Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
samt Sauerstoffflasche, die er auf dem Rücken trug. Der Sanitäter hatte ein feststehendes Messer und einen Rucksack voller Verbandsmaterial. In der Munitionskiste befanden sich noch genau zweiundzwanzig Kerzen, die jeweils vielleicht für eine Stunde Licht sorgen konnten. Die bereits brennenden Kerzen blies Bruno bis auf eine aus und sammelte sie ein, während er diejenigen, die durch die Druckwelle im See nass geworden waren, zum Trocknen beiseite legte.
»Damit müssen wir jetzt sparsam umgehen. Das Seil könnte uns nützlich sein«, sagte er und dachte nach. »Wie lange reicht der Sauerstoff in deiner Flasche, Albert?«
»Fünfzehn bis zwanzig Minuten, je nachdem.«
»Ich könnte sie für den Patienten brauchen«, sagte der Sanitäter. Jean-Jacques schnaubte, und Jules verdrehte die Augen.
»Ist deine Taschenlampe wasserdicht?«, wollte Bruno von Albert wissen.
»Müsste eigentlich, aber verlassen würde ich mich nicht darauf.«
»Wir könnten sie sicherheitshalber in eine Plastiktüte stecken«, dachte Bruno laut nach. Er schnallte sich den Gürtel wieder um, verpackte die Taschenlampe in zwei Plastiktüten.
»Das Wasser fließt über den Felssims, den wir überquert haben. Als ich das letzte Mal hier war, habe ich mit einem Seil ausgelotet, wie tief die Klippe abfällt. Sind zwölf Meter. Vermutlich fließt das Wasser weiter bis in den See der Grotte. Mit dem Sauerstoffgerät und der Taschenlampe könnte ich nachsehen, ob der Wasserlauf passierbar ist.«
»Mit dem Patienten kommen wir da unmöglich durch«, sagte der Sanitäter.
»Wenn es stimmt, dass er in spätestens einer Stunde im Krankenhaus sein muss, bleibt nur diese Chance«, gab Bruno zu bedenken.
»Und was ist, wenn du steckenbleibst?«, fragte Albert. »Sollten wir nicht besser hier warten, bis sie den Tunnel freigeschaufelt haben und uns herausholen? Wenn wir von unserer Seite aus weiter Schutt wegräumen, kommen wir vielleicht per Funk durch.«
»Das bezweifle ich. Da drüben im Schacht war zu riechen, dass Plastiksprengstoff verwendet wurde. Der hat’s in sich. Wahrscheinlich ist der halbe Berg runtergekommen. Wir würden nicht nur Schutt wegzuräumen haben«, erwiderte Bruno. »Also, statt hier einfach rumzuhocken und auf Rettung zu warten, sollten wir zumindest den Versuch wagen. Wenn ich nicht weiterkomme, könnt ihr mich am Seil wieder zurückholen.«
»Moment«, sagte der Sanitäter. Er hakte seinen Kevlar-Helm vom Gürtel und warf ihn Bruno zu. »Den werden Sie brauchen.«
»Danke.« Bruno setzte ihn auf und zog den Kinngurt stramm. Um sich nicht auf weitere Diskussionen einlassen zu müssen, nahm er das Seil und die eingetütete Taschenlampe zur Hand und bat Albert, ihm das Sauerstoffgerät hinterherzutragen. Auf dem Felssims, über den das Wasser in die Tiefe stürzte, schlang er sich das Seil durch den Schritt und über die Schultern und reichte Albert das lose Ende. Dann legte er sich flach auf den Bauch, bibberte innerlich schon beim Gedanken, ins eiskalte Wasser zu steigen, und leuchtete mit der Taschenlampe in die Tiefe. Er konnte keinen Grund sehen, doch vielleicht hatte er beim ersten Mal mit seinem Senklot nur einen kleinen Felsvorsprung erreicht.
»Ich steige jetzt ab«, sagte er zu Albert und zog die Stiefel aus. »Sichere mich bitte mit dem Seil. Sobald ich festen Boden unter den Füßen habe, gebe ich dir ein Zeichen, und dann kannst du Jean-Jacques das Seil geben und mit der Sauerstoffflasche nachkommen.«
Bevor Albert etwas entgegnen konnte, hatte er sich über den Rand abgelassen, in der einen Hand die Taschenlampe, die andere am Fels.
»Du bist verrückt«, sagte Albert. Jules und Jean-Jacques halfen ihm, Bruno abzuseilen, langsam, Zentimeter um Zentimeter.
Bruno stemmte sich mit den Beinen vom Fels ab, um dem herabstürzenden Wasser so weit wie möglich auszuweichen, obwohl es, wie er fand, kaum stärker auf ihn niederrauschte als der Strahl aus den Duschen im Rugbyclub. Die durchnässten Kleider machten ihn schwerer, und der Fels unter seinen Socken war glatt und viel zu glitschig, um sich daran allein wieder hochzuziehen.
»Zwölf Meter sind abgewickelt«, rief Albert von oben. Das Wasserrauschen übertönte seine Stimme fast ganz.
»Noch mehr Seil nachlassen«, brüllte Bruno zurück. »Ich habe nur noch zwei Meter Seil.«
Plötzlich spürte er Grund unter dem tastenden Fuß, auf den er vorsichtig sein Gewicht verlagerte. Dann setzte er auch den anderen Fuß auf, schaute nach unten und sah sich,
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