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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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hatte die Tür aufgemacht.
    »Alles bestens, Herrgott noch mal!«, schnauzte Len sie an.
    Die Tür schloss sich.
    Len räusperte sich. »Ich wollte ihn zum Essen einladen«, fuhr er fort.
    »Sie wissen doch, dass Thomas das Haus nicht gern verlässt«, sagte ich, ohne allerdings hinzuzufügen, dass er es insbesondere nicht gern verlassen hätte, um mit Len irgendwohin zu gehen.
    »Ja, ja, ich weiß schon, aber ich dachte, es würde ihm guttun. Er kann sich doch nicht tagein, tagaus dort verbarrikadieren. Das ist einfach nicht gesund. Euren Dad hat das wahnsinnig gemacht.«
    »Also, wie kam’s dazu, dass Thomas Sie geschlagen hat?«
    Len zuckte müde die Achseln. »Kann sein, dass ich ihn zu sehr gedrängt habe. Ich wollte ihn überreden, mitzukommen. Hab seinen Arm genommen, wie man’s halt so macht, um ihn ein bisschen anzuschieben. Er riss sich los, und dabei hat er mich an der Wange erwischt. Wenn Thomas gesagt hat, dass da mehr war, wenn er sagt, dass ich absichtlich grob zu ihm war … das stimmt nicht. Das ist wieder so eins von seinen Hirngespinsten, mehr nicht.«
    »Er hat nichts Derartiges gesagt.«
    Len nickt befriedigt. »Dann ist es ja gut. Verrückte erzählen nämlich allen möglichen Scheiß, der gar nicht stimmt, wenn du weißt, was ich meine. Himmelherrgott, er glaubt, er hat einen früheren Präsidenten zum Freund.«
    »Len, Sie haben es wahrscheinlich gut gemeint«, sagte ich mit sachlicher, entschlossener Stimme, »und ich weiß, dass Sie lange Jahre mit meinem Vater befreundet waren. Aber bei allem Respekt, ich werde es nicht zulassen, dass Sie Thomas als Verrückten bezeichnen. Er ist ein lieber, harmloser, anständiger Mensch. Ich will nicht behaupten, dass er nicht ein bisschen anders ist. Das ist auch mir klar. Aber Sie haben kein Recht, so über ihn zu reden. Und wenn er Ihre Einladung zum Essen nicht annehmen will, dann haben Sie das genauso zu respektieren wie bei jedem anderen.« Ich holte Luft.
    Als ich mich zum Gehen umwandte, sagte Len. »Ganz so harmlos ist er aber nicht.«
    »Was?«
    »Euer Vater hat’s mir erzählt. Thomas konnte richtig wütend werden. Einmal hat er sogar versucht, euren Dad die Treppe runterzustoßen. Natürlich fand er alle möglichen Entschuldigungen für das Benehmen deines Bruders, aber wenn du meine ehrliche Meinung hören willst: Der Junge gehört in die Klapse.«

Siebenunddreißig
    I ch verstehe nicht, warum du auf der Party gestern Abend unbedingt dieses rote Kleid tragen musstest«, sagte Kyle Billings zu seiner Frau Rochelle.
    »Du weißt, dass ich dieses Kleid mag«, sagte sie. »Ich mag, wie ich mich darin fühle.«
    »Wie denn? Wie eine Nutte? So willst du dich also fühlen?«
    »Leck mich«, sagte Rochelle und stürmte aus dem Bad – Jacuzzi, Doppeldusche, Doppelwaschbecken, Bidet, verteilt auf acht Meter – in das direkt angrenzende Schlafzimmer mit den zur baumbestandenen Straße gelegenen, gebogenen Fenstern. Dort verschwand sie im Kleiderschrank.
    Sie hatten beide ihren eigenen begehbaren Schrank, und jeder davon war größer als die Kellerwohnung in Chicago South Side, in der Kyle vor zehn Jahren gelebt hatte. Mit Mäusen und Schimmel, und den Mietern in der Wohnung über ihm, die beinahe jeden Abend rumbrüllten wegen allem und jedem – angefangen von zu wenig Butter auf dem Toast bis hin zu seinen nächtlichen Sauftouren mit Freunden.
    Mittlerweile musste Kyle sich keine streitenden Nachbarn mehr anhören, und von den Nachbarn musste niemand sich die Auseinandersetzungen zwischen Kyle und Rochelle anhören. Sie bewohnten ein millionenteures Anwesen an der Forest Avenue in Oak Park, gleich neben einem wahrhaftigen Frank-Lloyd-Wright-Haus, einem von mehreren in der Straße. Kyle Billings war überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis eines der von Wright entworfenen Häuser auf den Markt kam, und dann würde er zuschlagen. Das würde dann wohl endlich auch seinem Vater imponieren, dem es anscheinend völlig am Allerwertesten vorbeigegangen war, dass sein Sohn es mit seinem genialen Händchen bei Whirl360 schon zum Multimillionär gebracht hatte, obwohl er noch keine dreißig war. Billing senior hatte nur einen Gott, der hieß Frank Lloyd Wright und war der größte aller amerikanischen Architekten, ob tot oder lebend. »Warum hast du dieses Haus gekauft und nicht das da?«, hatte er Kyle gefragt und dabei auf das am nächsten gelegene Wright-Haus gezeigt.
    Arschloch.
    Kyle Billings folgte seiner Frau in ihren Kleiderschrank.

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