Ferdinand Graf Zeppelin
von Schloss Alt-Livland nachgestaltet waren, da war ihr junges Glück auf Girsberg vollkommen.
In der idyllischen Kulisse nahe der Schweizer Berge konnte das frisch vermählte Ehepaar nun in aller Ruhe erst einmal abwarten, welche weiteren Pläne das Militärkommando für Ferdinand wohl entwerfen würde. Seine, seit der erfolgreichen Arbeit mit dem nun gar nicht mehr so widerborstigen württembergischen Thronfolger, unbestreitbaren Verdienste um das Königshaus würden dabei sicherlich eine gewichtige Berücksichtigung finden. Und so gingen die beiden in den folgenden Wochen voll zuversichtlicher Gelassenheit schließlich auch daran, mit tatkräftiger Unterstützung von Bellas Mutter die neue Wohnung in der Stuttgarter Königsstraße einzurichten, die sie bewohnen wollten, während Ferdinand seinen Dienst entweder im Kriegsministerium oder beim Generalstab verrichten würde.
Inzwischen waren am Horizont über Europa jedoch dunkle Wolken aufgezogen: spätestens bei Jahresbeginn 1870 war ihnen klar geworden, dass es sich nur noch um eine Frage der Zeit handeln konnte, wann zwischen Deutschland und Frankreich der Krieg ausbrechen würde. »Und dann, Ferdi, wirst du unter Lebensgefahr in den Krieg ziehen müssen und ich werde alleine in Stuttgart zurückbleiben und vor Sorge um dich zergehen! Nicht auszudenken, wenn meinem geliebten Männi etwas zustoßen würde!«
»Mach dir keine Sorgen, Bella. Ich kann schon gut auf mich aufpassen. Und außerdem: so weit ist es noch lange nicht. Wenn die Franzosen schlau sind, werden sie sich nicht auf dieses Spiel einlassen, das Bismarck doch so offensichtlich mit seinen Beistandsbündnissen überall in Europa gerade bezweckt«, versuchte Ferdinand, seine Ehefrau in einem bewusst gelassenen Tonfall zu beruhigen. »Und außerdem mache ich mir um deine Gesundheit wesentlich größere Gedanken, als um die Franzosen«, fügte er mit einem sorgenvollen Blick auf seine zarte junge Frau noch hinzu. In den vergangenen Tagen hatte sie immer wieder über Schwindelgefühle und Mattigkeit geklagt – woraus die zaghafte Hoffnung erwachsen war, sie würde womöglich ein Kind unter dem Herzen tragen. Doch der Arzt hatte ihre Vorfreude auf das bevor stehende Mutterglück rasch gedämpft und vielmehr von einer allgemeinen Schwäche gesprochen, deren Ursache womöglich im Stuttgarter Stadtklima zu finden sei, dessen stickige Schwüle ja in den Sommermonaten vielen Menschen zu schaffen mache. Seitdem kümmerte sich ihr Mann in geradezu rührender Art und Weise um ihr Wohlbefinden, in dem er sie nahezu täglich mit neuen Erkenntnissen über kräftigende Heilmittel aus dem Bereich der Homöopathie bekannt machte, die er während seiner normalen Dienstzeit durch intensive Lektüre verschiedener Werke zur Heilkunde in der großen Bibliothek des Ministeriums gewonnen hatte. Natürlich entgingen ihm die spöttischen Mienen nicht, mit denen die Offizierskameraden sein plötzliches Interesse für die Medizin kommentierten. Für besondere Verständnislosigkeit sorgte dabei die Tatsache, dass es sich bei den Abhandlungen zu allem Überfluss auch noch um alternative, in den Augen der anderen also völlig nutzlose, Heilmethoden handelte. Doch diese Ignoranz ließ den Hauptmann Zeppelin völlig kalt: schließlich wusste er sich bei seiner Hinwendung zur Homöopathie durchaus in Übereinstimmung mit den höchsten Kreisen am württembergischen Hof. Und vor allen Dingen: es ging um seine geliebte Bella und um die Förderung ihrer fragilen Gesundheit. Um sonst nichts.
»Und wenn doch?« ließ sich die besorgte Bella jedoch nicht so ohne weiteres von ihrem eigentlichen Thema abbringen.
»Wie, wenn doch?«
»Wenn die Franzosen den Preußen dennoch den Krieg erklären?«
»Dann bin ich als Offizier im General-Quartiermeisterstab einer der Ersten, die von einer solchen Entwicklung erfahren werden.«
»Versprichst du mir, es mir dann auch zu sagen – und mich nicht in einer trügerischen Sicherheit zu wiegen?«
»Ja, Bella. Das verspreche ich dir.«
Mitte Juli 1870 musste er sein Versprechen einlösen. Seit gut einer Woche hielten sie sich zusammen mit einem Großteil der Familie von Wolff wieder zur Sommerfrische in Girsberg auf. Am Morgen des 17. Juli hatten sie nach dem Sonntagsgottesdienst einen kleinen Spaziergang in der Nähe von Emmishofen gemacht, als Ferdinand plötzlich nach der Hand seiner Ehefrau griff und diese ganz fest drückte. »Bella, ich muss dir etwas sagen …«
Allein schon seine Tonlage
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