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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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also keine Chance, die Besitzer der beiden Fahrzeuge ausfindig zu machen. Und zweitens steht dieses Bild, die Aufnahme von dieser Straße, wahrscheinlich schon seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren im Netz. Ich meine, wir reden hier von einem geringfügigen Schaden, der vor wer weiß wie langer Zeit verursacht wurde. Der Besitzer des blauen Wagens hat ihn wahrscheinlich schon vor einem Jahr reparieren lassen, wir haben doch überhaupt keine Ahnung. Gut möglich, dass ihm der Wagen gar nicht mehr gehört. Das hier ist ja kein Livestream. Das sind alles lang zurückliegende Momentaufnahmen.«
    Thomas sagte nichts.
    »Was ist?«, sagte ich. »Sag doch was.«
    »Es ist nicht richtig, dazustehen und nichts zu unternehmen.«
    »Wir sind doch – Herrgott, du bist doch kein Unfallzeuge, der gerade gesehen hat, dass der Geländewagen jemand über den Haufen gefahren hat. Das ist genau das, wovon ich rede, Thomas. Du verbringst viel zu viel Zeit hier oben. Du musst raus. Komm runter und schau dir mit mir einen Film an. Wozu hat Dad denn diesen tollen Fernseher gekauft? Großbildschirm und HD. Damit er da unten Moos ansetzt?«
    »Geh du schon mal«, sagte er. »Ich komm dann nach. Such du einen Film aus, und den sehen wir uns dann an.«
    Ich ging hinunter und schaltete den Fernseher ein. Dann drückte ich alle Tasten, die notwendig waren, um die Verbindung zu einem Internet-Filmdienst herzustellen.
    Ich stieß auf einen in Neuseeland gedrehten Film mit dem Titel The Map Reader.
    »Du kriegst die Tür nicht zu«, entfuhr es mir. »He, Thomas! Ich hab hier einen Film, wie für dich gemacht. Über einen Jungen, der ganz versessen auf Landkarten ist!«
    »Alles klar«, antwortete er. »Gib mir noch eine Minute!«
    Er kam nicht. Ich wartete eine Viertelstunde, dann machte ich den Fernseher aus, ohne mir etwas angesehen zu haben, ging in die Küche und genehmigte mir Dads letztes Bier.

Sechs
    N eun Monate vor diesen Ereignissen hebt Allison den Kopf ein paar Zentimeter von ihrem Kissen auf der Schlafcouch und wirft einen Blick auf die digitale Zeitanzeige des DVD-Spielers, der am anderen Ende des kleinen Wohnzimmers steht. Fast Mittag. Wenn sie von der Spätschicht nach Hause kommt, bemüht sie sich, nicht zu vergessen, die Rollos herunterzuziehen, damit das Tageslicht sie am nächsten Morgen nicht weckt. Aber um wirklich jeden Lichtstrahl auszusperren, müsste man das ganze Fenster mit schwarzem Papier abkleben oder sich so richtig schwere, lichtundurchlässige Vorhänge besorgen, die den Raum völlig verdunkeln.
    Gott, jetzt scheint da draußen auch noch die Sonne. Sie zieht sich die Decke über den Kopf.
    Allison ist ziemlich sicher, dass sie im Augenblick alleine ist. Sie teilt sich die Wohnung mit Courtney Walmers, die das Schlafzimmer für sich hat. Wenn man nicht das Glück hat, eine mietpreisgebundene Wohnung zu ergattern, kann man in dieser Stadt unmöglich allein leben, erst recht nicht von dem, was man als Kellnerin verdient. Courtney hat einen Bürojob unten an der Wall Street, verlässt also spätestens um acht das Haus. Allisons Schicht beginnt normalerweise gegen fünf am Nachmittag. Wenn Courtney es mal schafft, sich früher aus dem Büro zu stehlen, sehen die beiden sich sogar ein paar Minuten.
    Allison hofft, dass der heutige keiner dieser Tage ist. Courtney zu treffen ist nicht unbedingt etwas, auf das sie besonders erpicht ist. Sie weiß, dass Courtney mit ihr sprechen will – richtig, ernsthaft  –, und genau so ein Gespräch will Allison vermeiden. Denn sie weiß genau, was das Thema sein wird.
    Geld.
    Geld ist immer das Thema. Zumindest in den letzten Monaten ist es das einzige Thema, das Courtney interessiert. Seit Allison ihren Anteil an der Miete und anderen Ausgaben wie Kabel- und Internetgebühren nicht mehr zahlt. Courtney droht, diese Dienste zu kündigen, doch Allison ist sicher, dass sie das nie tun würde. Wenn sie zu Hause ist, spielt sich Courtneys Leben auf Facebook ab. Soweit Allison das mitbekommt, gilt das auch für die Arbeit. Warum diese Finanzfirma, bei der ihre Hausgenossin arbeitet, sie nicht schon längst an die Luft gesetzt hat, ist Allison schleierhaft. Wenn sie in die Bar geht, dann arbeitet sie wenigstens. Und wie. Den Arsch reißt sie sich auf. Bedient an den Tischen, erträgt die ätzendsten Gäste, muss sich von der Küche anmotzen lassen, wo sie ums Verrecken keine Bestellung auf die Reihe kriegen.
    O ja, Allison verdient sich ihr Geld. Es reicht nur einfach hinten und vorne

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