Ferdinand Graf Zeppelin
drehen!«
»Gut so! Aber schauen Sie – ja, was ist das denn?! Ich glaube, irgendwie scheint die Steuerung nach rechts nicht mehr richtig zu funktionieren!«
»Jetzt wird es wirklich brenzlig!«
»Du meine Güte, ja. Geben Sie Tempo, damit wir im Fall einer Notwasserung gleich da sind. Ich glaube nicht, dass es ihnen gelingen wird, noch bis Manzell zurück zu kommen.«
»Das halte ich auch für unwahrscheinlich.«
Immer tiefer gruben sich die Sorgenfalten in die Mienen der beiden Ingenieure.
»Hoffentlich weiß der Graf, dass er so schnell wie möglich nach einer Notlandestelle Ausschau halten muss. Auf alle Fälle muss er tiefer gehen.«
»Er macht es schon. Und er will, wie mir scheint, am Dampferanlegesteg bei Immenstaad herunter gehen.«
Spätestens jetzt konnten auch die anderen Beobachter erkennen, dass mit der Steuerung des Schiffes irgendetwas nicht in Ordnung war. Denn während das Luftschiff langsam an Höhe verlor, drehte es sich um seine eigene Achse. Einmal. Zweimal. Und das, obwohl die Motoren auf Hochtouren arbeiteten, während die Besatzung durch das permanente Verstellen der Luftschrauben, je nach Lage des Schiffs, vorwärts, dann wieder rückwärts, mit äußerster Konzentration versuchte, das Schiff nicht über Land treiben zu lassen.
Schreckensbleich verfolgten nun auch die Angehörigen des Grafen zusammen mit den anderen Ehrengästen das sichtlich verzweifelte Bemühen, einer einigermaßen sanften Notwasserung vor Immenstaad.
»Der arme Papa! Wird er abstürzen!«
»Niemals! Wenn es einer schafft, die Nerven zu behalten, dann ist das dein Papa«, entgegnete Eberhard von Zeppelin mit gespielter Zuversicht, während er teilnahmsvoll die schweißnasse rechte Hand seiner Nichte ergriff. »So gut kenne ich meinen Bruder schließlich. Er wird es schaffen, glaube mir.«
»Ich hoffe sehr, dass du recht behälst, Ebi«, flüsterte Isabella von Zeppelin, die das taumelnde Luftschiff mit ihrem Ehemann an Bord angstvoll fixierte.
In der Tat war die Lage an Bord des Luftschiffs vom ersten Moment, seitdem Zeppelin das Kommando »Taue los!« gegeben hatte, kritisch gewesen.
Denn durch die kurze Verzögerung beim Loslassen der hinteren Halteseile war, wie die Zaungäste richtig beobachtet hatten, der Bug des Schiffes erst leicht in die Höhe gestiegen, um sich kurz darauf in einer abrupten Bewegung scharf nach unten zu drücken. Schuld daran war das 130 Kilogramm schwere, an einem Laufseil befestigte Ausgleichsgewicht gewesen, das sie geistesgegenwärtig versuchten, sofort wieder in eine mittlere Position zu ziehen. Doch genau in diesem Moment brach die Kurbel, so dass das Laufgewicht plötzlich wieder nach vorne schoss. Nur durch die geistesgegenwärtige Reaktion des Grafen, der den Männern an den Motoren sofort den Befehl zum Stoppen und gleich danach zum Rückwärtslauf der Luftschrauben erteilte, konnte ein drohender Überschlag des Luftschiffes vermieden werden.
Damit gelang es Zeppelin, die Gefahr zu bannen. Doch das Laufgewicht ließ sich dennoch nicht mehr bewegen, sondern hing fest. Als wäre dies allein nicht schon gefährlich genug, gesellten sich tatsächlich noch, so wie von Kober und Dürr bemerkt, an der Backbordseite Probleme mit der Steuerung hinzu, deren Ursache ebenfalls in dem nicht mehr benutzbaren Ausgleichgewicht zu suchen waren. Eine Reparatur war freilich unmöglich. Und dazu noch dieser plötzlich böig auffrischende Wind! Unter allen Umständen musste er vermeiden, davon aufs Land getrieben zu werden!
Es blieb ihnen folglich nichts anderes zu tun, als so rasch wie möglich eine geeignete Notwasserungsstelle zu suchen, während sie das teilweise steuerlos gewordene Schiff durch ständigen Vor- und Rücklauf der Motoren in einer stabilen Lage über der Wasserfläche zu halten versuchten. Aber … was war das?! Zeppelin fühlte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren brach, als er es bemerkte: Aufgrund der brutalen Kräfte, die durch die ständigen Richtungswechsel der Luftschrauben an dem Luftschiff zerrten, bog sich der riesige Flugkörper durch! Und zwar viel stärker, als von Dürr und Kober berechnet. Deutlich stärker und mit wesentlich höherem Druck, als ihm die Träger des Aluminiumgerippes auf Dauer würden standhalten können! Und zu allem Übel prallte der unangenehm böige Wind in dieser Höhe wie ein Kanonenschlag wieder und wieder auf die deformierte Hülle und brachte das Schiff zusätzlich in eine instabile Lage! »Bassus! Achtung! Wir bekommen ein Problem
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