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Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick

Titel: Felix Castor (01) - Den Teufel im Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Fragen stelle.
    Verdammt noch mal, jeder spielte sich als Kritiker auf.
    Plötzlich riss mich etwas aus meinen ergebnislosen Gedanken. Als ich an einem Laden vorbeiging, erhaschte ich einen Blick auf mein eigenes Spiegelbild im Schaufenster. Ich sah es in einem schiefen Winkel und konnte erkennen, dass jemand hinter mir ging – jemand, den ich für einen Moment zu erkennen glaubte. Aber als ich mich umdrehte, war sie nirgends zu sehen. Sie hatte wie Rosa ausgesehen, das Mädchen aus Damjohns Club Kissing the Pink , nach dem Damjohn geschickt hatte, weil er annahm, ich fände Gefallen an seiner Rückansicht. Ziemlich unwahrscheinlich, dass es hier war, musste ich zugeben, aber der Eindruck war wirklich sehr deutlich gewesen.
    Nicky zu besuchen war gefährlich. Man konnte sich dort genauso schnell eine Paranoia einfangen wie eine Erkältung.
    *
    Als ich ins Zentrum von London zurückkam, war das düstere, dunstige Ende des Nachmittags angebrochen. So ging der Tag in Windeseile vorbei. Ich versuchte mein Glück noch mal in McClennans Büro, aber diesmal war sogar der Straßeneingang verschlossen.
    Nun, dann war diese Begegnung aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, und ich war voller ruheloser Ungeduld, die mich auf der Charing Cross Road ausschreiten ließ, als hätte ich wirklich ein Ziel, das ich dringend erreichen musste. Wenn es ein paar Monate früher gewesen wäre, hätte ich ein Taxi rüber nach Castlebar Hill genommen – zum Oriflamme, das für Exorzisten so etwas wie ein zweites Zuhause ist. Aber das Oriflamme war vor einer Weile abgebrannt, als ein anmaßender junger Kerl versucht hatte, im Hauptschankraum tantrische Schmerzbeherrschung zu demonstrieren, und dabei sich selbst und die Vorhänge in Brand setzte. Es hieß, man wolle woanders neu eröffnen, aber einstweilen war das nur Gerede.
    Unweit des Leicester Square zog ich mich in einen Pub zurück, der früher mal Moon Under Water geheißen hatte und nun eben anders. Dort leerte ich ein Glas 6X und schickte einen Whisky hinterher, um meinen rechtschaffenen Zorn anzuheizen. Nichts passte zusammen – und ein Auftrag, der aussah wie aus dem Lehrbuch, entwickelte sich zu einem Gewirr barocker Schnörkel, denen ich misstraute und die ich verabscheute.
    Der Geist kam aus einer jüngeren Zeit. Er hatte in einer Welt gelebt, die bereits Fabriken, Automobile und Armbanduhren hatte. Gut, theoretisch betrachtet hätte man damit den Zeitraum seiner Existenz auch auf die Jahrhundertwende legen können, doch das war nicht der Eindruck, den ich gewonnen hatte. Das Innere des Wagens hatte sehr modern und luxuriös ausgesehen; und Uhren mit flexiblen Stahlarmbändern hatte es vor 1940 sicher nicht gegeben. Demnach war er der russischen Sammlung im Archiv nicht zuzuordnen, und das, was ihn mit dem Gebäude in Churchway verband, musste etwas anderes sein – was mir bei der überhasteten Suche nach einer Lösung entgangen war.
    Natürlich musste ich nicht genau wissen, wer er war oder gewesen war – nicht um den Auftrag zu erledigen, für den ich bezahlt wurde. Alles, was ich dafür brauchte, war eine Art psychischer Schnappschuss, um eine Grundlage für einen Zaubertrick zu schaffen, und nach den Abenteuern der vorangegangenen Nacht hatte ich den bereits. Warum war ich dann nicht bei Pen und feierte mit einer Runde Méthode Champenoise , anstatt in einer lauten Bar in Soho vor mich hin zu brüten?
    Weil man mich für einen Idioten und zum Narren hielt – und das konnte ich nicht ertragen.
    Falls Gabe McClennan im Archiv gewesen war, dann hatte dieser Geist eine Geschichte, von der mir nichts erzählt worden war, und wenn jemand nach den Dienststunden durchs Gebäude schlich, konnte man wohl darauf wetten, dass ich beobachtet wurde. Entweder das, oder jemand ging Geschäften nach, die das Tageslicht scheuten. Ich ließ meine Gedanken noch für einige Zeit kreisen, ehe ich wieder zum eigentlichen Punkt zurückkam – den ich ziemlich krampfhaft gemieden hatte.
    Ich hatte Peele erklärt, ich würde den Exorzismus bis Ende der Woche abschließen: Damit hatte ich noch zwei Tage, den aktuellen nicht mitgezählt. Aber ich hatte eine Verbindung zu dem Geist, die stark genug war, um jederzeit einen Zaubertrick zu ersinnen. Im Grunde war die Aufgabe erledigt. Ich würde morgen reingehen, ein paar Takte spielen und mit dem Rest des Tausenders in der Tasche wieder rausgehen, und ich wäre am Leben und nur in einem Stück und nur in der Lage, dies zu tun, weil der Geist erschienen

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