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Ferdinand Graf Zeppelin

Ferdinand Graf Zeppelin

Titel: Ferdinand Graf Zeppelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Haug
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dem 30 Jahre alten Hauptmann Ferdinand Graf Zeppelin im zeitigen Frühjahr des Jahres 1869 der Erzieher eines mittlerweile 21-jährigen jungen Mannes: des Kronprinzen Wilhelm von Württemberg.
    Das gute halbe Jahr, in dem sich die beiden Männer nun mehr oder minder freiwillig in Potsdam zusammengeführt sahen, stand zunächst unter einem alles andere als guten Stern. Das war ja voraus zu sehen gewesen. Aber dass sich der Prinz derart antriebslos einfach in sein Schneckenhaus zurückziehen würde, wenn ihm sein Erzieher auch nur die geringste Aufgabe stellte, das war selbst für Zeppelin eine Überraschung, die mehr und mehr in fassungsloses Staunen mündete. Noch nicht einmal, wenn er seinen Zögling mit harschen Worten herausforderte oder ihn lautstark zur Rede stellte, mochte der Prinz eine dementsprechende Trotzreaktion zeigen – so wie das doch ganz selbstverständlich gewesen wäre. Wieder und wieder beklagte er sein Schicksal, das ihn in diese missliche Situation gebracht habe, eine Ausbildung zu erhalten, um die er niemals gebeten habe. Dazu bekräftigte er zum wiederholten Mal seinen festen Willen, auf gar keinen Fall König werden zu wollen, so lange, bis seinem Erzieher (nicht zum erstenmal in dieser Woche) der sprichwörtliche Kragen platzte und er dem Prinzen wütend ins erschrockene Antlitz fauchte: »Ich hoffe, dass Sie dann auch im entscheidenden Moment den nötigen Mut finden werden, um offen und ehrlich zu bekennen: Ich will nicht König werden. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie den Mut und die Kraft dazu aufbringen werden. Denn eine solche Aussage wird mit enormen Widerwärtigkeiten verbunden sein, die ein Charakter, wie der Ihre, sich niemals auf seine bequemen Schultern laden mag! Führen Sie das württembergische Volk nicht länger am Nasenring mit sich herum. Sagen Sie es endlich offen und vor aller Welt, dass Sie nicht daran denken, König werden zu wollen – oder schweigen Sie! Ein für allemal!« Krachend hieb er seine Faust auf die Schreibtischplatte. »Verdammt noch einmal!«
    Minutenlang herrschte betroffenes Schweigen. Der schwer atmende Ferdinand hatte mit seinem heftigen Wutausbruch all das zur Explosion gebracht, was ihm schon seit Wochen auf der Seele lastete, mochten diese verbalen Ausfälle gegen ein Mitglied des Königshauses nun auch seine sofortige Entlassung bedeuten – egal! Aber auch der junge, lethargische Mann schien zum ersten Mal, seitdem er den Grafen Zeppelin an die Seite gestellt bekommen hatte, eine Botschaft seines Erziehers verstanden zu haben. Aschfahl stand er da, mit tief zu Boden gesenktem Kopf und hängenden Schultern. Das übliche, traurige Bild, wie man es nicht anders von ihm gewohnt war. Und doch schien die drastische Brandrede etwas in ihm ausgelöst zu haben. Langsam richtete er seinen Blick auf den immer noch wutroten Zeppelin und musterte ihn aus ernsten Augen. »Ich danke Ihnen sehr, Exzellenz. Ich glaube, ich habe begriffen, was Sie mir sagen wollten!« Er schluckte schwer, zögerte kurz, schien noch eine Anmerkung machen zu wollen, dann jedoch wandte er sich um und verließ den Raum, dessen Tür er sachte hinter sich ins Schloss zog.
    Seit diesem Tag hatte sich Entscheidendes verändert. Der Respekt, mit dem man sich nunmehr begegnete, war gegenseitig – und der junge Mann erwies sich mit einem Mal als wissbegierig, interessiert und absolut nicht dermaßen antriebslos, wie er sich aus reinem Trotz bislang gegeben hatte. Ja, es entstand sogar eine Art von Freundschaft zwischen den beiden im Grunde doch so ungleichen jungen Männern. Die Mission des Kronprinzenerziehers Hauptmann von Zeppelin war also nicht gescheitert. Ganz im Gegenteil sogar. Mit einiger Zufriedenheit durfte er für sich diese stolze Bilanz ziehen, als sich ihre Wege nach einem halben Jahr wieder trennten, da Ferdinand nunmehr zurück nach Stuttgart kommandiert worden war.
    Das hatte seinen Grund im ganz privaten Glück, das er endlich hatte finden dürfen. Am 7. August 1869 konnte er seine geliebte Isabella in Berlin endlich vor den Traualtar führen. Bellas Bruder Heinrich hatte es sich nicht nehmen lassen, die Hochzeitsfeier zu organisieren – und er hatte es an nichts mangeln lassen, so groß war die Freude, die in beiden Familien über die Verbindung der beiden vorherrschte. Ganz im Stil des in Livland üblichen, bombastischen Rahmens, den man bei solchen Ereignissen an den Tag zu legen pflegte. »Ich weiß ja, dass du solchen prunkvollen und in der Tat nicht ganz

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