Felix, der Wirbelwind
Danach war es still. Wir warteten ein paar Minuten, dann wollten wir gehen, als plötzlich ein Summen ertönte. Langsam schwang ein Flügel des dunklen, schmiedeeisernen Tores auf und jetzt sahen wir auch ein Haus.
Wow! Gegen dieses Haus war die piekfeine Alte Allee Nr. 1, in der Maxi wohnte, höchstens eine armselige Hütte und die Villa von Markus’ Vater vielleicht, aber auch nur vielleicht, ein Gartenhaus. Dieses Haus war ein Schloss und der Garten drumherum war kein Garten mehr, sondern ein Park.
Langsam und mit weichen Knien schlichen wir durch das Tor. Der Weg zum Haus war so endlos lang wie ein Highway zum Horizont, und dieser Horizont war dunkel und schwarz. Blitze zuckten aus den Gewitterwolkenbergen heraus und wurden von Kanonendonnern gejagt. Plötzlich fielen uns unsere Fingernägel ein. Wir nagten sie sauber und wischten uns mit Spucke den Dreck aus dem Gesicht.
„Was wollt ihr von Rocce?", begrüßte uns eine ziemlich frostige Stimme.
Wir zuckten zusammen und schauten uns um. Die tief stehende Sonne brach ein letztes Mal durch die Gewitterwolkenberge hindurch und blendete uns. Doch dann sahen wir sie: Sie standen direkt über uns auf der Terrasse des Schlosses. Rocce und sein Vater, der in diesem Moment den Arm um seinen Sohn legte.
„Ähem. Wir wollen ...", stotterte Fabi. „Ja, wir wollen ... ja, als Erstes wollen wir wohl auf keinen Fall stören!" Er versuchte sein unwiderstehliches Lächeln, doch das misslang ihm diesmal total.
„Das ist gut", nickte Giacomo Ribaldo. „Und was wollt ihr noch?" Er musterte uns drohend aus zusammengekniffenen Augen.
„Wir wollen, dass Rocce in unserer Mannschaft spielen darf!", beeilte sich Marlon zu sagen, und die Augen des brasilianischen Stürmerstars wurden noch enger. Deshalb beeilte ich mich und fügte hinzu: „Ja, und wir wollen, dass er unser Freund ist!"
Ich schaute zu Rocce: „Das willst du doch auch?"
Doch Rocce wich meinem Blick aus.
„Willst du das wirklich?", fragte Giacomo Ribaldo noch einmal. „Los! Schau mich an!"
Rocce sah seinem Vater direkt in die Augen. Er zögerte, das sah ich ganz deutlich, doch dann, ich kann es einfach nicht fassen, schüttelte er seinen Kopf.
„Das ist gut!", sagte Giacomo Ribaldo und wendete sich wieder an uns. „Habt ihr das alle gesehen?"
Wir nickten wortlos, doch wir bewegten uns nicht.
„Und was ist mit Fußball?", fragte ich leise.
Der brasilianische Stürmerstar lachte: „Natürlich spielt Rocce Fußball. Aber beim FC Bayern, wie ich. Aus Rocce soll doch einmal was werden."
„Aber wir werden auch Fußballprofis!", traute sich Leon zu sagen.
Giacomo Ribaldo schaute ihn an und lachte noch lauter.
„Dann ist ja alles in Ordnung. Dann spielt ihr ja als Profis zusammen. Ich meine, falls ihr wirklich das Zeug dazu habt."
Leon blitzte ihn an. „Soll das eine Beleidigung sein?"
Wir zuckten zusammen. Selbst Rocce hielt bei Leons Ton die Luft an, doch Giacomo Ribaldo schien das zu imponieren. Auf jeden Fall verschwand das Lachen aus seinem Gesicht.
„Nein. Das soll es nicht sein", sagte er kühl. „Aber wenn du wirklich vorhast, einmal Fußballprofi zu werden, dann solltest du deine Zeit nicht mit so einer Mannschaft verschwenden."
Er schaute von Leon über Raban zu mir, und ich muss zugeben, dass ich wieder unter meiner Atemnot litt. So aufgeregt war ich. Doch Leon ist anders, das habe ich euch schon gesagt. Er nimmt jede Herausforderung an.
„Das tu ich auch nicht", konterte er. Und seine Augen waren dabei noch enger als die von Ribaldo. „Ich kann meine Zeit mit dieser Mannschaft gar nicht vergeuden. Diese Mannschaft ist nämlich die beste Mannschaft der Welt!"
Für einen Moment war Giacomo Ribaldo sprachlos, und Leon schaute zu Rocce.
„Hast du das auch gehört?", fragte er fordernd und stolz. Rocce erwiderte seinen Blick. Fast glaubte ich schon, dass er nickte. Da fuhr sein Vater dazwischen.
„Unsinn!", sagte er kalt. „Ihr seid überhaupt keine Mannschaft. Ihr seid ein paar herumkickende Jungs. Das ist auch alles. Und ihr träumt nur davon, wovon alle kleinen Jungen gern träumen: Ihr träumt, dass ihr einmal so werdet wie ich."
Ein Blitz schoss über uns aus den Wolken heraus, und ein ohrenbetäubender Donner folgte ihm direkt auf dem Fuß.
Danach war es still. Wir standen da wie gelähmt, so als hätte uns eine böse Hexe in Steine verzaubert. Nur Marlon konnte sich noch bewegen. Langsam schüttelte er den Kopf: „Nein. Davon träume ich ganz bestimmt nicht!", sagte
Weitere Kostenlose Bücher