Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
warf das Gesicht des Barons gespenstische Schatten. Er schaute Bruno in die Augen.
»Du müsstest mich doch kennen, Bruno. Wenn ich dich täuschen wollte, hätte ich dir dann diesen geheimen Fluchtweg gezeigt?« Er drehte sich um, ging weiter und sagte wie zu sich selbst: »Wie dem auch sei, ich habe meine Pflicht getan.«
»Wie soll ich das verstehen? War es deine Pflicht, mir zu zeigen, dass die Einbrecher diesen Weg nicht genommen haben können?«, fragte Bruno.
»Nein«, sagte der Baron und blieb stehen. »Ich meine eine Pflicht, die ich meinem Vater gegenüber zu erfüllen hatte. Er nahm mir das Versprechen ab, das Geheimnis an jemanden weiterzugeben, dem ich voll und ganz vertrauen kann. Er sagte, man könne nie wissen, ob die Deutschen nicht doch wieder anrücken. Oder die Engländer.«
10
Zurück in der Mairie suchte Bruno den Bürgermeister auf, um ihn über den Einbruch in die Höhle in Kenntnis zu setzen. Doch ehe er die Sache ansprechen konnte, wurde er aufgefordert, an dem Gespräch teilzunehmen, das der Bürgermeister gerade mit dem Manager der Regionalbank aus Périgueux führte, der ihn alle paar Monate besuchte, um mit ihm über Bauprojekte und Finanzpläne der einzelnen Kommunen des Départements zu diskutieren. In wichtigen Gemeinden wie Saint-Denis besuchte der Manager jeweils zuerst die Filiale seiner Bank und lud anschließend den Bürgermeister ins beste Restaurant am Ort zum Mittagessen ein. Aber dazu waren beide heute offenbar nicht aufgelegt. Der Bürgermeister hatte den Stuhl vor seinem Schreibtisch entfernt, so dass der Banker wie ein unartiger Schuljunge vor ihm stehen musste.
»Ah, Bruno, Sie kommen genau richtig«, rief der Bürgermeister und winkte ihn ins Büro. »Sie kennen Monsieur Valentin. Schildern Sie uns doch einmal, mit welchem Einsatz Sie um Spenden für die Sporthalle geworben haben. Kaffeetafeln und Flohmarkt, Bingo-Abende und Sammelbüchsenaktionen, unser Bruno hat nichts ausgelassen. Und jetzt wird uns die Sporthalle, Brunos Traum, auf dem Silbertablett gereicht.«
»Holen Sie sich einen Stuhl, Bruno, und nehmen Sie Platz. Monsieur wird noch eine Weile stehen müssen, während ich ihm zu erklären versuche, warum unsere Kommune keinen Wert mehr auf geschäftliche Beziehungen zu seiner Bank legt.«
»Wie bitte?« Valentin verschluckte sich fast.
»Sie haben richtig gehört«, erwiderte der Bürgermeister trocken. »Wir werden von Ihnen keine Kredite mehr in Anspruch nehmen und unsere Konten bei Ihrer Bank auflösen. Die Banque Nationale de Paris macht uns ein besseres Angebot. Über sie werde ich auch meine persönlichen Geldgeschäfte abwickeln, wozu ich im Übrigen allen meinen Bekannten ebenfalls raten werde.«
»Ich verstehe nicht ganz…« In seiner Verzweiflung warf Valentin einen hilfesuchenden Blick auf Bruno.
»Ich mache keine Geschäfte mit meinen Feinden, Monsieur Valentin«, fuhr der Bürgermeister unerbittlich fort. »Und an mein Geld lasse ich sie schon gar nicht.«
»Feinde, Monsieur le Maire ? Wir, Sie und ich, arbeiten seit Jahren zusammen, und mein Haus ist seit über hundert Jahren die Bank von Saint-Denis…«
»Aber jetzt wenden Sie sich gegen uns und behindern mutwillig das für unser Département vielleicht wichtigste Projekt seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten«, sagte der Bürgermeister. »Schon in der ersten Bauphase geht es um mindestens fünfundzwanzig Millionen, und wenn alles fertig ist, sind wahrscheinlich an die hundert Millionen verbaut worden. Was ist aus Ihrer Sicht dagegen einzuwenden?«
»Wie kommen Sie darauf, dass ich etwas dagegen haben könnte? Ich habe von diesem Projekt ja noch nicht einmal gehört… und was ich jetzt erfahre, klingt ausgezeichnet. Wir würden es sofort unterstützen. Immerhin sind Sie einer unserer besten und verlässlichsten Kunden. Bitte, erzählen Sie mir mehr darüber.«
»Wie gesagt, die Projektleitung hat uns ganz nebenbei die von Bruno so sehr gewünschte Sporthalle versprochen – umsonst. Von der träumen wir schon seit Jahren. Sie ist für unsere Jugend unverzichtbar. Aber die Bank, der wir seit langem treu sind, versucht das Projekt zu sabotieren. Wie rechtfertigen Sie das?«
Valentin schluckte und war offenbar sprachlos. Er fuchtelte mit den Händen herum wie in stummer Fürbitte – an wen auch immer sich ein Banker im Himmel wenden mochte.
»Tja, ich schätze, der Vorstand in Paris wird auf meine Beschwerde, die ich gerade formuliere, eine passende Antwort finden. Der
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