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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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online etwas sah und unbedingt wissen wollte, was das war.
    Hilfe.
    Das Blatt in der Linken haltend klopfte ich mit der Rechten an die Tür. Die Tüte von Pearl Paint schwang mit.
    Als nach drei Sekunden niemand öffnete, probierte ich es noch einmal.
    Und wartete.
    Und überlegte dabei, ob ich noch ein drittes Mal klopfen sollte. Vielleicht schliefen die Leute. Wollte ich sie wirklich wegen so etwas wecken?
    Ich war drauf und dran, es zu tun, da ging eine andere Tür auf, ich glaube, die von 303. Ich wandte mich um. Oberkörper und Kopf einer molligen Frau ragten in den Flur. Sie trug Lockenwickler und eine Brille mit einem dicken schwarzen Gestell.
    »Da wohnt niemand«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Da wohnt niemand mehr. Die beiden Mädchen sind ausgezogen.«
    »Ach so, das wusste ich nicht.«
    »Schon vor Monaten«, sagte sie. »Im Moment ist die Wohnung nicht vermietet.«
    »Ach so«, sagte ich noch einmal. »Danke.«
    Sie trat zurück und schloss die Tür.
    Klappe zu, Affe tot.
    Als ich das Haus verließ, wandte ich mich nach links, Richtung Norden. Auf dem Weg zum Bahnhof überlegte ich, was ich Thomas erzählen würde, wenn ich nach Hause kam. Es gab nicht viel zu erzählen: Ich war da gewesen, aber die Wohnung stand leer.
    Was sollte ich denn sonst tun?
    Ich saß bereits im Zug und schaute auf den vorüberziehenden Hudson hinaus, da kam mir plötzlich etwas zu Bewusstsein, das mich im Unterbewusstsein schon die längste Zeit beschäftigt hatte: Wieso war bei Dads Traktor das Mähwerk hochgeklappt und die Zündung ausgeschaltet gewesen?

Neunundzwanzig
    T homas wusste, dass er sich das Frühstück und das Mittagessen selbst machen musste. Ray hatte ihm gesagt, das sei jetzt seine Aufgabe. Ray hatte gesagt, wenn er zu nachtschlafender Zeit aufstehen musste, um mit dem Zug nach Manhattan zu fahren und diesem Hirngespinst hinterherzujagen (Thomas war ziemlich sicher, dass Ray das Wort Hirngespinst gebraucht hatte), dann war das Mindeste, was Thomas tun konnte, sich sein Essen selbst zu machen.
    »Ist gut«, sagte Thomas. »Was haben wir denn im Haus?«
    »Es gibt Brot und Marmelade und Erdnussbutter und Thunfisch. Schau nach. Mach die Schränke auf und nimm dir, was du brauchst.«
    »Wenn ich Thunfisch will, wo ist der Dosenöffner?«
    »Thomas, schau mich an.«
    »Ja, Ray?«
    »Benutz deinen Kopf. Wenn du etwas nicht gleich siehst, dann such es.«
    »Ist gut.«
    Ray war offensichtlich nicht besonders scharf darauf, sich dieses Fenster in der Orchard Street anzusehen, aber er hatte es versprochen, und Thomas war froh. Er war sich gar nicht so sicher, dass er noch eine Nachricht an die CIA geschickt hätte, um seine Besorgnis über den Tütenkopf zum Ausdruck zu bringen – seine Beziehung zur CIA sollte über das Berufliche nicht hinausgehen. Wenn man an höchster Stelle den Eindruck bekam, dass er immer gleich Alarm schlug, wenn er etwas Verdächtiges auf Whirl360 entdeckte, dann würde man seine Dienste vielleicht nicht mehr so gern in Anspruch nehmen, wenn das Große Ding passierte, was immer dieses Große Ding auch war.
    Unabhängig davon wurde Thomas von Woche zu Woche zuversichtlicher, dass er bereit war. Jeden Abend, wenn er Whirl360 schloss, die Chronik seines Computers löschte, das Licht ausmachte und den Kopf aufs Kissen legte, durchstreifte er in Gedanken die Straßen einer Stadt, die er kürzlich erforscht hatte, bis er darüber einschlief. In der letzten Nacht war er mit geschlossenen Augen durch San Francisco gewandert. Er ging die Hyde Street entlang, bog rechts ab und schlenderte die wie ein Korkenzieher gewundene Lombard Street bergab auf den in der Ferne liegenden Coit Tower zu. Oder er blieb auf der Hyde Street, die dann ebenfalls bergab führte, und sah in der Ferne etwas, das Alcatraz sein musste. Dann überquerte er die Chestnut Street, wo die Häuser links den Blick freigaben auf eine Fläche, auf der es eigentlich nichts zu sehen gab und die sich Russian Hill Open Space nannte. Und wenn er die Hyde Street immer geradeaus ging, dann war er bald …
    Eingeschlafen.
    Ray steckte gegen fünf den Kopf in sein Zimmer und weckte ihn. »Ich fahre jetzt«, sagte er. »Mach keinen Unsinn.«
    »Alles klar«, murmelte Thomas in sein Kissen.
    Als er schließlich aufstand, schien die Sonne schon zum Fenster herein. Noch ehe er ins Bad ging, um sich schnell zu duschen, und sich anzog, schaltete er den Computer ein und machte Whirl360 auf.
    In der Küche betrachtete er einen Augenblick unschlüssig

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