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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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in kleinen Gruppen an der Bar und unterhielten sich leise. Sie taxierten mich von oben bis unten, als ich vorbeiging, doch da ich mich in Scrubs Begleitung befand, verwarfen sie jegliche Absicht, mich als Kunden zu gewinnen, und vertieften sich wieder in ihre Gespräche.
    »Der Salon für Mitglieder«, brummte Scrub.
    Einige alte Witze erstanden oft genug von den Toten auf, um mein professionelles Interesse zu wecken. Aber in Scrubs teilnahmsloser Miene war nichts, das darauf hinwies, dass er die spaßige Seite dieser Bemerkung verstand. Ich schaute von ihm zu den Grüppchen horizontal gewerbetreibender Weiblichkeit, dann wieder zu ihm.
    »Wie soll ich nach Damjohns Ansicht vorgehen?«, fragte ich. Der Gedanke, unter die Betten zu schauen, während die guten Damen in ihnen ihren Lebensunterhalt verdienten, begeisterte mich nicht unbedingt.
    »Achten Sie auf die Türknäufe«, sagte Scrub.
    Oh Gott! Ich sah ihn mit gequältem Interesse an, da ich meinte, es müsse mehr kommen.
    Er hielt mir die Hand vor die Nase, Finger zusammen, die Handfläche senkrecht: die »Papier«-Position aus Schere, Stein, Papier. »Wenn der Griff so steht, ist das Zimmer frei. Wenn er diese Stellung hat« – er drehte die Hand um neunzig Grad –, »dann ist jemand drin.«
    »Was tue ich mit den belegten Zimmern?«
    »Lassen Sie sie aus«, brummelte Scrub. »Es sei denn, Sie wollen durch die Schlüssellöcher schauen.«
    Ich sparte mir einen Kommentar und startete meine Runde. Ich war bisher in meinem Leben in drei Freudenhäusern gewesen – in Karatschi (auf der Suche nach einem Bier), in der Mile End Road (beruflich) und in Nevada in einem schwachen Moment, den ich nachher und bereits währenddessen bereute. Alle drei hatten vieles gemeinsam, und dieses war aus dem gleichen Holz geschnitzt. Die Zimmer waren alle um einen Grad trübseliger als sogar Hotelzimmer, ein Tisch mit ein paar Nacktmagazinen darauf wie Ferienprospekte (»Sie reisen nächstes Jahr wieder nach Brighton, aber wollen Sie nicht auch Paris, Rom und die Algarve kennenlernen?«) und einem kleinen Plastiktreteimer mit dickem Plastikmüllbeutel darin. An den Wänden keine Bilder und auf den Nachttischen kein Raumschmuck. Auch keine Gideon-Bibel. Dies war kein Ort, an dem Kunden oder Personal sich von der Aussicht auf Erlösung in der Erledigung ihrer jeweiligen Aufgaben stören ließen.
    Sie waren auch alle sauber. Nicht physisch (obgleich sie auch das waren), sondern meta physisch sauber. Um ehrlich zu sein, ich bekam es ein wenig mit der Angst. Es war nicht nur so, dass dort keine Geister waren – es gab viele Orte, an denen es nicht aktiv spukte. Aber jeder Ort, an dem jemand lebte, sollte einige psychische Fingerabdrücke aufweisen: Echos alter Gemütsbewegungen, die in den Steinen oder in der Luft oder im Staub auf der Fensterbank zurückgeblieben sind. Dieser Ort hatte nichts. Er fühlte sich vollkommen steril an.
    Mit anderen Worten, er brauchte keinen Exorzisten, denn es war schon einer hier gewesen und hatte ganze Arbeit geleistet.
    Die Zimmer verteilten sich auf zwei Etagen, achtunddreißig insgesamt und einundzwanzig, die frei waren. Wahrscheinlich weil es noch früh war, nahm ich an. Ich war so gründlich wie möglich. Ich ging sogar in die Badezimmer, die quasi der Backstage-Bereich waren und sich als weniger auf Hochglanz poliert erwiesen als die Schlafzimmer. Aber auch dort gab es nichts, was meine Antennen zum Zittern gebracht hätte, es sei denn, das Fehlen von etwas Verdächtigem war an sich verdächtig.
    Ich kehrte zu Scrub zurück. Er lehnte an einem Ende der Bar, und alle Huren hatten sich nach und nach ans andere verzogen. Nicht nur ich fand anscheinend die Anwesenheit des Hünen beängstigend. Als er mich kommen sah, stand er auf, zog sein Sakko mit einem Achselzucken zurecht und ging voraus, die Treppe hinunter.
    »Felix!«, rief Damjohn, als wäre ich Stunden weggewesen und er hätte sich Sorgen gemacht. Er legte seinen Kugelschreiber beiseite, klappte sein Notizbuch zu und bedeutete mir erneut, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Diesmal gehorchte ich nicht.
    »Sie sind total sauber«, meinte ich. »Weißer als weiß. Unter diesen Umständen bin ich mit der Hälfte dessen zufrieden, was wir ausgemacht haben, da ich nichts anderes tun musste, als …«
    Er brachte mich mit einer Geste zum Schweigen.
    »Unsinn«, sagte er. »Unsinn, Felix. Ich bin dankbar, dass Sie kommen konnten.« Er überging geflissentlich die Tatsache, dass er Scrub losgeschickt

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