Ferdinand Graf Zeppelin
worden!«
Auch das Straßburger Münster, das sie um 12 Uhr 08 in einem Abstand von nur 200 Metern passierten, war an diesem ganz besonderen Tag zu Ehren des Luftschiffs und seines Konstrukteurs festlich geschmückt worden. Von seiner Spitze bis hinunter zur Plattform bewegten sich die Fahnen im leichten Sommerwind, auf der Plattform drängten sich die Menschen und winkten mit Taschentüchern, Schirmen, ja sogar mit Säbelklingen hinauf zur Besatzung der beiden Gondeln, die all diese Grüße nicht minder begeistert erwiderte. »Wenn das so weiter geht, dann habe ich heute Abend vor lauter Zurückwinken einen ordentlichen Muskelkater in den Oberarmen«, lachte Lau. »Das ist ja unfassbar, wie viele Menschen einfach da stehen und uns grüßen wollen!« Der Kapitän warf einen bewundernden Blick auf den Grafen, dessen Augen freudig strahlten und der mit einer Ausgelassenheit zurückwinkte und dabei unablässig seine weiße Mütze schwenkte, als sei er ein junger Spund von vielleicht 20 Jahren!
Sehr zur Freude der Menschenmasse, die es mit einem unbeschreiblichen Jubel kommentierte, ließ er eine Meldung abwerfen: »Aus der Höhe über Straßburg. Herrliche Fahrt. Richtung Mannheim. 4. August 1908. 12 Uhr 10 Minuten. Graf Zeppelin.«
Wenig später hatten sie Straßburg bereits hinter sich gelassen. Die Fahrt verlief weiter problemlos. »Der ideale Zeitpunkt, um Benzin aus den Fässern in den Tank umzupumpen. Beginnen wir mit dem vorderen Motor. Motor aus«, erteilte Zeppelin das nächste Kommando. Während dieses Manövers stieg das Schiff, dessen Hülle sich langsam aufheizte, weil sie nun nicht mehr vom Fahrtwind gekühlt wurde, auf 820 Meter Höhe, obwohl die Überdruckventile das sich ausdehnende Gas beständig abblasen ließen. Es half also nichts anderes, als nach Beendigung der Umpumpaktion zusätzlich auch noch von Hand die Gaszüge zu betätigen und damit eine deutlich größere Menge des kostbaren Wasserstoffs abzulassen, als das den Luftschiffern eigentlich lieb war. Aber es war die einzige Möglichkeit, um ihr Schiff wieder auf die gewünschte Höhe herunter zu bringen. Auch diese Aktion wurde erfolgreich abgeschlossen – ohne das geringste Vorkommnis. »Das muss uns genauso zur Routine werden, wie die normale Geradeausfahrt. So sehr es mich auch um den teuren Wasserstoff dauert …« Trotz der überragenden Bedeutung dieser Fahrt präsentierte sich der Graf seiner Mannschaft weiterhin bewundernswert ruhig und gelassen – ohne die geringsten Anzeichen von Anspannung. Ganz im Gegenteil sogar. »Da, schauen Sie einmal, Hacker. Das da unten ist Lauterburg«, machte er den Kapitän auf das kleine Städtchen aufmerksam, das gerade in ihr Blickfeld kam. »Und dieses Tor da, das wir jetzt unter uns sehen, durch das bin ich im Jahr 1870 unmittelbar bei Kriegsbeginn als junger württembergischer Rittmeister hindurch geprescht und habe mit meinen Männern dann den Telegraphen im Ort und die ganzen Leitungen zerstört. Das war vor nahezu exakt 40 Jahren.«
Keine Zeit für Sentimentalitäten. Auf der Backbordseite ließen sie nun Wörth liegen, auf der rechten Seite die badische Residenzstadt Karlsruhe. Weiter in Richtung Norden. Die Sonneneinstrahlung hatte durch den seit Mittag aufsteigenden Wasserdunst mittlerweile etwas nachgelassen, wodurch sich die Auftriebskraft des Luftschiffs deutlich verminderte. Dadurch waren sie ganz allmählich tiefer gesunken und kamen den Sträuchern der Rheinböschung gefährlich nahe. »Wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, die Rheinbrücke bei Germersheim zu streifen, dann müssen wir Ballast abgeben. Wir sollten uns beeilen!« Dieser knappe, im Grunde genommen unnötige Zusatz war der einzige Hinweis, dass der Blutdruck des Grafen nun doch erstmals in die Höhe geschnellt war. Aber auch ohne dieses Kommando wussten die erfahrenen Männer in den beiden Gondeln sowieso längst, was nun zu tun war. »60 Kilogramm müssten genügen. Jetzt!« Auf diesen Befehl zogen sie rasch an den schweren Segeltuchsäcken mit dem darin aufbewahrten Wasserballast. Offenbar war der Zug etwas zu stark ausgefallen, denn die doppelte Menge des Wassers ergoss sich aus den Säcken. Dies wiederum hatte zur Folge, dass das nunmehr zu leicht gewordene Schiff rasch auf 500 Meter Höhe hochstieg. Der Graf zuckte mit keiner Wimper – im Gegenteil. »Zeit zum Umpumpen des Benzins für den zweiten Motor. Die Benzinfässer bereit machen. Den Motor stoppen«, gab er eine neue Anweisung. Und wieder derselbe Effekt,
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