Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
setzte Nicole sich wieder auf ihren Stuhl und wartete auf Kyle Billings’ Rückkehr.

Achtunddreißig
    I ch war erschüttert über Len Prentice’ Einstellung und über das, was er gesagt hatte.
    Dass er Thomas als Verrückten bezeichnet hatte, der in die Klapse gehörte, hatte mich zwar in Rage versetzt, was mir aber viel mehr zu schaffen machte, war, dass Thomas versucht haben soll, unseren Vater die Treppe hinunterzustoßen. War es wirklich so schlimm, wie es sich anhörte? War es wirklich passiert? Dad hatte mir gegenüber nie etwas erwähnt, aber das hieß nicht, dass nichts dergleichen vorgefallen war. Es war nicht seine Art, seine Familie mit seinen Problemen zu belasten. Als er vor zehn Jahren einen Knoten in einem Hoden spürte, sagte er meiner Mutter kein Wort. Er ging zum Arzt und ließ das untersuchen. Als der Befund kam, zeigte sich, dass kein Grund zur Sorge bestand, und der Knoten bildete sich von selbst zurück. Erst geraume Zeit später, als es Mom nicht gutging und sie sich beim selben Arzt untersuchen ließ, erkundigte sich dieser, wie es Adam in der Zwischenzeit ergangen war.
    Mom machte Dad die Hölle heiß. Sie erzählte mir alles, in der Hoffnung, ich würde dasselbe tun. Ich tat es nicht. So war Dad eben, und ich wusste, in diesem Punkt würde er sich nicht ändern. Was für Schwierigkeiten er auch immer mit Thomas gehabt haben mochte, seit er allein mit ihm lebte, er hatte kein Wort darüber verloren. Wahrscheinlich hatte er befürchtet, ich hätte mich verpflichtet gefühlt, ihm meine Hilfe anzubieten, wenn er den Mund aufgemacht hätte – und ich hoffte im Nachhinein, ich hätte es getan –, doch genau das hätte er nicht gewollt. Er fühlte sich für Thomas verantwortlich, mit mir hatte das nichts zu tun. Ich solle mein eigenes Leben führen, hätte er argumentiert.
    Aber offensichtlich hatte er das Bedürfnis gehabt, sich jemandem anzuvertrauen. Jemandem, der sich nicht bemüßigt gefühlt hätte, etwas zu unternehmen, ihm aktiv unter die Arme zu greifen. Len hatte ein offenes Ohr für die häuslichen Sorgen meines Vaters gehabt, auch wenn er in meinen Augen alles andere war als offen im Sinne von aufgeschlossen. Soweit ich das beurteilen konnte, war er ein einfältiges, engstirniges Arschloch.
    Ich wollte hören, was Thomas dazu zu sagen hatte. Aber war mein Bruder ein vertrauenswürdiger Zeuge seiner eigenen Handlungen?
    Auf dem Heimweg überwältigte mich das Gefühl, in einen Strudel geraten zu sein. Ich war nach Promise Falls gekommen, um mich um den Nachlass meines Vaters zu kümmern, meinen Bruder irgendwo unter- und das Haus an den Mann zu bringen. Mit nichts davon war ich irgendwie weitergekommen. Ständig gab es etwas, das mich ablenkte. Sonderbare, beunruhigende Worte auf Dads Computer. Thomas’ Fixierung auf dieses verdammte Gesicht am Fenster. Ein Zusammenstoß zwischen Thomas und Len Prentice, und anscheinend auch zwischen Thomas und unserem Vater.
    Noch etwas spukte mir im Hinterkopf herum. Die Sache mit dem Rasentraktor. Der Schlüssel in der AUS-Position. Das hochgeklappte Mähwerk, das darauf hindeutete, dass Dad seine Arbeit beendet hatte. Aber sie war nicht beendet, warum also hatte er das Mähwerk angehoben?
    Ich fragte mich, ob ihn vielleicht jemand unterbrochen hatte. War es möglich, dass jemand zu ihm hinuntergekommen war, um mit ihm zu reden? Bei laufendem Motor war eine Unterhaltung so gut wie unmöglich, Dad hätte den Traktor also ausgeschaltet. Und wenn er davon ausgegangen wäre, dass es ein längeres Gespräch werden würde, dann hätte er auch das Mähwerk hochgeklappt.
    Hatte es sich so abgespielt? War jemand zum Plaudern vorbeigekommen? Es war nicht der ideale Ort für eine Unterhaltung. Er war sogar eher gefährlich, weil der Hang so steil war. Um zu verhindern, dass der Traktor aus dem Gleichgewicht geriet, musste mein Vater sich ständig zum Hang hin lehnen. Da genügte es vielleicht schon, sich gerade hinzusetzen, und das verdammte Ding kippte um.
    Was ja letztendlich auch geschehen war.
    Aber wenn der Traktor auf ihn gefallen war und ihn erdrückt hatte, als er gar nicht mehr fuhr, und wenn mein Vater stehen geblieben war und den Motor ausgemacht hatte, weil jemand mit ihm reden wollte, wer zum Teufel konnte das gewesen sein? Und warum hatte dieser Jemand nicht gleich Hilfe geholt?
    Thomas hatte schließlich den Notruf gewählt, als er Dad gefunden hatte. Doch da war dieser schon tot, eingeklemmt unter dem Rasenmäher.
    Es sei denn …
    Es

Weitere Kostenlose Bücher