Fenster zum Tod
Ich will, dass Sie etwas für mich tun. Als Erstes die Grundregeln: Sie rufen nicht die Polizei. Sie werden niemanden über das informieren, was passiert. Egal wie. Was immer Sie tun: Wenn irgendwer mitkriegt, was los ist, wird Ihrer Frau die Luft ausgehen, und sie wird sterben.«
»Verstanden. Verstanden. Was wollen Sie? Was soll ich tun?«
»Sie werden ein Foto für mich finden. Eines, das dem sehr ähnlich sieht, das Sie gerade bekommen haben. Und dann werden Sie es verschwinden lassen.«
Dann erläuterte Nicole die Einzelheiten.
»Sie hier, Mr. Billings? An einem Sonntag?«, sagte der Mann vom Wachdienst am Empfang von Whirl360, als Kyle das Foyer betrat. »Das ist ja ganz was Neues.«
»Hi, Bob«, sagte Kyle. »Bin auch gleich wieder weg.«
Bob drückte auf einen Knopf, und sich überlappende Plexiglasscheiben glitten auseinander, um Billings durchzulassen. Ein paar Meter weiter drückte Billings die Aufzugtaste. Beim Betreten der leeren Aufzugkabine tippte er auf das Bluetooth-Gerät an seinem Ohr.
»Lassen Sie mich mit Rochelle sprechen«, sagte Kyle.
Die Stimme in seinem Ohr sagte: »Sekunde. Sagen Sie was.«
»Kyle?« Seine Frau klang, als stände sie etwas entfernt von ihrer Geiselnehmerin, so, als hielte die Frau das Handy in die Luft.
»So«, sagte diese. »Sie haben sie gehört. Es geht ihr gut. Ich habe ihr die Tüte abgenommen, damit sie leichter Luft bekommt. Und das mit Bob war sehr gut. Sie klangen sehr natürlich. Sie machen das sehr gut.«
»So, gleich geht die Tür auf.«
»Gut«, sagte Nicole. »Ich bin hier, wenn Sie mich brauchen.«
Kyle betrat das Hauptbüro von Whirl360. Es sah hier nicht aus wie in anderen Firmen. Natürlich gab es auch in diesem Großraumbüro jede Menge Computerarbeitsplätze, aber es gab nicht viele Unternehmen, in denen der Arbeitsbereich von Billard- und Kicker- und Videospieltischen eingerahmt war. Wenn die Mitarbeiter von Whirl360 eine Pause brauchten, dann rollten sie von ihren eigenen Bildschirmen zu jenen im Außenbereich und spielten eine Runde virtuelles Golf, bekämpften Außerirdische oder entspannten sich vor dem 3-D-Fernseher. Und wenn sie genügend Energie getankt hatte, machten sie sich wieder an die Arbeit.
Heute war es ruhig im Büro. Nur eine Handvoll Mitarbeiter saßen vor ihren Terminals und gaben die neuesten von den Whirl360-Wagen übertragenen Bilder ein. Jede einzelne Sekunde jeder einzelnen Minute jeder einzelnen Stunde des Tages wurden in Städten rund um den Globus Straßen fotografiert.
»Hey, Kyle.«
»Was ist denn los, Kyle?«
»Wie geht’s, Kyle?«
Alle fühlten sich verpflichtet zu grüßen.
Er nickte jedem Einzelnen zu. Schließlich stand er vor seinem eigenen Arbeitsplatz. Einzelbüros gab es hier nicht. Jeder, egal auf welcher Stufe der Firmenhierarchie er sich befand, arbeitete hier im Hauptbüro.
Am liebsten wäre es Kyle gewesen, die Forderungen der Geiselnehmerin gleich von zu Hause aus zu erfüllen. Doch Whirl360 besaß eines der am besten gegen Hackerangriffe gesicherten Computersysteme der Welt. Ein Zugriff von außerhalb des Firmensitzes war unmöglich.
»Ich bin jetzt an meinem Schreibtisch«, sagte Kyle so leise, dass es niemand im Raum hören konnte.
»Hervorragend«, sagte Nicole. »Hier ist alles bestens.«
»Ich mach das hier für Sie, und wir hören nie wieder was von Ihnen«, flüsterte er.
»Genau. Sie löschen dieses Bild, Sie eliminieren es aus dem System, als wäre es nie dagewesen, und alles ist in Butter.«
»Ich habe Ihr Wort darauf?«
»Selbstverständlich.«
»So, ich bin drin.« Er hämmerte in die Tasten. »New York … Orchard Street … Sollte nicht lange dauern.«
Nicole nahm das Handy vom Ohr und legte die Hand aufs Knie. Wenn Kyle etwas zu sagen hatte, dann würde sie es hören. Sie war optimistisch. Sie merkte, dass er das so schnell wie möglich über die Bühne bringen, ihr alles recht machen wollte. Er würde es nicht verbocken.
»Macht er’s?«, fragte Rochelle. Wie Nicole gesagt hatte, hatte sie Rochelle die Tüte vom Kopf gezogen, von den Fesseln befreit hatte sie sie allerdings nicht. Rochelle saß nach wie vor mit Gewebeband gefesselt auf dem teuren Lederstuhl in dem teuer eingerichteten Keller der Billings. Hier gab es alles. Einen Billardtisch. Eine Bar. Einen 3-D-Großbildfernseher. Eine aufwendig gestaltete Modelleisenbahnanlage mit Bergen und Häusern und Brücken. Das Ding musste an die zwanzig Quadratmeter groß sein. Unglaublich.
»Er macht das sehr
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