos kann ich auch!« Er stand auf und überragte mich, ohne sich Mühe geben zu müssen. Der Ausdruck seiner farblosen Augen war plötzlich nervtötend freundlich. »Rücksichtslos mag ich es am liebsten. Besonders bei Typen wie Ihnen.«
Ich zählte meine Optionen und kam bis zwei. Ich konnte mitspielen und mir eine eindrucksvolle Tracht Prügel ersparen, oder ich konnte bluffen.
Es war Pech, dass ich sie in dieser Reihenfolge aufzählte. Es blieb nichts, was den Nachhall meines Lieblingsworts verstummen ließ.
»Hör zu, du blöder, fetter Bastard«, sagte ich unfreundlich und legte den Kopf in den Nacken, um mit ihm in Blickkontakt zu bleiben. »Du bist mir quer durchs ganze West End gefolgt – gestern Abend und heute wieder. Du bist gerade bei mir eingebrochen, und du hast wahrscheinlich mein Bett hoffnungslos ruiniert, indem du deinen dicken, fetten Arsch darauf gepflanzt hast. Also glaub bloß nicht, dass du damit durchkommst, mir zu drohen. Sag, was du zu sagen hast, und verpiss dich in die schwarzen Tiefen der Scheißunterwelt, ja?«
Scrub brauchte einen Augenblick, um so viele Informationen zu verarbeiten, aber in der Zwischenzeit übernahmen seine vorgegebenen Optionen das Kommando. Er streckte eine schinkengroße Hand aus und raffte eine Faustvoll meines Hemdes zusammen. Knöpfe sprangen ab, und Stoff zerriss, als er mich hochhob.
Seine Kraft war unbeschreiblich. Er musste noch nicht einmal seine Haltung verändern. Meine Füße baumelten, und mein Rücken bog sich unfreiwillig, als er mich dicht an sein Gesicht zog. Das zusammengeraffte Oberhemd rutschte mir in die Achselhöhlen und drückte meine Arme von den Seiten weg, sodass es aussah als versuchte ich zu fliegen.
»Welche Teile von dir brauchst du?«, fragte er mit Reibeisenstimme – und auch sein Atem schlug mir scharf entgegen. »Um zu tun, was du tust, meine ich?«
»Alle«, quälte ich halberstickt heraus, aber es kostete Mühe, meinen charmanten Tonfall beizubehalten. »Es ist eine Frage der Vollständigkeit. Wenn ich ein Körperteil verliere, bin ich völlig verstimmt.«
»Ich könnte für den Anfang mal an dieser Scheißwand einen Grundrhythmus mit dir schlagen«, knurrte Scrub und deutete mit der freien Hand nach links. Selbst in dieser unangenehmen Zwangslage, mit den Beinen in der Luft strampelnd und unfähig, meine Lunge mit Luft zu füllen, weil mein Gewicht den Stegreif-Druckverband meines zusammengerafften Hemdes immer enger werden ließ, war ich verblüfft. Er hatte mein Bild aufgegriffen und war darauf eingegangen. Er war nur so dumm wie ein Sack Schraubenschlüssel, nicht wie ein Hut voll Arschlöcher.
»Das mache – ich – lieber – selbst«, keuchte ich mit den letzten Resten Atem. Ich ließ die Tin Whistle aus meinem Ärmel rutschen, wo ich sie heimlich versteckt hatte, als ich den Mantel auszog, und hielt sie vor Scrubs feixendes, rissiges Gesicht.
»Bluff« war das falsche Wort dafür. Es war eine begründete Annahme.
Er schlug mir die Tin Whistle so schnell und hart aus der Hand, dass die Hand fast mit ihr durch die Luft geflogen wäre. Dann hob er mich in einer einzigen mühelosen Bewegung hoch, setzte mich mit seiner massigen Hand krachend auf den Rollschreibtisch und nagelte mich mit seinem gesamten Gewicht dort fest. Mein Kopf schlug gegen das Holz – Kirsche mit Messingintarsien. Ich sah Sterne, Glocken und zwitschernde Vögelchen. Scrubs dicker Zeigefinger stocherte in meiner Wange herum.
»Wenn du je wieder«, sagte er ruhig, was um einiges gefährlicher klang als sein vorheriges Gepolter, »dieses Ding in meiner Nähe rausholst, dann wirst du den Rest deines Lebens mit nichts zwischen deinen Beinen verbringen als einem großen, ausgefransten Loch.«
»War nur ein Scherz«, sagte ich, als ich wieder etwas von mir geben konnte. In meinen Ohren war ein Klingeln, und ich konnte meine eigene Stimme nicht hören. »Aber jetzt wissen wir beide, wo wir stehen, hm? Was für ein Auftrag ist das, den du erwähnt hast?«
»Du gottverdammter Drecksack!«, zischte Scrub. Aber er nahm die Hand weg, trat einen Schritt zurück
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