Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
Bluterguss an der Seite und große Schmerzen, wollte aber nicht gehen. Sie sagte, wenn wir in der Klinik auftauchen, würden Nachforschungen angestellt, und ich käme ins Gefängnis.«
»Eins nach dem anderen, Louis. Brigitte ist verletzt, und ich werde sie jetzt zum Arzt fahren. In der Zwischenzeit sollten Sie mit dem Traktor losfahren und Ihre Kartoffeln setzen.«
5
Als Kind im kirchlichen Waisenhaus war Brunos bester Freund der kleine Terrier des Kochs gewesen. Deshalb hatte es ihn geradezu entsetzt, eines Tages während der Messe in der Predigt zu hören, dass Tiere keine Seele hätten. Er war damals sechs, vielleicht sieben Jahre alt gewesen, kurz vor seiner Befreiung aus dem Waisenhaus – wie er im Stillen dachte. Er kam in die Obhut einer fremden Frau, von der es hieß, sie sei seine Tante. In der ersten Nacht hatte er geweint, nicht weil es in der neuen Familie mit sechs anderen Kindern, seinen angeblichen Cousins, drunter und drüber ging, sondern weil er den kleinen Terrier vermisste und an die Worte des Priesters denken musste, dass er seinen angeblich seelenlosen Freund nicht einmal mehr im nächsten Leben wiedersehen würde. Seine Weigerung, eine solche Glaubensvorstellung zu akzeptieren, und die daraus folgende Skepsis gegenüber jeder priesterlichen Autorität hatten seine Entwicklungsjahre geprägt und einen Menschen aus ihm gemacht, der alles hinterfragte und sich seine eigenen Gedanken machte.
Und als er jetzt Hector, sein Pferd, begrüßte, ihm Futter gab und den Sattel auf seinen breiten Rücken schnallte, der einen herrlichen Duft nach Pferdeschweiß und Öl verströmte, drückte er seine Stirn an den warmen kräftigen Hals des Tieres und hörte zu, wie es krachend eine Möhre im Maul verschwinden ließ. Seit sein Basset Gigi von baskischen Terroristen bei einem gescheiterten Überfall auf eine Konferenz französischer und spanischer Minister mit einem gezielten Schuss niedergestreckt worden war, fand Bruno in Hector emotionalen Halt. Denn ohne ein Tier in seiner Nähe fühlte er sich nicht richtig wohl, ohne ein Lebewesen mit klugen, warmen Augen, das ihn freudig begrüßte und ein selbstverständliches Zutrauen zu ihm hatte.
Nach Gigis Tod aber fühlte er eine Verbundenheit mit Hector, die nachträglich seine kindliche Überzeugung bekräftigte, dass der Priester und die Kirche Unrecht hatten. Bruno machte sich eigentlich nur selten Gedanken um Glaubensfragen; er hielt es mit der Religion gern schlicht und traditionell. Von einem aber war er überzeugt: Wenn der liebe Gott nur halb so weise und barmherzig war, wie es hieß, würde er auch Hunde und Pferde in sein Paradies aufnehmen.
Bruno führte Hector aus dem Stall, schwang sich in den Sattel und bog in den Weg ein, der von Pamelas Haus in die Hügel hinaufführte. Normalerweise ritt er mit Pamela aus, der Haus und Stall gehörten und die Bruno das Reiten beigebracht hatte. In Saint-Denis hieß die inzwischen sehr beliebte Schottin auch nach all den Jahren immer noch »die verrückte Engländerin«, was Bruno, der sich glücklich schätzte, von Zeit zu Zeit mit ihr das Bett zu teilen, gern geändert hätte. Doch Pamela hatte ihm klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nach einer gescheiterten Ehe in Großbritannien kein Interesse an einer neuen festen Beziehung hatte. Und jetzt war sie nach Schottland gefahren, um sich um ihre Mutter zu kümmern, die bereits ihren zweiten Herzinfarkt erlitten hatte. Bruno hatte keine Ahnung, wann und ob überhaupt Pamela ins Périgord zurückkehren würde. Die Ärztin Fabiola, die eine der gîtes bewohnte, die Pamela im Sommer an Touristen vermietete, war bei den morgendlichen und abendlichen Ausritten in der Regel dabei. Doch als Bruno Brigitte Junot am Vormittag in die Klinik gebracht hatte, hatte ihm Fabiola erklärt, dass sie am Abend Dienst habe und verhindert sei. Die beiden Pferde Pamelas, Bess und Victoria, waren ein wenig älter und langsamer, weshalb Bruno, der sie an der Longe folgen ließ, ein gemächliches Tempo vorlegte. Nur einmal wurde Hector ungeduldig und warf den Kopf in die Höhe – er brauchte zumindest einmal am Tag seinen Galopp.
Brunos Frage, wo sie am Morgen gewesen sei, hatte Fabiola ignoriert, Brigitte geradewegs ins Behandlungszimmer geführt und Bruno aufgefordert, draußen zu warten. Nach zwanzig Minuten hatte sie ihn schließlich hereingerufen und darüber in Kenntnis gesetzt, dass Junots Frau infolge eines Unfalls zwei Rippenbrüche erlitten habe und unter
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