Ferdinand Graf Zeppelin
schon immer besonders ablehnend gegenüber gestanden hatte! »So ein Orden ist ja gut und schön – aber davon kann ich mir auch nichts kaufen. Es wäre besser gewesen, wenn mir der Kaiser anstelle des Ordens lieber ein paar hunderttausend Mark bewilligt hätte.«
»Genau so sehe ich das auch!« knurrte Eberhard von Zeppelin verdrießlich, der seinen Bruder zu der ehrenvollen Zeremonie nach Berlin begleitet hatte. »Und dem Kerl von der Luftschiffabteilung sagst du am besten gleich von vorneherein ab. Der kann dir sowieso nichts helfen, sondern bringt dir höchstens Scherereien!«
»Du hast recht, Ebi. Dafür sind mir meine Nerven zu schade. Lieber werkle ich mit meinem Dürr alleine in der Halle herum, als mich mit so einem Ignoranten herumzuärgern. Und jetzt komm, kleiner Bruder: zur Feier des Tages möchte ich dich zu einer guten Flasche Wein einladen.«
»Da sage ich nicht Nein«, strahlte Ebi und gab seinem Bruder einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. »Also, Ferdi, lass uns anstoßen: auf uns, unsere Familie – und auf eine gute Zukunft deiner wunderbaren Zeppeline!«
Immerhin: die Verleihung des angesehenen Ordens durch den Kaiser rief in gesellschaftlichen Kreisen zumindest ein gelindes Erstaunen hervor. Und der Respekt, mit dem man Zeppelin plötzlich wieder gegenüber trat, machte ihm deutlich, dass der Orden doch noch einen gewissen Nutzen haben könnte. So ging er mit umso größerer Energie an seine Herkulesaufgabe. »Wir werden den Stier bei den Hörnern packen! Ich denke, es ist deshalb das Beste, wenn ich wieder einen Vortrag vor dem »Verein Deutscher Ingenieure« halte, wo ich mich an Ort und Stelle mit den ganzen Skeptikern auseinandersetzen kann und ihnen ehrlich zeigen werde, wo die Schwachpunkte an meinem Luftschiff waren und welche Verbesserungen wir längst dafür ersonnen haben.«
»Das ist eine gute Idee, Ferdi. Rede mit ihnen von Angesicht zu Angesicht, dann wird sich am Ende schon zeigen, wessen Argumente die stichhaltigeren sind«, zeigte sich auch Isabella vom Vorhaben ihres Mannes überzeugt. »Und wer das sein wird, das ist ja ohnehin schon klar«, setzte sie schmunzelnd noch hinzu.
Umgehend nahm Ferdinand also Kontakt mit dem VDI in Stuttgart auf, dessen verantwortliche Herren sich ohne große Umschweife bereit fanden, ihrem nicht unumstrittenen Mitglied dieses Forum zu ermöglichen. Das Referat, das er schon wenige Wochen später vor einer respektablen Anzahl von Mitgliedern des VDI halten konnte, ließ an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig. Den Stier gleich von Anfang an engagiert bei den Hörnern zu packen, das war sein Ziel gewesen und genau so war sein Vortrag auch aufgebaut. Er beschönigte nichts – weder die Schwierigkeiten mit verschiedenen Materialien bei den ersten Fahrten seines Luftschiffs, und erst recht nicht die fehlerhaften Kostenrechnungen, die seit Monaten in den verschiedensten Zeitungen aufgestellt wurden – sogar in Fachblättern. Lächerlich hohe Phantasiesummen, mit denen nun endlich einmal Schluss sein musste. Kaum zu glauben, dass selbst gestandene Ingenieure diese Zahlen geglaubt hatten! Nun gut: heute lernten sie aus seinem Mund die wahren Zahlen kennen!
In der Tat staunten die versammelten Experten nicht schlecht, als sie erfuhren, wie unseriös viele Berechnungen aufgestellt worden waren: beispielsweise, dass man als Baukosten für das Luftschiff einfach die Beträge mit eingerechnet hatte, die für den Bau der Werft entstanden waren. Gerade so, als wäre es nicht möglich, dort noch weitere Luftschiffe zu bauen. »Das ist genauso unredlich, wie wenn man bei der Kostenberechnung für ein Torpedoboot die Werft und den Hafen gleich mit einrechnen würde!« Das verblüffte Erstaunen auf den Mienen seiner Zuhörer zeigte ihm, dass seine Argumente auf fruchtbaren Boden fielen.
Und weiter: »Das Starrluftschiff, sagt das Kriegsministerium, habe zwar langfristig Aussicht auf Erfolg, wenn erst einmal die Motoren stärker seien – so lange aber wolle man weiterhin die Ballone bevorzugen.« Er unterbrach sich kurz und ließ seinen Blick vielsagend über die Runde schweifen. »Was für ein Unsinn! In Frankreich zeigen sie uns jeden Tag, dass sie auf die Luftschiffe setzen – und deren weitere Entwicklung wird vom französischen Staat auch finanziell stark unterstützt. Was für eine gefährliche Leichtfertigkeit dagegen in Deutschland, wo man es sehenden Auges zulässt, dass der Feind einen bald schon uneinholbaren Vorsprung in der Luft
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