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Fels der Daemonen

Fels der Daemonen

Titel: Fels der Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Sonnleitner
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Bewegungen aller Art, wie er wusste. Also klammerte er sich abwechselnd mit der linken und der rechten Hand an dem Loch fest und versuchte, die Beine möglichst ruhig zu halten.
    Doch auf Dauer war das keine Lösung, das wusste er. ›Aber was soll ich tun?‹, fragte er sich verzweifelt und spürte, wie die Angst und die Hoffnungslosigkeit allmählich sein Rückgrat hinaufkrochen. ›Ich kann nicht an Land schwimmen, das sind mindestens zwölf Meilen‹, erinnerte er sich mit einem Blick auf die nur ganz schemenhaft und verschwommen zu erkennende Küste. ›Ich kann aber auch nicht wieder an Bord‹, überlegte er, als er die stählerne Leiter sah, die vom Deck des Schiffes ins Wasser führte. ›Die warten doch nur darauf, mich in die Finger zu bekommen!‹ Und die Chance mit dem Signal hatte er verspielt.
    Oben hatten die Schmuggler mittlerweile aufgehört, die Köder für die Haie ins Wasser zu schmeißen, und waren allem Anschein nach gut gelaunt wieder an ihre anderen Arbeiten gegangen. Um Bob kümmerten sie sich nicht mehr. Nicht einmal einen hämischen Abschiedsgruß war er ihnen mehr wert gewesen. Bob hatte sie aber ohnehin schon fast vergessen, da er mit zunehmender Nervosität den roten Blutteppich beobachtete, der Unheil verheißend auf den niedrigen Wellen trieb und sich langsam vergrößerte.
    Und dann erkannte er mit endgültiger Sicherheit, dass er auch nicht ewig im Wasser bleiben konnte. Denn in etwa zwanzig Metern Entfernung durchschnitt die Rückenflosse des ersten Hais die Wasseroberfläche!
    Bob zuckte zusammen und zog sich instinktiv noch ein Stück höher an dem Überlaufloch hinauf. Dann tauchte die zweite Rückenflosse auf und kurz danach die dritte. In immer kürzeren Abständen trafen die Haie an dem für sie köstlich gedeckten Tisch ein, und nach einigen Minuten wimmelte es um das Heck des Schiffes herum von den gierigen Raubfischen.
    Zuerst umkreisten sie die Fleischbrocken und Fischkadaver noch misstrauisch. Aber als der erste Hai seine messerscharfen Zähne in das tote Fleisch geschlagen hatte, gab es kein Halten mehr. Als hätte jemand den Essensgong für sie geläutet, stürzten sich nun auch die anderen Haie auf das blutige Aas, und binnen weniger Sekunden verwandelte sich das Wasser um Bob herum in ein schäumendes, spritzendes, brodelndes und zischendes Inferno. Die Fische steigerten sich in einen wahren Blutrausch, rissen sich gegenseitig die Brocken aus den Mäulern, wanden sich wie riesige Schlangen im Wasser und peitschten mit ihren grauen Schwanzflossen auf das Meer ein.
    Bob hielt die Luft an. Er wagte angesichts dieser tödlichen Gefahr nicht zu atmen.
    »Willst du nicht ein bisschen schwimmen gehen?«, johlte einer der Schmuggler von Deck und warf einen halben Fischkadaver direkt neben Bob ins Meer. Dieses Spektakel wollte er sich dann anscheinend doch nicht entgehen lassen.
    Wie dressiert schoss eine Sekunde später ein ungefähr drei Meter langer Hai auf den Brocken zu, packte ihn gierig und wendete wenige Zentimeter vor Bob. Bevor ihm das Wasser ins Gesicht spritzte, hatte Bob noch in das kalte, gefühllose Auge des Fisches geblickt, in dem sich sein eigenes, angstverzerrtes Antlitz gespiegelt hatte. Und obwohl das Auge fast leblos gewirkt hatte, schien es Bob doch so, als hätte es ihn bewusst angestarrt, als hätte es sich ihn vorgemerkt für den Fall, dass die Fleischbrocken ausgingen ...
    Der Schmuggler hatte offenbar Gefallen an dem grausamen Spiel gefunden und wollte gerade noch einen Köder neben Bob ins Wasser werfen, als er plötzlich mit erhobenem Arm innehielt. Er kniff die Augen zusammen, um schärfer sehen zu können, und blickte angestrengt aufs Meer hinaus. Dann ließ er den Arm sinken, stieß ein »Verdammter Mist!« hervor und verschwand hinter der Reling.
    Bob wandte den Kopf und schaute über die immer noch tobenden Haie ebenfalls aufs Meer hinaus. Irgendetwas dort draußen musste den Schmuggler ziemlich irritiert haben, aber Bob konnte absolut nichts sehen, was der Grund dafür hätte sein können. Plötzlich tauchte eine Stange, nein, ein Mast am Horizont auf, und zehn Sekunden später kam der Bug eines Schiffes in Bobs Blickfeld.
    Ein Schiff! Ein Schiff steuerte direkt auf die Seeschlange zu! Bob wäre am liebsten laut um Hilfe schreiend auf das Schiff zugeschwommen. Doch angesichts des Rudels fressgieriger Haie vor ihm blieb er natürlich bei seinem Überlaufloch und konzentrierte sich weiterhin darauf, sich möglichst wenig zu bewegen. Er musste

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