Ferdinand Graf Zeppelin
billigen Feierlichkeiten eigentlich sehr kritisch gegenüber stehst, aber da musst du nun ausnahmsweise einmal über deinen Schatten springen, mein lieber Schwager«, hatte ihm Heinrich grinsend bedeutet, als Ferdinand schmerzlich das Gesicht verzog, nachdem er ihn darüber in Kenntnis gesetzt hatte, wie üppig die Hochzeitsfeier ausfallen sollte. »Und außerdem ist es ja ein Geschenk meiner Familie an Euch als Brautpaar, es belastet also deinen eigenen Etat nicht im Geringsten, du geiziger Schwabe!«
»Als wenn es mir nur darum ginge«, grummelte der ob dieser Worte leicht verstimmte Bräutigam. »Ich bin eben anders erzogen, als ihr. Im Schwäbischen wird sparsam gehaushaltet und es liegt einfach auch nicht in unserer Natur, das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinauszuwerfen. Alle übertriebene Prahlerei ist unsereinem ein Dorn im Auge. Aber nun gut: wenn du unbedingt meinst, die Feier so gestalten zu müssen, dann tu es. Du bist schließlich der Organisator. Ich möchte dir da auch gar nicht mehr hinein reden. Ich möchte halt nur, dass du auch meine Haltung zu diesen Dingen respektierst. Du musst sie deswegen ja nicht teilen.«
Dankbar drückte Isabella die Hand ihres künftigen Ehemanns. Nur allzu sehr war sie sich darüber im Klaren, welche Überwindung ihren Ferdi dieses Zugeständnis tatsächlich gekostet hatte. Grundsätzlich bei jedem seiner Besuche auf dem Wolffschen Familiengut in Livland hatte sich Ferdinand höchst befremdet über die Umgangsformen geäußert, die dort im täglichen Umgang mit den Bauern und Hausbediensteten an der Tagesordnung waren. Während Isabella, die in diesem Klima aufgewachsen war, natürlich nichts Schlechtes daran finden konnte, wenn ihr einer der Angestellten die Hand küsste oder vor ihr auf die Knie sank, zeigte sich ihr Ferdi über diesen von den Wolffs ganz bewusst gepflegten Standesdünkel tief betroffen, beinahe schon schockiert. »Das ist keinesfalls dieselbe Art von Umgang, die wir zuhause am Bodensee mit unseren Angestellten pflegen. Und es ist auch nicht die Art, die ich pflegen möchte – das muss ich dir einfach in aller Offenheit gestehen. Die Leibeigenschaft ist schließlich schon vor einigen Jahrzehnten abgeschafft worden – Gott sei Dank übrigens! Ich habe von frühester Kindheit an gelernt, allen Menschen respektvoll gegenüberzutreten, ob Bauer oder Edelmann – was freilich nicht bedeutet, dass ich vergesse, welcher Klasse ich angehöre. Ich sehe unseren Stand jedoch nicht nur als Gnade, sondern auch als Verpflichtung, sich den anderen Menschen gegenüber anständig und gerecht zu verhalten. Eine Autorität hat man oder man hat sie nicht. Dazu braucht es dieses Von-oben-Herab-Getue aber wahrlich nicht.«
Nach dem ersten kurzen Erstaunen über diese deutlichen Worte ihres Verlobten hatte Isabella nachdenklich genickt. »Ich denke, du hast recht Ferdi. Das braucht es wirklich nicht. Es ist ja auch eine Eigenart, die nur hier in Preußen von den Rittergutsbesitzern gepflegt wird. Aber wir beiden«, jetzt schenkte sie ihm ihr strahlendstes Lächeln, »wir werden auf Schloss Girsberg andere Wege gehen. Dazu bin ich gerne bereit. Hauptsache ist, dass ich dich, mein geliebter Männi, an meiner Seite weiß. Alles andere ist zweitrangig!«
Und so machte nun eben auch ihr Ferdinand gute Miene zum letztlich doch gar nicht so bösen Spiel. Die beiden konnten ihr wahrhaft prunkvolles Hochzeitsfest, das Heinrich mit großer Umsicht organisiert hatte, tatsächlich in vollen Zügen genießen – genauso wie das bei der riesigen Zahl an Festgästen der Fall war, die allesamt ausgelassen und fröhlich bis in die frühen Morgenstunden feierten. Anschließend hieß es für Ferdinand und Isabella, von Berlin Abschied zu nehmen. Die Flitterwochen, wie künftig auch die Sommermonate, gedachten sie auf Schloss Girsberg zu verbringen, das Ferdinand im kommenden Jahr in seinen alleinigen Besitz erhielt, während Bruder Ebi das Dominikanerkloster in Konstanz als vorgezogenes Familienerbe zugesprochen bekam.
Der Empfang, den die Bediensteten von Girsberg und die Bürger von Emmishofen dem neuvermählten Paar bereiteten, fiel so überaus herzlich aus, dass es Isabella gleich von Anfang an gar nicht schwer fiel, sich sofort auf dem Landgut der Familie Zeppelin wohl zu fühlen, das nun auch zu ihrer neuen Heimat geworden war. Als ihr Bruder Heinrich sie dann auch noch mit zwei riesigen, eisernen Schwänen als Einzugsgeschenk überraschte, die dem vertrauten Schwanenbrunnen
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