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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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einheitlich blass. Ein verwirrender Kontrast zu ihrem dunklen Haar und ihren Augen. Sogar ihre Brustwarzen und die Höfe darum waren so klar und lilienweiß, als wären sie aus Knochen geschnitzt. Splitternackt bis auf die schmale Kette, die an ihrem Fußknöchel silberhell und verführerisch klimperte, presste sie sich an mich und ihre Lippen suchten die meinen, während eine starke Hand in meinem Nacken meinen Kopf hielt.
    »Jetzt«, knurrte sie. »Gib’s mir! Alles.«
    Sie zerrte mit einer Hand an meiner Kleidung, und es erstaunte oder erschreckte mich nicht, dass ihre langen Fingernägel meine Kleider zerfetzten wie Papier und dabei gleichzeitig meiner Haut tiefe Wunden zufügten. Sie fummelte kurz zwischen meinen Beinen, bis ich mich mit ihrer Hilfe von dem befreite, was von meiner Hose und Unterhose noch übrig war. Unsere Lippen verschmolzen, dann unsere Schöße. Endlich vereinigten wir uns. Juliet hielt mich fest, während sie den Atem aus meiner Lunge in ihre sog, und Hitze breitete sich von meinem Herzen und meinem Schoß aus, um die ganze Welt zu füllen.
    Ich dachte, es sei wahre Liebe. Aber dann wurde die Wärme intensiver, steigerte sich in einem Moment von blutwarm zu kochend heiß, und als ich die Augen aufschlug, sah ich, dass wir beide in rote Flammen eingehüllt waren, die die Umgebung des Raums vor meinen Augen verbargen.

12
    I ch litt Todesqualen. Die furchtbare Hitze raste durch meinen Körper wie ein Monster, das zu groß war, um in mir Platz zu finden, und suchte nach Öffnungen, durch die es fliehen und mit der größeren Hitze verschmelzen konnte, die mich einhüllte. Ich wollte mich zurückziehen, aber es war, als wäre ich an Ort und Stelle festgebrannt, gekreuzigt an einem gewundenen Baum, der mich vielfach umschlang und festhielt. Ich konnte nicht einmal schreien. Mein Mund war offen, aber etwas verschloss ihn und erstickte mich, sodass ich keinen Laut hervorbringen konnte, während ich verschlungen wurde.
    Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Schmerz sich auswirken kann. Meist, wenn er stark genug ist, bringt er einen glatt um den Verstand. Aber wenn man sich bereits in einem Zustand der Panik befindet, dann kann Schmerz auch ein Anker sein, an dem man sich festhalten kann. Man kann ihn dann benutzen, um wieder zu sich zu kommen und sich zu orientieren. So war es bei mir. Die Qualen des Feuers schrillten in mir wie eine Alarmglocke und weckten mich aus der Trance, in die der Sukkubus mich versetzt hatte.
    Natürlich, das musste sie sein. Ihre dunklen Augen und ihr unsprünglicher Duft hätten mich warnen müssen, aber ich hatte mich in ihrem Kraftfeld befunden, ehe ich ahnte, womit ich es zu tun hatte. Danach hatte ich nur noch mit meinem Schwanz gedacht und war ebenso wenig fähig gewesen, zu begreifen, was mit mir geschah, wie mit zusammengebundenen Beinen Cancan zu tanzen.
    Ich sollte also sterben, und es würde wehtun.
    Sukkubi verschlingen Seelen, und sie lassen sich dabei Zeit – nun, ich will es mal so dezent ausdrücken, wie ich kann, weil die Körperöffnung, die sie dazu benutzen, keine Zähne besitzt. Ich spürte schon, wie ich schwächer wurde, davonglitt, und das Schlimme war, dass es von einem Gefühl fiebriger, pulsierender Lust begleitet wurde. Sie tötete mich und sorgte dafür, dass ich es genoss.
    Aber wenigstens dachte ich wieder, dachte durch den Schmerz und die Erregung, als versuchte ich, meine eigene Stimme in einem Radio zu finden, das nur ein ohrenbetäubendes Rauschen empfing, und weil ich dachte, begriff ich, dass ich eine Chance hatte, eine unwahrscheinliche Chance irgendwo zwischen knapp und Schneeflocke Mitte August.
    Mein Geist war angefüllt mit dem unterbewussten Liebesschrei des Sukkubus, angefüllt mit seiner Präsenz, ausgedrückt durch Geruch und Geschmack und Berührung, die mich antrieben und in sich hineinzogen. So ging er zu Werke, und als Exorzist konnte ich diese Präsenz, diesen plastischen, perfekten Eindruck, nutzen. So ging ich zu Werke.
    Mit freien Händen und meiner Tin Whistle an den Lippen wäre es ein Leichtes gewesen. Nun, es wäre drei oder vier Grad weiter weg von undurchführbar gewesen. Da meine Tin Whistle irgendwo auf dem Fußboden zwischen den zerfetzten Überresten meines Mantels lag und mein Mund mit Juliets unlösbar verbunden war, musste ich improvisieren.
    Ich streckte die linke Hand aus, tastete wild herum und fand eine harte Oberfläche: die Jalousie meines Rollschreibtisches. Die Schmerzen und die Lust waren

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